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Enwor 2 - Die brennende Stadt

Enwor 2 - Die brennende Stadt

Titel: Enwor 2 - Die brennende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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plötzlich von Fieberschauern geschüttelt.
    »Hilf ... mir«, flehte sie.
    Skar stemmte sich hoch und sah Gowenna fragend an. »Was soll ich tun?«
    »Deine ... Hand«, stieß Gowenna hervor. »Bitte.«
    Skar streckte gehorsam die Hand aus. Gowenna griff nach seinen Fingern, drückte sie zusammen, fest, so fest, daß es schmerzte. Unwillkürlich wollte er die Hand zurückziehen, aber Gowenna war stärker, als er erwartet hatte.
    Irgend etwas geschah. Skar fühlte sich plötzlich gelähmt, starr, wie eine hilflose Fliege, die nicht einmal mehr die Kraft hat, im Netz der Spinne zu zappeln. Etwas Unsichtbares, Eisiges griff nach seiner Seele, tastete mit dünnen Kristallfingern bis in ihre tiefsten Abgründe, erforschte ihn. Dann hatte er das Gefühl, daß irgend et-
    was aus ihm herausfloß, ein unsichtbarer, lautloser Strom, der sich über Gowennas Hand in El-tras Körper ergoß, keine Kraft, sondern irgend etwas anderes, etwas, das er kannte und für das er doch keinen passenden Namen hatte.
    »Was… tust du?« flüsterte er. Die drei Worte zu formen, kostete ihn ungeheure Anstrengung. Mit einem Mal hatte er Angst, unbeschreibliche Angst, daß Gowenna ihm auch noch das letzte bißchen Energie stehlen würde, ihn als leere, ausgebrannte Hülle zurücklassen würde. Aber er war nicht in der Lage, seine Hand zurückzuziehen, den Strom, der von ihm auf den Sumpfmann überfloß, zu unterbrechen.
    »Keine Angst«, erwiderte Gowenna. »Dir geschieht nichts. Aber er stirbt, wenn er keine neue Matrix bekommt.«
    Skar dachte vergeblich über den Sinn von Gowennas Worten nach. Er wußte nicht, was sie meinte oder was sie tat, aber was immer es war, es half. Der Sumpfmann begann sich zu bewegen, nicht mehr von Krämpfen und Schmerzen geschüttelt jetzt, sondern in der Art eines Menschen, der nach tiefer Bewußtlosigkeit erwacht. Er stöhnte wieder, aber es war kein Laut der Todesangst mehr. Gowenna richtete sich mit einem erleichterten Seufzer auf und ließ Skars Hand los. Auf ihrer Stirn perlte Schweiß. El-tra bewegte sich weiter. Seine Hände, jetzt wieder normale, fünffingrige, menschliche Hände und nicht länger tödliche Drachenklauen, glitten haltsuchend über den Boden, stemmten den Körper in einer langsamen Bewegung hoch. Er setzte sich auf, hob die Hände und führte sie, zu Fäusten geballt, vor die Augen. Seine Kapuze verrutschte, und für die Dauer eines Lidzuckens konnte Skar sein Gesicht sehen.
    Es war sein Gesicht. Die dunklen, von einem Netzwerk winziger Fältchen umgebenen Augen, der schmallippige Mund, die gezackte Narbe, wie ein vielfach verästelter, erstarrter Blitz vom linken Augenwinkel bis hinunter zum Kinn und wieder hinauf zum Mund führend, die schmalen Brauen, die nie so ganz zum übrigen Schnitt seines Gesichtes hatten passen wollen — alles war da, ein getreues Abbild von ihm selbst.
    Aber nur für einen Moment. Dann verschwammen El-tras Züge, wurden wieder zu dem gewohnten, nicht faßbaren Etwas, einem grauen Nebel ständig wechselnder Eindrücke, in dem alles und nichts vorhanden war.
    »Was…«, murmelte Skar erschrocken. »Was ist. . .«
    »Nichts«, sagte Gowenna rasch. Etwas am Klang ihrer Stimme irritierte Skar. Er wandte den Kopf, begegnete ihrem Blick und dem unausgesprochenen, lautlosen Flehen darin und verstand.
    Er nickte, stand langsam auf und entfernte sich ein paar Schritte von El-tra. Gowenna wechselte ein paar Worte in einer guttural klingenden Sprache mit dem Sumpfmann, ehe sie sich ebenfalls erhob und Skar nachkam.
    »Frag jetzt nicht«, bat sie im Flüsterton. »Ich werde dir später alles erklären, aber du mußt mir jetzt einfach glauben, daß für dich keine Gefahr besteht. Ich hatte keine Wahl. Sie wären gestorben, als ihr Geistbruder aus der Einheit ausschied. Ich mußte ihnen eine neue Matrix geben.«
    »Ihnen?« Skar hatte Mühe, Gowennas Worte zu verstehen. Sein Blick fiel an ihr vorbei auf den zweiten Sumpfmann. Auch er hatte sich erhoben und stand reglos und grau wie immer neben seinem Kameraden. »Soll das heißen«, fragte er stockend, »daß ich jetzt zwei Doppelgänger habe?«
    Gowenna schüttelte rasch den Kopf. »Natürlich nicht«, sagte sie. »Aber sie können nicht leben, wenn ein Teil von ihnen vergeht und kein neues Muster zur Hand ist.«
    »Und da bist du ausgerechnet auf mich gekommen?« fragte Skar in einer Mischung aus Spott und langsam erwachender Wut.
    »Mich hätten sie nicht akzeptiert. Ich bin eine Frau. Und du warst von allen der

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