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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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miteinander gemein.
    Er merkte es nicht einmal, aber seine Hand machte sich plötzlich selbständig, glitt in einer unendlich behutsamen Bewegung über die Decke und suchte ihre Hand. Und als hätte Gowenna — die
schlafende
Gowenna — nur darauf gewartet, schlossen sich ihre Finger um seine, preßte sich ihre Haut gegen die seine, die eine so heiß und trocken und rissig und vom Fieber ausgedörrt wie die andere, und für einen kurzen, ganz kurzen Moment spürte er Lust —nicht Lust auf irgendeine Frau, nicht das Verlangen nach reinem Sex, der ihm nicht mehr bedeutete als ein natürliches Bedürfnis seines Körpers und den er beherrschen und nach Belieben unterdrücken konnte wie Hunger oder Durst, sondern ein heißes, drängendes Verlangen nach ihr, eine morbide Lust, sie an sich zu reißen, sie in die Arme zu schließen und die Lippen auf ihr verbranntes Gesicht zu pressen, sie zu streicheln ...
    Skar riß seine Hand so abrupt zurück, daß Gowenna beinahe erwachte und sich stöhnend hemmwarf. Er schloß die Augen, ballte die Fäuste und versuchte seine Gedanken dorthin zurückzujagen, wo sie hergekommen waren.
    Für einen Moment dachte er an gar nichts, schuf bewußt eine schwarze, endlose Leere in seinem Geist und öffnete nur zaghaft wieder die Augen.
    Er stand auf, legte sich seinen Mantel um die Schultern und nahm nach kurzem Zögern auch die Decke auf, um sie wie einen zweiten Umhang über den ersten zu werfen. Es waren noch Stunden bis zum Sonnenaufgang, und wenn auch der Wind sie in der halboffenen Ruine, in der sie Zuflucht gesucht hatten, nicht erreichen konnte, so kroch doch die Kälte wie ein glitzerndes eisiges Tier durch die Wände und den Boden und nagte beharrlich an seinen Kräften. Er bückte sich noch einmal, hob seine Waffe auf und schob sie lautlos in den Gürtel. Das Gewicht des
Tschekal
an seiner Seite gab ihm ein Gefühl der Sicherheit, obwohl er wußte, daß die Gefahren, die hier auf sie lauern mochten, sicher nicht mit herkömmlichen Waffen zu bekämpfen waren.
    Das schwarze Glas Tuans knirschte unter seinen Stiefeln, als er zu El-tra hinüberging. Sie waren trotz ihrer Erschöpfung bis weit in die Nacht hinein geritten und hatten an die fünfzig Meilen zwischen sich und Combat gebracht, und die Landschaft begann sich hier langsam, aber doch spürbar zu verändern. Der Boden war nicht mehr ganz so glatt und hart, und an manchen Stellen war das Glas wie unter einer Folge ungeheurer Hammerschläge geborsten und zu einer zersplitterten, krumigen Masse zersprungen, und der Wind trug nicht nur Schnee und Kälte, sondern auch Schleier schwarzen, staubfeinen Glases mit sich. Skar senkte den Blick, drehte den Kopf, um dem Bombardement winziger schneidender Partikel zu entgehen, und arbeitete sich gebückt zu El-tra durch. Der Sumpfmann hockte reglos auf einem Mauerstück, als gäbe es weder den Wind noch die schneidende Kälte. Hätte er nicht bei Skars Näherkommen den Kopf gedreht und genickt, hätte man ihn für eine leblose Statue halten können; ein Teil dieses Landes, trotz seiner Menschenähnlichkeit so bizarr und fremdartig wie die Welt, in die sie eingedrungen waren.
    Er deutete auf die Mauer neben sich und machte eine einladende Handbewegung, aber Skar blieb stehen. Er versuchte mehr von ihrer Umgebung zu erkennen. Am Abend, als sie aus den Sätteln gestiegen und hinter der zerfallenen Mauer Zuflucht gesucht hatten, war er zu müde gewesen, um mehr als Schatten wahrzunehmen, aber die wenigen Stunden Schlaf hatten ihn — trotz der Alpträume und des Fiebers — in überraschendem Maße gestärkt. Es war nicht wirklich dunkel: Combats Feuer leuchtete selbst hier noch hell genug, um die Landschaft in flackerndes rotes Dämmerlicht zu tauchen. Trotzdem schien alles, was weiter als zehn, fünfzehn Fuß entfernt war, hinter einen unsichtbaren kochenden Schleier verborgen zu sein, den sein Blick wohl durchdringen konnte, der es aber trotzdem unmöglich machte, irgendwelche Einzelheiten zu erkennen. Er sah Schatten und Konturen und seltsame, fremdartige Dinge, ohne wirklich sagen zu können, was er sah.
    »Warum schläfst du nicht?« fragte El-tra nach einer Weile. »Es ist noch Zeit. Du wirst deine Kraft brauchen.«
    Skar schüttelte unwillig den Kopf. »Ich kann nicht«, antwortete er. »Aber du solltest dich hinlegen. Es reicht, wenn einer von uns wacht.« Er hätte gerne hinzugefügt, daß es im Grunde nicht einmal nötig war, Wachen aufzustellen, aber er tat es nicht. Wenn El-tra
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