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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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stetig. Als bewegten sie sich nicht nur räumlich, sondern auch in der Zeit zurück, war die Zerstörung, die sich ihren Blicken bot, weiter im Süden nicht mehr ganz so total. Sie ritten noch immer über Glas, das bei jedem Schritt die empfindlichen Fesseln der Pferde wie ein Hammerschlag treffen mußte, aber die Ruinen, zuerst nur einzeln und weit verstreut, nahmen nach und nach an Zahl und Größe zu, und hier und da gewahrten sie flache, geborstene Krater, auf deren Grund Sand und zusammengebackenes Erdreich, manchmal auch geschwärzte, verbogene Trümmer aus Stahl oder Bronze, lagen. Die Gewalt des Höllenfeuers, mit dem die Götter Combat geschlagen hatten, war hier nicht ganz so groß gewesen; der Ring der Vernichtung wurde dünner, je weiter sie nach Süden kamen.
    Aber Skar war sich nicht sicher, ob er sich darüber freuen sollte. Sie lagerten weiter im Schutz der Ruinen, aber die niedergebrannten, geschmolzenen Räume waren jetzt nicht mehr leer — nicht immer zumindest —, sondern manchmal voll von schwarzen, geschmolzenen Dingen, deren ursprüngliche Form und Funktion sie nicht erraten konnten.
    Combats Feuer schrumpfte jetzt mehr und mehr hinter ihnen zusammen, und manchmal, wenn der Schneesturm besonders heftig tobte, erlosch es ganz. Oder jedenfalls fast ganz.
    Da war dieser Lichtpunkt. Ein winziger, flackernder Funke, wie ein Stern, der vom Himmel heruntergekommen war und sich auf ihre Spur gesetzt hatte. Weder El-tra noch sein Bruder oder Gowenna schienen ihn zu bemerken, und Skar erwähnte seine Beobachtung auch kaum. Aber er war trotzdem sicher, sich nicht zu täuschen. Er hatte es am ersten Tag, seit sie aus der brennenden Stadt geflohen waren, bemerkt, und er sah — spürte — es jetzt wieder. Irgend etwas folgte ihnen. Combat würde den Diebstahl seines Schatzes nicht ungesühnt lassen. Der Wächter hatte sich auf ihre Fährte gesetzt, und so wie Velas Staubdrachen eine Spur nie wieder losließ, bis er sein Opfer geschlagen hatte, würde auch er nicht von ihrer Fährte weichen, bis der Stein entweder wieder dort war, wo er seit Äonen geruht hatte oder die Diebe ihre Strafe erfahren hatten.
    Gegen Abend des sechsten Tages tauchte ein Schatten vor ihnen am Horizont auf, ein dünner, flackernder grauer Strich, gezogen mit mathematischer Präzision und, obwohl noch unendlich weit entfernt und nicht deutlicher als ein Haar, das von Zeit zu Zeit hinter den wogenden Schneewirbeln auftauchte, gewaltig, groß. Sie wußten alle, was sie vor sich hatten, aber niemand sprach das Wort laut aus; es war die zweite Legende, auf die sie stießen und die sich als wahr herausstellte, und in jedem — auch in den Sumpfmänner — mochte die Angst sitzen, daß sich auch diesmal die Wirklichkeit als schlimmer und bedrohlicher als der Mythos herausstellte. Die Legende hatte gesagt, daß Combat existierte und von den Göttern verdammt worden war — und Combat hatte existiert und war überdies voller tödlicher Gefahren gewesen, beladen mit einem Fluch, der vier Männern das Leben gekostet hatte und auch noch auf ihnen lastete, sie vielleicht noch treffen würde. Die Legende sagte, daß es die Hellgor gab, eine Schlucht, die bis ins Herz der Erde hinabführte, einen Schacht zur Hölle, unüberwindlich und böse. Was, dachte Skar, wenn auch hier die Realität die Legende übertraf, wenn die Hellgor nicht einfach ein Riß in der Erde, sondern ein Hort der Dämonen, vielleicht der Kräfte, die Tuan dies alles angetan hatten, war?
    Er versuchte den Gedanken zu verscheuchen, aber es ging nicht. Der Gedanke war einmal erwacht und hatte sich wie eine schleichende Krankheit in seinem Inneren eingenistet, und selbst wenn es ihm gelang, ihn irgendwo tief in sich zu vergraben, so würde er doch bei der ersten sich bietenden Gelegenheit wieder hervorbrechen. Die Seele Tuans war Angst. Und sie hatten gerade erst einen sanften Hauch davon verspürt. Den ganzen Abend und noch bis weit nach Sonnenuntergang ritten sie weiter nach Süden, plötzlich erfüllt von Furcht, aber auch von einem Fieber, das sie weitertrieb, selbst als der schwache Schimmer von Tageslicht, der durch die Sturmwolken Tuans brach, längst erloschen war und ihnen nur noch das schwache Glimmen Combats den Weg erhellte. So trotzten sie dem Tag noch ein paar Stunden ab, um so rasch wie möglich an jener Kluft zu sein, an der sich ihr Schicksal entscheiden würde.
    Erst kurz vor Mitternacht hielten sie an, um — vielleicht zum letzten Mal — im Schutz

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