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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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üblich ist, die Unwahrheit zu sagen«, sagte El-tra. »Doch nun kommt. Mein Bruder hat die Pferde gesattelt und Fackeln zusammengesucht. Je schneller wir aufbrechen, desto rascher sind wir auf der anderen Seite.«
    Skar grinste. »Eine fundamentale Weisheit.« Er ging zum Tisch zurück, leerte seinen Becher und stopfte den Rest an Datteln, der noch in der Schale lag, in seinen Beutel. Gowenna hatte die Zeit genutzt, ihre Rüstung wieder anzulegen und den Umhang überzustreifen, so daß sie bereits nach wenigen Augenblicken den Turm verlassen und zu den wartenden Pferden hinübergehen konnten. Die Sonne war vollends untergegangen, und über der schimmernden grünen See Tuans lag die Schwärze der Nacht. Der Wind kam Skar jetzt, nachdem er zum ersten Mal seit Tagen wieder wirklich aufgewärmt war, doppelt eisig vor, und sein Gesicht begann augenblicklich zu prickeln, als er in die heulenden Böen hinaustrat. Pedantisch zog er die Tür hinter sich zu, blieb einen Moment stehen und sah nach Norden. Combat war nicht mehr als ein düsteres, blasses Flackern am Horizont, aber es erschien ihm jetzt fast drohender als zuvor.
    Skar verscheuchte den Gedanken mit einem ärgerlichen Achselzucken, ging zu den Pferden hinüber und schwang sich in den Sattel. Das Leder war so kalt, daß es an seiner Haut zu kleben schien, und selbst die Fackeln, die die beiden El-tra trugen, schienen Kälte statt Wärme zu verstrahlen. Ihr Licht flackerte und bog sich unter den Hieben des Windes; dünne, durchbrochene Feuerstrahlen, die nach Süden fingerten, als wollten sie ihnen den Weg weisen.
    Gowenna drängte ihr Tier dicht neben das seine, schlug demonstrativ die Kapuze ihres Umhangs hoch und beugte sich nach vorne. Sie ritten los.
    Skars Unbehagen wuchs, während sie sich der Schlucht näherten. Die Nacht war so dunkel, daß der Abgrund unsichtbar blieb und selbst die Brücke nicht mehr als ein gewaltiger schwarzer Schatten war, aber was Skar nicht sah, spürte er dafür um so deutlicher: den eisigen, kalten Hauch, der aus den Tiefen der Erde emporstieg und sie streifte, ohne sich um das Heulen des Sturmes zu scheren; den Sog der Tiefe, als würden unsichtbare Geisterhände zu ihnen emporgreifen, um sie herabzuziehen.
    Der Klang der Pferdehufe änderte sich, als sie auf die Brücke hinaufritten. Es war nicht mehr das helle Schlagen von Metall auf Glas, das sie während der letzten Woche begleitet hatte, sondern ein dumpfes, hallendes Dröhnen, das meilenweit zu hören sein mußte, das Schmiedeeisen der Hufe auf dem gehämmerten Stahl der Brücke. Skar beugte sich neugierig im Sattel herab, konnte aber nicht mehr als eine dunkle, geriffelte Fläche erkennen. Die Brücke bebte unter ihrem Gewicht, während sie die sanft ansteigende Rampe hinaufritten und sich den gewaltigen gebogenen Stützpfeilern näherten. Die Pferde wurden unruhig, und Skar mußte die Zügel fester ergreifen, um sein Tier zum Weitergehen zu bewegen. Ihr Instinkt verbot ihnen, auf unsicheren Grund zu treten, und wenn die Brücke auch massiv aussah — und es sein mußte, um dem beharrlichen Zerren und Rütteln des Windes zu widerstehen —, so schwang sie doch wie ein gewaltiges lebendes Wesen unter ihnen; eine Bewegung, die zu langsam und majestätisch war, um sie sehen, aber auch zu deutlich, um sie nicht spüren zu können.
    Sie konnten mehr Einzelheiten erkennen, als sie sich den Pfeilern näherten. Der Lichtschein der Fackeln eilte ihnen voraus und riß rote, verschwommene Details aus der Dunkelheit, flackernde Schemen, die wie huschende Schattentiere über den Pfeiler und den schwarzen Boden eilten und ein stummes Spalier bildeten.
    Vor dem Brückenpfeiler stand eine Skulptur. Skar schätzte ihre Größe auf mehr als zehn Fuß — ein gewaltiges, grob menschenähnliches Ding in einer braunschwarzen Rüstung, ähnlich der Statue, die El-tra und er vor Tagen gefunden hatten, nur größer, massiger, wilder. Sie ritten langsamer, während sie den stummen Wächter passierten, und Skar spürte, wie Gowenna ihr Pferd unwillkürlich enger an seines heranlenkte, als suche sie in seiner Nähe Schutz. Auch sie schien die stumme Drohung zu spüren, die der steinerne Koloß ausstrahlte. Er war wohl aufgestellt worden, um den Weg gegen Dämonen und böse Geister zu schützen, aber er verfehlte seine Wirkung auch auf die Lebenden nicht. Aus seinen Knie- und Ellbogengelenken, aus Schultern und Unterarmen, selbst aus der Stirn- und Hinterkopfpartie des gewaltigen geschlossenen

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