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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Helmes wuchsen fingerlange, messerscharf gekrümmte Stacheln wie natürliche Äxte und Messer, und selbst die sechsfingrigen Hände endeten in tödlichen stählernen Dolchen. Hinter dem fingerbreiten, bis weit in die Schläfen reichenden Sehschlitz des Visiers schien ein dunkelrotes Feuer zu glimmen; Widerschein ihrer eigenen Fackeln, aber trotzdem bedrohlich. Gowenna stieß plötzlich einen halblauten Schrei aus und fuhr im Sattel zusammen.
    »Was ist los?« fragte Skar erschrocken.
    Sie schwieg einen Moment, deutete nach rechts, dorthin, wo verborgen in der Nacht der jenseitige Stützpfeiler und wahr-
    scheinlich ein zweiter, gleichartiger Wächter stehen mußten, und fuhr sich mit einer kleinen nervösen Geste über die Stirn.
    »Nichts«, sagte sie hastig. »Es ist...« Sie bracht ab, sah verwirrt zu Boden und fuhr dann in betont heiterem Tonfall fort: »Für einen Moment dachte ich, die Statue hätte sich bewegt. Es muß das Licht gewesen sein.«
    »Sicher«, murmelte Skar. »Es war das Licht. Es sind Statuen, mehr nicht.«
    El-tra warf ihm einen seltsamen Blick zu. »Dieses Land ist auch so schon voller dunkler Geheimnisse«, sagte er. »Findet ihr es richtig, euch jetzt noch gegenseitig zu beunruhigen?«
    Skar setzte zu einer scharfen Antwort an, beließ es aber dann bei einem stummen Achselzucken und ritt schneller weiter. Der Stützpfeiler glitt über ihnen in die Höhe und verschwand im Dunkel der Nacht.
    Skars Fackel erlosch, getroffen von einer besonders heftigen Windbö. Er fluchte, beugte sich zu Gowenna hinüber und entzündete seine Fackel an der ihren. Die Flammen streiften für einen Moment sein Gesicht, aber die Kälte hatte sich wie ein unsichtbarer schützender Panzer über seine Haut gelegt, so daß er ihre Hitze kaum fühlte.
    »Weiter«, sagte El-tra ungeduldig. »Wir müssen hinüber. Sturm kommt auf.«
    Skar sah erschrocken zurück. Der Himmel war schwarz und voller brodelnder dunkler Wolken, aber weit im Norden erkannte er drohende dunkle Massen, gepeitscht von unsichtbaren Fäusten. Combat schickte ihnen seinen Fluch hinterher; brüllender Sturm, wo sie der Reichweite seines flammenden Atems entronnen waren. Trotz seiner Geschwindigkeit würde es noch lange dauern, bis der Orkan hier war. Aber ihre Lage würde mehr als nur unangenehm werden, wenn der Sturm sie hier auf der Brücke überraschte.
    Wortlos ritt er weiter. Sie bewegten sich hintereinander, dicht neben dem brusthohen, massigen Geländer, hinter dem die Schlucht lauerte. Skar sah immer wieder nervös nach links. Seine Augen gewöhnten sich allmählich an die Dunkelheit, und er konnte mehr Einzelheiten erkennen — soweit es Einzelheiten gab. Die Wände der Hellgor stürzten senkrecht in die Tiefe; eine meilenhohe Klippe, deren Fuß in einem Meer aus Schwärze verschwand. Der Nebel, den sie bei ihrer Annäherung gesehen hatten, war auch jetzt noch da, ungeachtet des Sturmes — ein schwarzes Weben auf noch schwärzerem Untergrund, das, wenn man nur lange genug hinsah, bizarre Formen und Gestalten bildete, Gesichter und Fratzen.
    Sie hatten etwa die Hälfte des Weges zurückgelegt und wurden langsamer. Der Boden war nicht mehr eben, sondern buckelig und aufgeworfen, und da und dort durchzogen Risse wie gezackte schwarze Blitze das Eisen. Der Wind fing sich heulend in dem unsichtbaren Pfeilern über ihren Köpfen. Rechts von ihnen gähnte ein Loch im Boden, ein runder, zehn Manneslängen durchmessender Krater, unter dem das Nichts lauerte, und die Zeichen der Zerstörung wurden deutlicher, je mehr sie sich dem gegenüberliegenden Rand der Schlucht näherten.
    Schließlich hielt El-tra an und deutete wortlos nach vorn. Die Brücke war hier eingestürzt, zerschmolzen wie Wachs und bis auf einen schmalen Sims vernichtet. Skar hatte plötzlich das Gefühl, als ob eine eisige, unsichtbare Hand über seinen Rücken strich —es war Angst. Der schmale, an den Rändern zerbissene Steg führte auf eine Länge von neunzig, hundert Fuß über das Nichts, ehe er sich drüben mit dem stehengebliebenen Rest der Brücke vereinigte, nicht viel mehr als fünf, allerhöchstens sechs Fuß breit. Nebel kroch aus der Tiefe empor, quoll zähflüssig wie sumpfiges Wasser über den Steg und bildete eine brodelnde Decke. Skar zwang sein Pferd mit sanftem Druck hinter El-tra auf den Steg hinaus und schloß die Augen. Die Zügel lagen lose in seinen Händen; er verließ sich ganz auf den Instinkt des Tieres, das — unruhig schnaubend und vorsichtig

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