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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hatten. Die Übermacht war zu groß. Selbst wenn sie gegen die zwei Dutzend Krieger eine Chance gehabt hätten — was sie nicht hatten —, würden sie Tantor nicht überwinden. Skar hatte schon mehr als eine Kostprobe von der Magie des Zwerges bekommen.
    »Jetzt fehlt nur noch Vela mit ihrem Drachen, und wir sind wieder komplett«, knurrte er. »Zurück! Aber langsam!«
    »Nun?« schrie Tantor. »Habt ihr euch entschieden? Was wollt ihr? Kämpfen und sterben, oder aufgeben und weiterleben?«
    Skar preßte seinem Pferd die Schenkel in die Flanken und zog behutsam am Zügel. Das Tier setzte sich gehorsam in Bewegung und begann mit kleinen, trippelnden Schritten rückwärts zu gehen. Gowenna und die beiden Sumpfleute verfuhren ebenso. Skar hoffte, daß Tantor das Manöver nicht bemerkte. Die Entfernung zwischen ihnen war noch immer groß, und Dunkelheit und Nebel ließen die Sicht schlecht werden.
    Die Phalanx der Krieger rückte näher, blieb aber sofort wieder stehen, als El-tra seine Armbrust hob und einen Bolzen abfeuerte. Das Geschoß fiel irgendwo auf halber Strecke zu Boden, aber die Männer verstanden die Warnung.
    »Sei vernünftig, Skar!« brüllte Tantor. »In wenigen Augenblik-ken bricht ein Unwetter los. Ihr werdet von der Brücke gefegt! Schau um!« Skar wollte antworten, besann sich dann aber anders und drehte sein Pferd herum, als hielte er wirklich nach dem Sturm Ausschau.
    Dann, ohne ein weiteres Wort, preschte er los. Gowenna und die beiden Sumpfbrüder rissen ihre Pferde im gleichen Moment herum und sprengten hinter ihm her.
    Aus den Reihen der Krieger erhob sich ein halb wütender, halb überraschter Aufschrei. Bogensehnen sirrten. Ein Schatten jagte an Skar vorbei und prallte mit hellem Splittern weit vor ihm gegen das Geländer.
    »Hört auf zu schießen!« dröhnte Tantor. »Wir brauchen sie lebend!« Ein zweiter Pfeil, abgeschossen, bevor der Befehl zu Ende gesprochen worden war, zischte an Skar vorüber und verschwand in der Nacht, dann zerriß das dumpfe Hämmern von hundert Pferdehufen das Heulen des Sturmes. Skar beugte sich tief über den Hals seines Tieres, preschte an Gowenna vorbei und jagte, ohne zu zögern, auf den schmalen Steg über das Nichts hinaus. Vor ihnen wirbelte der Sturm, eine kochende schwarze Wand, hinter der die Welt zu Lärm und reiner Bewegung reduziert wurde. Der Wind schlug mit eisigen Krallen nach seinem Gesicht. Skar duckte sich noch tiefer, verbarg das Gesicht in der fliegenden Mähne des Pferdes und hielt instinktiv den Atem an, bis sie auf der anderen Seite des Abgrunds angelangt waren. Die Brücke schien zu vibrieren, als Gowenna und die beiden El-tra hinter ihm über den Steg galoppierten.
    »Schneller!« schrie El-tra. Seine Worte klangen hoch und schrill, der Sturm verlieh ihnen einen zusätzlichen, unheilschwangeren Klang. Skar warf einen Blick über die Schulter zurück. Die Verfolger hatten am jenseitigen Rand der zerborstenen Stelle haltgemacht. Ihre Gestalten schienen hinter den wogenden Nebelschleiern zu tanzen, nur Tantors leuchtendroter Umhang schimmerte wie ein blutiges Juwel zu ihnen herüber. Keiner von ihnen machte Anstalten, sie zu verfolgen.
    »Skar!« Tantors Stimme war kaum noch zu hören, obwohl er mit aller Kraft schrie. »Komm zurück! Ihr habt keine Chance!« Skar verzichtete auf eine Antwort. Er ritt für einen Moment langsamer und gab seinem Tier erneut die Sporen, als Gowenna und El-tra aufgeholt hatten. Sie hatten eine halbe Stunde gebraucht, um die Kluft das erste Mal zu überqueren; jetzt, auf dem Weg in die entgegengesetzte Richtung und in einem verzweifelten Wettlauf mit dem herantobenden Sturm, brauchten sie nicht einmal fünf Minuten.
    Die Brücke bebte. Ein erster, machtvoller Hieb des Orkans ließ die gewaltige Eisenkonstruktion wie ein geschlagenes Tier vor Schmerz aufstöhnen, rüttelte mit Urgewalt an Pfeilern und Streben und schlug mit unsichtbaren Fäusten auf Skar und die anderen ein. Skar schrie erschrocken auf, aber der Sturm riß den Laut von seinen Lippen, so daß nicht einmal er selbst das Geräusch hörte.
    Gowenna schrie etwas, das er nicht verstand, und deutete mit hektischen Bewegungen nach vorn. Skar hob den Kopf, blinzelte in die wirbelnden Schwaden aus Schnee und Eiskristallen und versuchte etwas zu erkennen. Seine Augen tränten, und die plötzliche Anstrengung ließ ihn seine gebrochenen Rippen wieder schmerzhaft spüren. Aber er sah, worauf ihn Gowenna aufmerksam machen wollte:
    Vor der dunklen Mauer

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