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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einen Fuß vor den anderen setzend —seinen Weg besser finden würde als er. Es kam ihm vor, als bliebe die Zeit stehen. Sein Herz hämmerte, und als er nach einer Weile, die ihm wie Stunden vorkam, die andere Seite erreichte, war er in Schweiß gebadet. Es war nicht der erste Abgrund, den er überschritt, und manche Wege, die er schon geritten war, waren schmaler und gefährlicher gewesen. Und ein Weg von fünf Fuß Breite war normalerweise mehr, als ein Pferd brauchte, um sicher gehen zu können. Aber dies hier war nicht irgendein Abgrund, sondern die Hellgor, und dieses Land war nicht irgendein Land, sondern Tuan. Nichts war hier normal. Nicht einmal die Furcht. Gowenna war die letzte, die wieder festen Boden erreichte. Sie zitterte, und von den Flanken ihres Pferdes troff flockiger Schweiß. Ihr Gesicht war so bleich, daß Skar es trotz der schlechten Beleuchtung erkennen konnte.
    »Weiter«, sagte El-tra ungeduldig. »Wir haben das Schlimmste hinter uns.«
    Skar sah nach Norden. Der schwarze Wolkenkeil war näher gekommen, und in das Kreischen des Windes hatte sich ein neuer, drohender Ton gemischt.
    Sie ritten — jetzt nebeneinander — weiter und näherten sich rasch dem gegenüberliegenden Rand der Schlucht und der Brücke. Blaue Flammen krochen über den Horizont, und dazwischen glaubte Skar Bewegung und wirbelnde Schatten wahrzunehmen. Dann glomm ein winziger rötlicher Funke am Fuße der Brücke auf, verwandelte sich in einen funkensprühenden Strich und zischte zu ihnen herüber.
    Skar duckte sich instinktiv, als der Brandpfeil heranjagte. Das Geschoß flog weit über ihre Köpfe hinweg und verschwand in der Schlucht, aber noch in der gleichen Sekunde glommen ein zweiter, dritter und vierter Pfeil auf. Auch sie gingen weit fehl, aber sie waren wahrscheinlich auch gar nicht dazu gedacht, zu treffen. »Verdammt!« schrie Gowenna. »Was ist das?!«
    Sie brachte ihr Pferd mit einem so harten Ruck zum Stehen, daß das Tier gequält aufschrie und sie beinahe abwarf. Wieder jagte ein Pfeil heran, fiel klappernd vor ihnen auf das Eisen der Brücke und erlosch.
    »Eine Falle«, sagte El-tra ruhig. »Sie haben uns erwartet.«
    Ohne Grund brachte die Gelassenheit, mit der der Sumpf-
    mann die Worte aussprach, Skar in Wut. »Was heißt hier Falle?« brüllte er. »Ich denke, die Wachablösung ist erst in Tagen fällig?«
    »Das ist sie auch«, gab El-tra gelassen zurück. »Das dort vorn ist keine Patrouille.« Er wies mit einer Kopfbewegung auf die Schatten, die näher gekommen waren und allmählich menschliche Umrisse anzunehmen begannen. Zwanzig Krieger, schätzte Skar. Vielleicht mehr.
    »Aber wie —«
    »Ich weiß nicht, wieso sie es gewußt haben«, fiel ihm El-tra ins Wort. »Verion und Bren wußten nichts davon. Und auch die anderen nicht.«
    »Aber das ist unmöglich«, sagte Gowenna verzweifelt. »Wie hätten wir die Männer so leicht überwältigen können, wenn ...«
    Sie schwieg plötzlich, als ihr klar wurde, was El-tras Worte bedeuteten.
    »Sie haben sie geopfert«, sprach Skar den Gedanken laut aus. »Wie so viele zuvor. Glaubst du wirklich, Vela würde Rücksicht auf vier Menschenleben nehmen?« Seine Worte klangen holprig, und er redete eigentlich nur, um seine Unsicherheit zu überspielen. Es war viel zu schnell gegangen, als daß er die Situation wirklich schon hätte verarbeiten können.
    »Sie kommen«, sagte El-tra.
    Skar sah wieder nach Süden. Aus den Schatten waren mittlerweile Männer geworden — zwei Dutzend Krieger in den schwarzen Panzern, die sie schon kannten, angeführt von einer winzigen, gnomenhafen Gestalt in einem rote Cape. Sie kamen näher, blieben aber in respektvollem Abstand stehen, als die beiden Sumpfmänner ihre Armbrüste von den Rücken nahmen.
    »Skar!« dröhnte Tantors Stimme durch den Sturm zu ihnen herüber. »Gowenna! El-tra — seid vernünftig! Widerstand ist sinnlos!«
    Skar lachte rauh. »Vielleicht hat es Sinn, wenn wir dich noch mitnehmen können, Tantor!« rief er zurück. »Komm her und hol uns!«
    Gowenna berührte ihn am Arm. »Das ist sinnlos, Skar«, sagte sie. »Wir müssen zurück.«
    Skar sah nach oben. Der Sturm war näher gekommen, und er glaubte bereits, ein Auffrischen des Windes zu spüren.
    »Wir können es schaffen«, sagte Gowenna, die seinen Blick richtig deutete. »Wenn wir schnell reiten, sind wir auf der anderen Seite, ehe der Sturm hier ist.«
    Skar war nicht davon überzeugt. Aber er wußte auch, daß sie gar keine andere Wahl

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