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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sichtlich zusammen. Seine Hand, die die Fackel hielt, zitterte. Erneut — und wieder vergeblich — versuchte er, Skars Blick standzuhalten, sah schließlich zu Boden und sog hörbar die Luft zwischen den Zähnen ein.
    »So ist es nicht, Skar«, sagte er halblaut.
    »Nein? Dann sag mir, wie es ist? Hat sie dich verhext? Erzähl mit nicht, daß du den Verlockungen einer schönen Frau erlegen bist.« Del wollte antworten, aber Skar trat mit einem raschen Schritt an ihm vorbei, zog die Zellentür ins Schloß und baute sich mit verschränkten Armen davor auf.
    »Was soll das?« fragte Del.
    »Ich will mit dir reden«, antwortete Skar ruhig. »Allein.«
    »Gib die Tür frei!« Del versuchte an ihm vorbeizukommen, aber Skar versetzte ihm einen so heftigen Stoß vor die Schulter, daß er durch den winzigen Raum taumelte und gegen die Wand stieß.
    »Ich will dir nur ein paar Fragen stellen, mehr nicht«, fuhr er ruhig fort. »Und ich schwöre dir, daß ich dich windelweich dresche, wenn du versuchst, durch diese Tür zu gehen.«
    Del wollte auffahren, beließ es aber bei einem finsteren Blick.
    Er schien zu spüren, daß Skar seine Worte ernst meinte. Und er wußte, daß er keine Chance haben würde; nicht in diesem engen Raum und mit einer gebrochenen Hand.
    »Dann sprich«, knurrte er. »Aber mach es kurz. Vela erwartet uns.«
    »Vela erwartet uns«, äffte Skar seine Worte nach. »Vela will dies, Vela will das — ich glaube, sie braucht nur mit den Fingern zu schnippen, und du kommst angekrochen wie ein Hund.«
    »Was geht dich das an?« gab Del patzig zurück. Aber er brachte es immer noch nicht über sich, Skars Blick standzuhalten.
    »Vielleicht nichts«, murmelte Skar. »Du bist alt genug, um zu wissen, was du tust. Ich möchte nur wissen, warum — das ist alles. Was hat sie dir versprochen, daß du von einem Tag auf den anderen alles vergißt, was du jemals gesagt und gedacht hast.«
    Del schwieg einen Moment. »Vergessen«, murmelte er. »Was weißt du denn! Was weißt du, was ich denke oder gedacht habe! Was weißt du überhaupt von mir!«
    »Genug, Junge«, sagte Skar sanft. »Genug, um —«
    »Nenn mich nicht Junge!« brüllte Del in plötzlichem, jähem Zorn. »Ich bin verdammt alt genug, um zu wissen, was ich zu tun und zu lassen habe. Und hör auf«, fuhr er ruhiger, aber noch immer deutlich erregt fort, »an unserer Freundschaft zu appellieren !« Er spie das Wort aus, als wäre es etwas Obszönes. »Wir sind seit zehn Jahren zusammen, Skar, und in diesen zehn Jahren ist kein Tag vergangen, an dem du mir nicht ununterbrochen gesagt hast, was ich zu tun und zu lassen habe. Ich habe genug davon!« Skar lächelte. »Ist es das?« fragte er spöttisch. »Hat sie dir erzählt, daß du endlich erwachsen geworden bist?«
    »Unsinn«, widersprach Del. »Es ist nicht das. Aber es ist auch das. Du hast mich niemals verstanden, Skar. Du wolltest es nicht. Für dich ...« Er stockte, suchte sichtlich nach Worten. »Für dich war ich nur ein ... nur Material. Ein Rohling, aus dem du einen Satai formen konntest, ein ... ein Ding, das du bearbeitet, geknetet und geschnitzt hast, so lange, bis es deinen Vorstellungen entsprach.«
    »Ich habe dich niemals zu etwas gezwungen.«
    Del lachte bitter. »O ja, Skar, das stimmt. Das hast du nicht nötig gehabt. Du hast auch so erreicht, was du erreichen wolltest.« »Aber du hast es freiwillig getan«, sagte Skar erschrocken. »Du hättest jederzeit aufhören können. Ein Wort hätte ge-«
    »Das ist nicht wahr, und du weißt es«, unterbrach ihn Del. »Du hast niemals wirklich einen Menschen in mir gesehen, Skar. Für dich war ich immer nur ein Satai, und ich glaube fast, du siehst die ganze Welt so — zwei Gruppen, von denen die eine Satai und die andere keine Satai sind, nicht? Du hast es mir eingeredet, immer und immer wieder, so lange, bis ich selbst es geglaubt habe, bis ich selbst nicht mehr wußte, daß es da noch etwas anderes gibt. Du hast mir alles beigebracht, was du wußtest, Skar — hundert Möglichkeiten, einen Menschen zu töten, mit hundert verschiedenen Waffen, mit tausend Tricks, einen Gegner zu überlisten, ein Heer in die Irre zu führen oder ein Schiff zu versenken. Aber es gibt Dinge, die hast du mit keinem Wort erwähnt. Weil du sie selbst nicht kennst. Du bist seit vierzig Jahren Satai, aber hast du in all der Zeit auch nur einen Tag gelebt?«
    Skar antwortete nicht. Langsam, ganz langsam nur, begann er zu ahnen, was mit Del geschehen

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