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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nicht mehr hören! Euer Gerede von Ehre und Heiligtümern und Gesetzen! Ihr habt mehr als eines unserer Heiligtümer geschändet, und ihr tretet unsere Gesetze mit Füßen. Wir sind Verbündete, und wenn ihr meint, euer Teil des Bündnisses bestünde im Stillhalten und Beten, soll es mir recht sein.« Er schlug wuchtig mit der flachen Hand gegen sein Schwert. »Wir sind in euren Augen vielleicht nicht mehr als Tiere, aber wir sind Tiere, die sich wehren, wenn man sie schlägt. Mit Beten ist noch kein Krieg gewonnen worden, Legis. Mit euren Hexenkünsten vielleicht, aber darauf verstehe ich mich nicht. Worauf ich mich verstehe, das ist das Schwert. Und ich werde es benutzen.«
    Skar sah sich unauffällig um. Rechnete er Herger und Legis nicht dazu, dann waren die Kräfte genau gleich verteilt. Die
Errish
hatte fünf von ihren Männern mitgebracht, und auch Mork gebot über fünf Krieger. Aber es waren fünf Quorrl — gewaltige, schuppige Kampfmaschinen, von denen es eine einzige mit einem halben Dutzend Männer aufnehmen konnte. Er verwarf den Gedanken an einen überraschenden Angriff wieder. Selbst wenn es ihm gelänge, einen oder zwei der Quorrl auszuschalten, ehe sich die anderen von ihrer Überraschung erholt hätten, wäre eine Attacke aussichtslos. Mork hatte alle Trümpfe auf seiner Seite. Und er war bereit zu kämpfen, während Skar — so oder so — bei einem Kampf nur verlieren konnte.
    »Laß ihn, Legis«, sagte er. »Du wirst ihn nicht überzeugen. Er hat von Anfang an auf einen Moment wie diesen gewartet.« Sein Blick suchte den des Quorrl.
    Mork nickte ungerührt. »Seit der ersten Stunde«, bestätigte er. »Und du wirst mich töten müssen, um mich von meinem Entschluß abzubringen.«
    Skar lächelte, nahm in einer betont langsamen Bewegung die Hand vom Schwertgriff und schüttelte den Kopf. »Wenn wir beide morgen noch leben«, sagte er, »reden wir noch einmal darüber. Jetzt sollten wir gehen. Es wird bald hell. Wie kommen wir in die Stadt?«
    Legis starrte ihn ungläubig an. »Auf dem gleichen Wege, auf dem wir geflohen sind«, sagte sie. »Aber du willst doch nicht...« »Was ich will«, unterbrach sie Skar, »spielt im Moment keine Rolle. Zwölf Schwerter können mehr ausrichten als eines.«
    »Aber das ist Irrsinn!« begehrte Legis auf, obwohl sie längst eingesehen haben mußte, daß sie Mork nicht mehr von seinem Entschluß abbringen konnte. Ihr Protest war nur noch ein Zeichen ihrer Verzweiflung. »Wir müssen durch die Drachenhöhlen. Die Tiere werden die Quorrl wittern und Alarm schlagen. Ein einzelner Mann hat eine viel größere Chance, unbemerkt einzudringen.«
    Skar schüttelte nur schweigend den Kopf.
    Eine der Daktylen gab einen halblauten, krächzenden Ruf von sich. Mork sah auf, starrte eine Sekunde lang aus zusammengekniffenen Augen in die Dunkelheit und straffte sich. »Die Kundschafter kommen zurück«, sagte er.
    Skar lauschte angestrengt, hörte aber nichts. Der Quorrl mußte über weitaus schärfere Sinne verfügen als ein Mensch.
    »Dann sollten wir aufbrechen«, sagte Skar. »Es ist eine Stunde bis zur Stadt, und die Sonne geht bald auf.«
    Legis' Lippen begannen zu zittern. Aber sie sagte nichts. Nur ihre Hände gruben sich in einer Geste hilfloser Verzweiflung tief in den schwarzen Stoff ihres Mantels.
    Skar schlug die Kapuze seines Mantels hoch, überprüfe ein letztes Mal den Sitz seines Harnisches und des Waffengurtes und setzte sich ohne ein weiteres Wort in Bewegung.

Ü ber den Zinnen von Elay lag noch immer schwarze, dräuende Finsternis, eine Schwärze, die sich noch vertieft zu haben schien, seit sie in den Schatten der gewaltigen Mauern eingetaucht waren, und die auch nicht weichen würde, wenn die Dämmerung hereinbrach und die Nacht vollends vertrieb. Ein eisiger Hauch ging von der Stadt aus, ein Gefühl, das eher die Seele als den Körper zu streifen schien, etwas wie der Atem der Zeit, all der ungezählten Jahrtausende, die an ihr vorübergegangen waren, ohne auch nur die geringsten Spuren zu hinterlassen. Vom Meer, das irgendwo jenseits der zinnengekrönten Dreifachmauern mit monotoner Wut gegen die Küste anrollte, drangen Salzwassergeruch und der Schrei einer einsamen Möwe herüber.
    Skar nahm von alldem kaum Notiz; jedenfalls nicht soweit, daß er einen bewußten Gedanken daran verschwendet hätte. Die Stadt hatte ihn vollends in ihren Bann geschlagen und beherrschte seine Gedanken. Sie erfüllte ihn mit Furcht; eine Angst, die gegen alle Logik von

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