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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die Zeit, die sie gewonnen hatten, fehlte ihm. Für einen Moment zweifelte er fast, daß er schon bereit war. Er würde nur diese eine Chance haben, und vielleicht nicht einmal die.
    Legis blieb so abrupt stehen, daß Skar um ein Haar gegen sie geprallt wäre. Sie waren jetzt ganz dicht an der Mauer; Skar konnte den kühlen Hauch, den das schwarze Gestein ausstrahlte, spüren. Diesmal war er sicher, daß er sich das Gefühl nicht einbildete. Der Stein war kalt, viel kälter, als er hätte sein dürfen.
    »Wie geht es weiter?« fragte er.
    Legis deutete stumm hinter sich. Ihr Gesicht war ein verschwommener grauer Fleck unter der spitzen Kapuze ihres Mantels, aber Skar glaubte trotzdem einen Ausdruck der Verzweiflung auf ihren Zügen zu bemerken. »Wir warten auf Mork und die anderen«, sagte sie leise. »Es ist nicht mehr weit.«
    Skar sah ungeduldig über die Schulter zurück. Er konnte die Quorrl jetzt hören; aber auch nur, weil er wußte, worauf er zu achten hatte. Wenige Sekunden später tauchte bereits der erste breitschultrige Schatten aus der Nacht auf. Es war Mork.
    Legis wartete, bis auch alle anderen heran waren, drehte sich schweigend und mit übertriebener Hast herum und ging weiter.
    Skar folgte ihr dichtauf, und auch die Quorrl verzichteten jetzt darauf, weiter einen so großen Abstand einzuhalten. Sie bewegten sich nun unmittelbar an der Mauer entlang. Der schwarze Schlagschatten des gewaltigen Bollwerkes vertiefe die Finsternis noch mehr, obwohl Skar dies kaum noch für möglich gehalten hatte. Er stolperte mehr hinter der
Errish
her, als er ging, und wäre nicht der eisige Hauch Elays neben ihm gewesen, hätte er schon nach wenigen Schritten vollkommen die Orientierung verloren. Aber Legis bewegte sich so sicher, als wäre es am hellen Tag.
    Der Weg schien kein Ende zu nehmen. Sie mußten mehr als eine Meile neben der Stadtmauer entlanggegangen sein, als Legis endlich stehenblieb und mit einer wortlosen Geste zu Boden deutete. Skar trat neben sie, kniete nieder und tastete suchend über den aufgeweichten Boden. Unter der fingerdicken Schicht aus Morast und klebrigem Lehm war Metall. Er grub weiter, fand einen wuchtigen, von Rost zerfressenen Ring und zog mit aller Macht daran. Aber seine Kraft reichte nicht aus. Der gußeiserne Deckel saß so fest, als wäre er mit dem Boden verwachsen. Erst als Mork ebenfalls niederkniete und die Kraft seiner gewaltigen Muskeln einsetzte, hatten sie Erfolg. Die Klappe schoß mit einem saugenden Geräusch und so rasch hoch, daß Skar um ein Haar das Gleichgewicht verloren hätte und hintenüber gefallen wäre.
    Er unterdrückte im letzten Moment einen Fluch, stand auf und suchte nach irgend etwas, an dem er sich die Hände abwischen konnte, fand aber nichts. Schließlich nahm er achselzuckend einen Zipfel seines Umhanges und rieb sich den gröbsten Schmutz von den Unterarmen. Trotz der Kälte und des feuchten Hauches, der vom Meer herüberwehte, trocknete der Lehm fast augenblicklich und wurde zu einem starren, kribbelnden Panzer auf seiner Haut.
    Während Mork mit einer gewaltigen Kraftanstrengung den Verschluß so weit nach oben stemmte, daß er senkrecht stand und sicher in seinen rostigen Scharnieren hielt, ließ sich Legis bereits in die Hocke gleiten und kroch rückwärts an den sichtbar gewordenen Schacht heran. Es mußte eine Leiter oder eine Treppe geben, denn sie fand nach kurzem Suchen mit den Füßen festen Halt und verschwand rasch in der Tiefe. Skar zögerte sekundenlang, näherte sich dem Schacht dann auf die gleiche Weise wie sie und tastete blind mit dem Fuß nach Halt. Er spürte eine schmale, rostige Metallsprosse, verlagerte behutsam sein Körpergewicht und ließ sich herabsinken. Die Leiter knarrte hörbar unter seinem Gewicht, aber sie hielt.
    Ein Schwall muffiger, abgestandener Luft, die nach Wasser und Kälte roch, schlug ihm entgegen, als er Legis in die Tiefe folgte. Er beeilte sich, obwohl seine Hände und Füße auf den glitschigen Metallsprossen der Leiter kaum Halt fanden, und war nach wenigen Augenblicken am Grunde des Schachts angekommen.
    Es war nicht so dunkel, wie es von oben den Anschein gehabt hatte. Von irgendwoher — die genaue Quelle war nicht auszumachen — kam Licht, und auf dem Wasser zu seinen Füßen spiegelten sich unzählige winzige Halbmonde aus zersplittertem Silber, so daß er seine Umgebung, wenn auch nicht genau, so doch wenigstens in vagen Umrissen wahrnehmen konnte. Er stand in einem halbrunden, kaum

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