Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
auch nur das leiseste Geräusch von sich. Die Leistung, die die Quorrl mit der Dressur dieser Bestien vollbracht hatten, stand der der
Errish
und ihrer Feuerechsen kaum nach.
    Ein seltsames Gefühl machte sich in Skars Innerem breit, als er in den Kreis trat und sich wortlos neben Herger zu Boden sinken ließ — keine Erregung, wie es normal gewesen wäre, sondern beinahe das Gegenteil, eine dumpfe, betäubende Entspannung. Er war sich plötzlich seines Körpers so bewußt wie selten zuvor in seinem Leben. Er fühlte jeden Muskel, jeden einzelnen Nerv in seinem Leib; eine Empfindung, die wie eine warme, einschläfernde Woge durch seinen Körper strömte, ein Gefühl, wie er es manchmal schon, wenn auch noch nicht annähernd so stark, vor einem Kampf gehabt hatte. Und ein Gefühl des Endgültigen.
    Seine Irrfahrt war vorbei. Vela war hier, noch wenige Kilometer entfernt, und er wußte einfach, daß die Entscheidung jetzt fallen würde. Ganz egal, wie dieser ungleiche Kampf ausging — er würde enden, noch bevor die Sonne das nächste Mal unterging. Skar versuchte noch einmal, sich alle Stationen seines Weges vor Augen zu führen, aber seine Gedanken weigerten sich, in geordneten Bahnen abzulaufen, und echte Erinnerungen begannen sich mit Traum und Furcht zu vermischen.
    Er schüttelte die Bilder ab, beugte sich vor und nahm etwas von dem kalten Fleisch, das Mork Herger und ihm gegeben hatte. Er war nicht hungrig, aber er würde seine Kräfe dringend brauchen, und sie würden kaum mehr zum Essen oder Trinken kommen, wenn sie erst einmal in der Stadt waren.
    Unwillkürlich sah er sich nach Legis um. Weder Laynanya noch sie oder Mork hatten auch nur mit einer Andeutung verraten, wie sie in die Stadt hineingelangen wollten, und Skar hatte bisher stillschweigend angenommen, daß es ein geheimes Tor oder etwas Ähnliches geben würde, durch das er sich einschleichen konnte. Aber jetzt, nachdem er die Stadt gesehen hatte, wußte er, daß das nicht der Fall war.
    »Wonach suchst du?« fragte Herger, der seinen Blick bemerkt hatte.
    Skar überging die Frage. »Unsere Wege trennen sich hier«, sagte er.
    Herger ließ das Stück Fleisch, das er gerade zum Mund führen wollte, verblüfft sinken und starrte ihn an. »Wie meinst du das?« fragte er.
    »So wie ich es gesagt habe«, antwortete Skar. Er war nicht zum Reden gekommen während des Fluges. Der eisige Wind und die Furcht hatten seine Lippen gelähmt, aber er hatte Zeit gehabt nachzudenken. Er wußte jetzt, daß es ein Fehler gewesen war, sich nicht schon früher von Herger zu trennen. Eigentlich hatte er es die ganze Zeit über gewußt. Es war nur bequemer gewesen, mit ihm zu reiten.
    Er deutete mit einer Kopfbewegung in die Richtung der Stadt.
    »Wir sind am Ziel«, sagte er. »Du wolltest mich nach Elay bringen, und wir sind da.«
    »Und jetzt erwartest du, daß ich hierbleibe und warte, bis du zurückkommst oder auch nicht?« fragte Herger. Seine Stimme zitterte.
    »Natürlich nicht«, entgegnete Skar. »Aber —«
    »Du irrst dich, Satai«, fiel ihm Herger ins Wort, »wenn du denkst, daß die Sache damit erledigt ist. Ich werde dich begleiten, und wenn du geradewegs in die Hölle marschieren solltest. Du bist mein Kapital, vergiß das nicht. Alles, was ich noch habe, bist du.« Skar schüttelte geduldig den Kopf. »Hör mit diesem Unsinn auf, Herger«, sagte er ruhig. »Ich weiß, daß ich in deiner Schuld stehe, aber —«
    »In meiner Schuld?« unterbrach ihn Herger erneut. »Du bist zu bescheiden, Satai. Du gehörst mir — ich habe alles, was ich habe, auf dich gesetzt: mein Leben, mein Vermögen, meinen Ruf. Ich müßte irrsinnig sein, wenn ich dich jetzt gehen ließe.« Er schüttelte entschieden den Kopf, setzte sich gerade auf und wies nach Norden. »Du willst in diese Stadt vordringen. Gut. Ich werde dich nicht daran hindern. Aber ich werde mitkommen.«
    Skar wollte auffahren, beherrschte sich aber im letzten Mo-
    ment. »Du weißt, was mich dort drüben erwartet«, sagte er. »Ich war ehrlich zu dir. Meine Chance, lebend aus Elay herauszukommen, ist nicht sehr groß. Es wäre Selbstmord von dir, mitzukommen. Und es wäre gefährlich für mich.«
    »Es war auch gefährlich für mich, dir zu helfen. Und Selbstmord?« Er stieß ein abgehacktes, häßliches Lachen aus. »Du hast es vielleicht noch nicht begriffen, Skar, aber ich bin schon tot. Ich war es in dem Moment, in dem ich dir Unterschlupf gewährte. Du bist der einzige, der mich wieder zum Leben

Weitere Kostenlose Bücher