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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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er. »Und draußen im Stall steht ein Pferd für dich bereit. Hast du über meinen Vorschlag nachgedacht?«
    Skar fuhr sich müde mit den Händen über das Gesicht. »Was?« erwiderte er. »O ja — sicher. Wir... reden später darüber.« Er stand auf, sah — mehr aus Gewohnheit — aus dem Fenster und blickte einen Moment müde auf das Treiben draußen auf der Straße. In den meisten Häusern brannte — schon wieder oder noch immer — Licht, Männer hasteten vorbei, zum Teil nur als dunkle Umrisse und an ihren Bewegungen zu erkennen, zum Teil mit Fackeln oder kleinen, flackernden Öllampen ausgestattet. Anchor schien niemals ganz zur Ruhe zu kommen.
    Eine seltsame Stimmung nahm von ihm Besitz. Obwohl er lange und trotz allem gut geschlafen hatte, ergriff ihn wieder Müdigkeit, eine Müdigkeit ganz eigener Art. Für einen kurzen Moment wurde er sich seines Körpers auf fast schmerzhafte Weise bewußt
    - er spürte jede Zelle, jeden Quadratzentimeter Haut, und er glaubte auch jeden Schritt zu fühlen, jeden Gedanken, den er seit seinem Weggang aus Ikne gedacht hatte.
    Er straffte sich, drehte sich zu Herger herum und deutete mit einer übertrieben heftigen Kopfbewegung zur Tür. »Gehen wir«, sagte er. »Ich bin schon viel zu lange hier.«
    Herger lächelte, öffnete die Tür und wartete, bis Skar an ihm vorbei aus dem Zimmer getreten war. Das Haus war so still wie am Vorabend, aber durch die dünnen Wände drang der Lärm der erwachenden Stadt herein, und ein schwacher Geruch nach gebratenem Fleisch hing in der Luft.
    »Wie komme ich aus der Stadt?« fragte Skar, nachdem sie wieder den Geschäftsraum erreicht und Herger mit einer einladenden Geste auf die durchgesessene Couch gedeutet hatte.
    »Es gibt ein schmales Fluchttor an der Westseite«, erklärte Herger. »Ich habe die Wache bestochen. Du wirst hindurchgelassen, ohne daß man Fragen stellt.«
    »Bestochen?« fragte Skar Herger grinste. »Ich bin Geschäftsmann, Satai. Man muß investieren, wenn man Gewinn machen will.«
    Skar setzte sich, griff nach dem Fleisch, das Herger ihm anbot, und begann zu essen. Er war nicht sehr hungrig, aber es konnte lange dauern, bis er wieder zum Essen kam. »Es wäre möglich, daß du ein Verlustgeschäft machst«, sagte er kauend.
    Herger zuckte gleichmütig die Achseln. »Mal gewinnt man, mal verliert man, Skar. Und du hast noch nicht geantwortet.«
    Skar sah auf. Herger hielt seinem Blick einen Moment lang stand und sah dann weg.
    »Nein?« murmelte Skar. »Habe ich nicht?«
    Herger lächelte unsicher. »O doch, du hast. Aber ich gebe nicht auf, weißt du? Wenn du irgendwann einmal Hilfe brauchst, dann erinnere dich an mich.«
    Skar aß mit erzwungener Ruhe weiter, ohne zu antworten. Hergers Angebot
war
verlockend, trotz allem. Elay war weit, und wenn auch nur ein Bruchteil der Gerüchte, die über das Drachenland im Umlauf waren, zutrafen, dann würde der Weg dorthin schwerer werden, als es die Wanderung nach Combat und ihre Odyssee über die toten Ebenen von Tuan zusammen gewesen waren.
    Aber dann fiel ihm Andred ein, und jeder Gedanke daran, Hergers Hilfsangebot anzunehmen, erschien ihm mit einemmal lächerlich. Er stellte den hölzernen Teller ab, spülte den letzten Bissen mit einem Schluck Wasser hinunter und stand mit einem Ruck auf. »Ich habe schon viel zu vielen Unglück gebracht«, sagte er. »Und ich bin viel zu lange hiergeblieben. Laß uns gehen.«
    Herger zögerte. Er schien noch etwas sagen zu wollen, aber ein Blick in Skars Augen überzeugte ihn davon, daß jedes weitere Wort nur Zeitverschwendung war. »Vielleicht hast du recht«, murmelte er nach einer Weile. »Je eher du aus der Stadt heraus bist, desto besser. Für uns beide.« Er wandte sich um, hantierte eine Weile an einer offenstehenden Kiste herum und reichte Skar einen zusammengerollten dunkelbraunen Umhang. »Zieh das an«, sagte er.
    Skar griff nach dem Mantel, wickelte ihn auseinander und betrachtete ihn stirnrunzelnd. »Die Kleidung eines Sekal?« fragte er zweifelnd.
    »Warum nicht? Auf diese Weise spricht dich wenigstens niemand an. Und wenn du aus der Stadt bist, kannst du ihn ja wegwerfen. Nun mach schon. Und gib acht, daß niemand deine Waffen sieht. Ein Sekal mit einem Schwert ...« Er grinste, lehnte sich gegen die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. Das dünne Hemd spannte sich deutlich über seinen Muskeln. Er war kräftiger, als Skar bisher geglaubt hatte.
    Skar legte den Mantel neben sich, schnallte —

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