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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erschrocken.
    »Der Mantel erwürgt ihn.«
    Tantor nickte. Ein dünnes, böses Lächeln spielte um seine Lippen. »Ich sollte ihn verrecken lassen«, sagte er, »so wie er mich den Geiern zum Fraß vorgeworfen hat.« Er trat zurück, schnippte mit den Fingern und stieß ein halblautes, kompliziertes Wort hervor.
    Der Druck auf Skars Brust verschwand so plötzlich, daß es fast schmerzte. Skar schrie auf, warf sich herum und schlug die Hände gegen den Hals. Tantor wich rasch einen Schritt zurück und hob die Hand. »Versuch keine Dummheiten«, warnte er ihn.
    Skar blieb sekundenlang reglos liegen, rang keuchend nach Atem und suchte den grausamen Schmerz in seinen Lungen zu bekämpfen. Vor seinen Augen tanzten bunte Kreise und Flecken. Er wälzte sich herum, stemmte sich mühsam auf Hände und Knie hoch und sah Tantor an. Ohne Mantel und Helm wirkte Tantor noch dürrer und bemitleidenswerter als sonst. Seine Gestalt wirkte irgendwie ... verzerrt, und die Haut seiner Hände war grau wie die Haut eines Toten.
    Tantor bemerkte seinen Blick. »Sieh mich nur an«, zischte er.
    »Das ist dein Werk, Satai. Das habe ich bekommen, zum Dank dafür, daß ich dir zur Flucht verholfen habe.« Seine Stimme zitterte, und in den Worten schien ein schwaches Echo des Schmerzes mitzuschwingen, den er empfunden haben mußte. Plötzlich spürte Skar nur noch Mitleid mit ihm.
    »Du ... du hast immer noch Angst vor mir, wie?« sagte er keuchend. »Warum tust du dich nicht mit mir zusammen und rächst dich an Vela?«
    Tantor lachte, aber es war ein schriller, beinahe hysterischer Laut, der wohl eher an ein Schreien erinnerte.
    »Mit dir?« keuchte er. »Danke, Skar — ich habe eine Kostprobe deiner Hilfe bekommen. Wenn ich die Wahl zwischen zwei Verrätern habe, dann bleibe ich lieber auf der Seite des Stärkeren.«
    Skar richtete sich schwankend auf die Knie auf. Tantor wich einen weiteren Schritt zurück. »Keine Bewegung!« zischte er. »Der Mantel ist aus Seide. Selbst wenn du mich tötest, würde er dich hinterher erwürgen. Er ist auf mich fixiert.«
    Skar lächelte. »Du hast dich in Unkosten gestürzt, wie? Hast du solche Angst vor mir?«
    Tantor antwortete nicht, aber sein Blick glühte vor Haß. Skar resignierte innerlich. Wenn er jemals eine Chance gehabt hatte, Tantors Vertrauen zu gewinnen, dann hatte er sie an der Grenze des Kristallwaldes verspielt.
    »Was hast du jetzt mit mir vor?« fragte er. »Willst du mich zu Vela bringen?«
    Tantor schüttelte den Kopf. »Damit du unterwegs eine Gelegenheit findest zu entkommen?« fragte er. »O nein, Skar. Ich gebe zu, daß ich dich unterschätzt habe — wir alle haben dich unterschätzt. Aber ich mache einen Fehler grundsätzlich nur einmal.
    Du wirst hingerichtet, noch heute. Du wirst ganz offen auf dem Marktplatz von Anchor hingerichtet.«
    »Hingerichtet?« wiederholte Skar zweifelnd. »Ihr wollt einen Satai hinrichten lassen?«
    Tantor gab ein abfälliges Geräusch von sich. »Satai!« Er spie das Wort aus, als handele es sich um eine Beschimpfung. »Du wirst es nicht mehr erleben, Skar, aber ich kann dir versichern, daß es bald keine Satai mehr geben wird. Ihr haltet euch für den Gipfel von Macht und Weisheit, wie? Ihr glaubt, die Welt würde ohne euch nicht mehr funktionieren, in Barbarei verfallen — ha! Es wird Zeit, daß ihr Satai von eurem hohen Roß heruntergeholt werdet!« Skar setzte zu einer Antwort an, schwieg dann aber. Irgend etwas sagte ihm, daß Tantors Worte ernst gemeint waren. Und es war nicht nur der Haß, der aus ihm sprach.
    »Du ... hast Befehl, mich zu töten?« murmelte er.
    Tantor nickte. »Was dachtest du? Hast du geglaubt, wir bringen dich im Triumphzug nach Elay?« Er lachte leise, wandte sich um und ging zur Tür. »Wir brauchen dich nicht mehr, Skar«, sagte er, während er ächzend den schweren Riegel zurückschob. »Du warst ein notwendiges Übel, aber jetzt bist du nur noch überflüssig. Und lästig.« Die Tür wurde von außen aufgestoßen. Flak-kernder roter Fackelschein fiel durch den breiter werdenden Spalt. Skar konnte an Tantor vorbei einen Blick auf ein Dutzend Bewaffneter erhäschen, das draußen vor dem Haus Stellung bezogen hatte. Der Zwerg öffnete die Tür vollends und rief ein paar Worte in einer raschen, unverständlichen Sprache hinaus. Drei der blaugekleideten Krieger lösten sich aus der Gruppe und traten an Tantor vorbei ins Haus. Es waren Thbarg, die gleichen Krieger, die am vergangenen Abend draußen am Kai gewesen

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