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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verschiedenen Leuten auf, bis mich eine Räuberbande fand und...«
    Skar schlug ihn. Del kippte nach hinten, stützte sich im letzten Moment mit den Händen ab und starrte Skar verblüfft an.
    »Ich warne dich«, krächzte Skar. »Spiel nicht mit mir! Sag mir die Wahrheit, oder ich schwöre dir, daß ich dich töten werde.«
    Irgend etwas in Dels Blick änderte sich. Langsam setzte er sich auf, starrte einen Moment zu Boden und sah Skar dann erneut an. Seine Augen wirkten plötzlich wie zwei grundlose graue Seen. Es waren nicht Dels Augen. Es waren nicht einmal die Augen eines Menschen, dachte Skar schaudernd. Es waren die Augen eines Wesens, das in Jahrmillionen zu rechnen gewohnt war, nicht in den Spannen eines Menschenlebens, für das es keine Geheimnisse und keine Fragen mehr gab, das nicht einmal in diese Welt gehörte.
    »Vielleicht ist es so am besten«, sagte er leise. »Ich möchte nur eines, Skar. Ich möchte, daß du weißt, daß ich es nicht gerne getan habe. Wir hassen es zu lügen, und wir hassen es besonders, Freunde zu belügen.«
    »Freunde?«
    Del (Del?) nickte. »Du hast recht«, bekannte er. »Ich bin nicht Del. Nicht der Del, den du kennst, Skar, und doch ein Stück von ihm. Vielleicht mehr, als ich selbst bisher gewußt habe.« Seine Züge zerflossen. Schatten huschten auf unsichtbaren flinken Füßen über sein Gesicht, ließen es grau und konturlos werden, eine brodelnde Fläche ohne erkennbare Umrisse. Skar stöhnte.
    »Freunde«, sagte der Sumpfmann noch einmal. »Ich kann verstehen, wenn du mich jetzt haßt, Skar, aber ich fühle für dich wie für einen Freund.«
    »Wie... wie ist dein Name?« fragte Skar stockend. Er war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Er hatte es gewußt, Augenblicke bevor das Gesicht seines Gegenübers zerfloß und zu dem des Schattenmannes wurde. Trotzdem lähmte ihn der Anblick.
    »Mein Name...» Der Sumpfmann lächelte traurig, und Skar sah es, obgleich er kein Gesicht hatte. »Mein Name ist Yar-gan — oder er war es einmal. Warum nennst du mich nicht Del wie bisher? Ich bin es, Skar.«
    »Del ist...«
    »Nicht, was du denkst«, sagte der Sumpfmann schnell. »Er lebt.«
    Skar lachte krächzend. »Wo?« murmelte er. »In dir? In Cosh? In eurer Erinnerung?«
    »In allem«, erwiderte der Sumpfmann ernst. »Und auch in sich, Skar. Doch ein Teil von ihm ist auch in mir.«
    »Er ist tot, nicht?« fragte Skar. »Ihr...«
    »Er lebt«, sagte Yar-gan zum wiederholten Mal. »Der Mann, dessen Leichnam du an den Ufern des Besh gefunden hast, war nicht Del.«
    Skar starrte ihn an. Die Worte des Sumpfmannes hatten ihn getroffen wie ein Fausthieb. »Er...«
    »Es war nicht Del, den du aus Cosh fortreiten sahst«, fuhr Yar-gan fort. »Velas Gift war zu stark in ihm, Skar. Es wäre sein Untergang gewesen, hätten wir deinem Wunsch entsprochen und ihn gehen lassen. Er wäre mit ihr in den Tod gegangen, und er hätte vielen anderen den Tod gebracht. Glaube mir. Vielleicht«, fügte er nach einer winzigen Pause hinzu, »hättest du den Kampf verloren, hätten wir ihn gehen lassen. Er ist ein Satai wie du, vergiß das nicht. Er weiß alles, was du weißt, und er ist jung und stark.«
    Skar keuchte. »Ihr habt...«
    »Ich kenne ihn«, fuhr der Sumpfmann unbeeindruckt fort, »vergiß das nicht. Ein Teil von ihm ist auch in mir. Ich kenne seine Gedanken und seine Art zu reagieren und zu handeln. Vielleicht hätte er dich besiegt. Del ist
dein
Schüler, und er hat viel von dir gelernt. Mehr, als du selbst ahnst, Skar.«
    »Wo ist er?« keuchte Skar. »Noch in Anchor? Oder bei euch in Cosh?«
    »Wir haben ihn zurückgeschickt zum Berg der Götter«, antwortete Yar-gan. »Er und ich haben Cosh zur gleichen Zeit verlassen. Wir haben für ihn getan, was wir konnten, doch auch unserer Macht sind Grenzen gesetzt. Wir haben die Wunden seines Körpers geheilt und seine Matrix wieder hergestellt, doch die Narben auf seiner Seele können nur die Hohen Satai pflegen. Du wirst ihn treffen, wenn du zum Berg der Götter zurückkehrst. Ich glaube, er wartet auf dich.« Plötzlich blitzte ein Lächeln durch die wogenden Schemen vor seinem Gesicht. »Du hast es die ganze Zeit gefühlt, nicht wahr?« fragte er. Skar nickte, und Yar-gan fuhr nach einer hörbaren Pause fort: »Ich wußte es. Del und du, ihr seid mehr als Freunde. Ich weiß nicht, was es ist, das euch verbindet, aber es ist zu stark, um auf Dauer getäuscht zu werden. Es ist gut, daß du die Wahrheit erkannt hast, Skar.« »Warum?«

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