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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mit seinem wahren Aussehen auch einen Teil seiner übermenschlichen Kraft eingebüßt. Er schien nicht einfach in die Maske eines Menschen geschlüpft, sondern wirklich zum Menschen
geworden
zu sein, und es fiel Skar — so absurd ihm der Gedanke selbst vorkam — plötzlich schwer, zu glauben, daß der Mann an seiner Seite
nicht
Del war; beinahe ebenso schwer, wie es ihm zuvor gefallen war, Del in ihm zu sehen. Der Gedanke ließ ihn lächeln. Yar-gan hatte recht — er
war
verwirrt.
    Die Männer wichen vor ihnen zurück, als sie durch den Eingang traten. Skar spürte gleich, daß sich etwas verändert hatte. Die Kluft zwischen ihnen war noch tiefer geworden, aber es war jetzt nicht mehr dieser mit Furcht gemischte Respekt, der ihm- und auch Yar-gan, wie ihm plötzlich klar wurde — entgegenschlug. Nicht nur. Irgend etwas war hinzugekommen.
    Er blieb stehen, tauschte einen raschen Blick mit dem Sumpfmann und versuchte zu lächeln. Es mißlang. Die Männer starrten ihn an, und Skar hatte plötzlich das Gefühl, daß in ihrem Schweigen etwas unbestimmt Drohendes, ja beinahe Feindseliges lag.
    Er schüttelte den Gedanken ab, hob sein Gepäck und seinen Mantel auf und warf sich beides über die Schultern. »Seid ihr soweit?« Er versuchte, seiner Stimme einen möglichst beiläufigen Ton zu geben, kam sich aber gleichzeitig albern dabei vor, denn von den einunddreißig Männern, die ihm und Yar-gan gegenüberstanden, hörten sowieso nur zwei oder drei seine Worte. Die anderen waren zur Taubheit verdammt, Gefangene des Schweigens, das Cor-ty-cors Mauern ausstrahlten. Einzig die Stimme des Sumpfmannes war normal zu verstehen, als unterliege sie nicht den verdrehten Gesetzen dieser Stadt, und das Gespräch mit ihm hatte Skar fast vergessen lassen, daß die Welt hier nicht mehr so war, wie der sie kannte.
    Einer der Männer trat vor, richtete sich gerade auf und sah ihn an. In seinen Augen war Furcht; aber auch eine Entschlossenheit, die Skar bisher an keinem von ihnen bemerkt hatte. Es war der dunkelhaarige Matrose, mit dem er schon in der Höhle gesprochen hatte. Skar kannte seinen Namen noch immer nicht.
    »Ja?« fragte Skar knapp. Diesmal gab er sich Mühe, seiner Stimme den beabsichtigten Ton zu verleihen: überrascht, ein wenig neugierig, aber auch hörbar ungeduldig. Er sah, wie die mühsam aufrecht erhaltene Selbstbeherrschung im Blick des Mannes zu schmelzen begann. »Wir... gehen nicht weiter, Herr«, sagte der Matrose. Er schluckte. Seine Finger waren so heftig gegen seinen Gürtel gepreßt, daß sie zitterten.
    Skar blickte ihn ausdruckslos an. »Ihr geht nicht weiter«, wiederholte er. »So. Und was habt ihr vor?« Ein dünnes, abfälliges Lächeln huschte über seine Lippen, so rasch, daß es die Männer sehen mußten, aber nicht sicher sein konnten, ob sie es auch sollten. Skar schwieg einen Moment, setzte dazu an weiterzusprechen und tat es dann doch nicht. Er hatte Situationen wie diese oft genug erlebt, um zu wissen, daß er den Widerstand der Männer mit wenigen wohlgezielten Worten würde brechen können, aber plötzlich kam ihm sein Verhalten sinnlos und dumm vor. Dumm und unfair. Diese Leute verdienten nicht, wie Figuren auf einem Spielbrett behandelt zu werden. Sie hatten bewiesen, daß sie bereit waren, für ihn und Gowenna zu sterben, und er kannte nicht einmal ihre Namen; ja, nicht einmal ihre Gesichter. Vielleicht hätte er überhaupt nicht gemerkt, wenn plötzlich statt dieser dreißig Männer dreißig andere um ihn herum gewesen wären. »Ihr habt Angst, nicht?« fragte er, sehr leise und in so verändertem Tonfall, daß Yar-gan überrascht aufsah.
    Der Matrose nickte. »Ja. Wir... haben Euch Treue geschworen, Herr. Ihr seid Rayans Erbe und Nachfolger, und wir würden für Euch sterben, wenn Ihr es verlangtet.« Er sprach langsam und schleppend, aber doch fest, und seine gestelzte Art zu reden erzielte — auch wenn sie ein deutliches Zeichen für seine Unsicherheit war — doch die gewünschte Wirkung. Es hätte Skar nur ein Wort gekostet, ein genau dosiertes Lächeln, zwei, drei scharfe Befehle in der richtigen Tonlage, ihn zum Verstummen zu bringen, aber er konnte es nicht. Er brachte es nicht mehr fertig zu lügen. »Wir würden Euch folgen, wohin Ihr wolltet«, fuhr der Mann fort. »Aber wir... wir können nicht gegen Dämonen kämpfen, Herr.«
    Das also war es. Skar schalt sich innerlich einen Narren, daß er die Entwicklung nicht schon vorausgesehen hatte. Diese Männer waren

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