Enwor 5 - Das schwarze Schiff
Herr seines Willens.« Er sprach nicht weiter, aber Skar wußte auch so, was er meinte. Die Männer wichen zurück, als Yar-gan ihren Sprecher packte, der Kreis, den sie um ihn und Skar gebildet hatten, löste sich auf. Der Saal hinter ihnen war leer.
»Diese verdammte Hexe!« zischte Yar-gan. »Sie hat uns hereingelegt, Skar — während wir draußen gegen Helth gekämpft haben, ist sie geflohen. Und diese Narren haben ihr dabei geholfen, ohne es überhaupt zu merken!«
Er wollte herumfahren und aus dem Haus stürmen, aber Skar hielt ihn zurück. »Das ist sinnlos«, sagte er. »Wir finden sie dort draußen niemals.«
Yar-gan riß seinen Arm los. »Ich finde sie!« widersprach er wütend. »Und wenn ich diese ganze Stadt von oben nach unten durchsuchen muß.« In diesem Moment war er Del. Es war nicht mehr der Sumpfmann, dem Skar gegenüberstand, sondern Del, der aufbrausende, hitzköpfige Narr, der er so oft sein konnte. Was immer es war, das von Del in ihm lebte, es war stark, vielleicht stärker, als er selbst ahnte.
»Sei vernünftig, Del«, mahnte ihn Skar kopfschüttelnd. »Es nutzt dir nichts, wenn du jetzt blindwütig losrennst. Du würdest umkommen.«
Yar-gans Gestalt entspannte sich. Skar hatte den Namen Del so betont, daß der Sumpfmann die Warnung begreifen mußte. Für den Bruchteil eines Atemzuges glomm Erstaunen in seinem Blick auf, dann hatte er sich wieder in der Gewalt. »Wir müssen ihr nach, Skar«, ließ er nicht locker, nun wieder mit der nichtmenschlichen Ruhe und Sicherheit des Sumpfmannes, der er war. »Und wir müssen es schnell tun. Begreifst du denn nicht? Sie kann nicht weit gekommen sein.« Er deutete auf die Freisegler. »Sie hat diesen Männern ihren Willen aufgezwungen, um uns abzulenken. Es muß sie ungeheure Kraft gekostet haben. Mehr, als sie sich leisten kann, Skar. Und das bedeutet, daß ihr Ziel irgendwo hier in der Nähe liegt!«
»Überschätzt du sie jetzt nicht ein wenig?« fragte Skar spöttisch.
»Es sind dreißig Männer, Yar-gan. Nicht einmal du könntest dreißig Menschen gleichzeitig beeinflussen.«:
Yar-gan lachte hart. »Überschätzen?« keuchte er. »O nein, Skar. »Wenn es einen Menschen auf dieser Welt gibt, der so etwas kann, dann sie.«
Skar wollte ihn unterbrechen, aber Yar-gan fuhr schnell und in erregtem, halbwegs schreiendem Ton fort: »Wir waren drei Monate in Elay, Skar. Hast du dich eigentlich nie gefragt, was in dieser Zeit hinter den Mauern der Verbotenen Stadt vorgegangen ist? Vela hat die
Mar-goi
getötet. Der Thron von Elay war verwaist. Aber die Errish brauchten eine Führerin, Skar, eine Frau, die die verbotenen Künste der Alten beherrscht und deren Geist stark genug ist, nicht unter dem Wissen zu zerbrechen, mit dem er leben muß. Wenige Tage vor unserer Abreise wurde die neue Errish gewählt und eingeführt, Skar.« Skar hatte plötzlich das Gefühl, von einer eisigen Hand berührt zu werden. Kälte breitete sich in ihm aus, eine Kälte, die tausendmal schlimmer war als die, die von außen auf ihn eindrang. Er wußte, was Yar-gan sagen würde, noch bevor er die Worte hörte.
»Wenn irgendein Mensch auf dieser Welt zu so etwas fähig ist, Skar, dann nur die
Margoi
der Errish«, sagte der Sumpfmann, leise und jede Silbe übermäßig betonend. Die Worte trafen Skar wie Ohrfeigen. »Niemand hat je hinter den Schleier einer
Margoi
gesehen, Skar. Selbst den Errish wird die Erinnerung an sie genommen, sobald sie erwählt ist. Aber du und ich, Skar, wir kennen das Gesicht der Frau, die den Thron Elays innehat.
Ihr Name ist Gowenna.«
D er Sturm hatte zu wüten aufgehört, und auch der Wind war zum Erliegen gekommen — zum ersten Mal, seit sie diese Insel betreten hatten. Die Männer gingen noch immer gebückt und vornüber geneigt unter der Last ihrer Bündel und der zahllosen Meilen, die sie zurückgelegt hatten, aber die unbarmherzige Kralle des eisigen Windes fehlte, und das Atmen fiel leichter. Der Himmel hatte aufgeklart: Die Wolken waren vom Sturm hinweggepeitscht worden, und auch die schwefelgelbe Farbe, die das Firmament wie ein böses Omen überzogen hatte, war wieder dem Stahlblau des Nachmittagshimmels gewichen. Trotzdem wurde es nicht richtig hell. Obwohl das Eis das Licht der Sonne reflektierte und mit seinem blendenden Weiß verstärkte, schien Cor-ty-cor in einer endlosen Dämmerung versunken zu sein, als wäre diese Insel und alles, was auf ihr war, auf ewig gefangen in einem zeitlosen Bereich zwischen Tag und Nacht, Tod
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