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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erschauern, und es war, als dränge die Kälte bis in seine Seele und lähme sie, so daß er nicht einmal mehr fähig war, Schmerz zu empfinden. Sieben der einunddreißig Männer, die mit ihnen den Abstieg in dieses unirdische Reich der Dämmerung und Kälte begonnen hatten, waren tot. Zu Tode gestürzt auf Stufen, die nicht für menschliche Füße gemacht waren, mit einem lautlosen Schrei in Abgründen verschwunden, die plötzlich vor ihnen aufklafften, oder einfach zusammengebrochen wie leere Hüllen, in denen das letzte bißchen Lebenskraft verbraucht war. Zwei weitere waren zurückgeblieben, noch nicht tot, aber zu schwach, um weiterzugehen. Auch sie würden sterben. Der Schlaf, der der Erschöpfung folgte, würde der letzte sein. Aber er fühlte keine Trauer mehr, nicht einmal Mitleid. Fast beneidete er die Toten.
    Yar-gan sagte etwas, aber Skar verstand die Worte nicht mehr. Das Gesicht des Sumpfmannes verschwand immer wieder hinter Schleiern der Erschöpfung, und seine Worte zerbrachen zu Lauten und Silben, die sein Verstand nicht mehr zu deuten imstande war. Etwas Dunkles, Warmes und unglaublich Mächtiges begann Besitz von seinen Gedanken zu ergreifen. Sein Dunkler Bruder oder der Tod; vielleicht beides. Yar-gan packte ihn unsanft bei der Schulter und schüttelte ihn so brutal, daß Skars Kopf zurückflog und gegen das Eis prallte. Der Schmerz erschien ihm unwirklich, und die Dunkelheit hinter seiner Stirn wurde tiefer. Er schmeckte Blut. Yar-gan schüttelte ihn noch heftiger, riß ihn schließlich grob zu sich heran und preßte seine Hand auf Skars Augen. Die Berührung tat weh. Dünne, flammende Linien aus rotem Schmerz fraßen sich durch seine Lider und zuckten wie glühende Dolche in seinen Schädel; er versuchte, Yar-gans Hand abzustreifen, aber der Griff des Sumpfmannes war eisern und verstärkte sich eher noch. Skar stöhnte.
    »»Verdammt, Skar, reiß dich zusammen!«
    Diesmal verstand er die Worte. Die Dunkelheit wich zurück, aber nicht weit genug, floh nicht, sondern sammelte nur Kraft für einen neuen Ansturm. Er bewegte sich, krallte die Hand in Yar-gans Mantel und versuchte, den Sumpfmann zurückzustoßen. Yar-gan knurrte wütend, schlug seine Hand zur Seite und versetzte ihm einen schallenden Schlag ins Gesicht. Skar taumelte gegen die Wand, rutschte kraftlos zu Boden und stöhnte erneut, als Yar-gan ihn grob auf die Füße riß und erneut ohrfeigte.
    »Laß... mich«, murmelte er schwach.
    »Ich denke nicht daran«, zischte der Sumpfmann. »Du wirst jetzt nicht aufgeben, Skar. Wir gehen weiter, und wenn ich dich dort hindurchprügeln muß!« Er drehte Skar wie eine willenlose Puppe herum, versetzte ihm einen Stoß in den Rücken, der ihn auf den Durchgang zutaumeln ließ, und fing ihn auf, als er zu stürzen drohte. Der Griff der Dunkelheit um Skars Gedanken lockerte sich, aber er fühlte sich noch immer wie in einem Traum, seine Umgebung erschien schemenhaft und unwirklich, er war nur müde. Er stolperte, fiel auf Hände und Knie und schluckte einen Schmerzenslaut hinunter. Die Welt vor seinen Augen begann sich rot zu färben.
    Yar-gan kniete mit einem gemurmelten Fluch neben ihm nieder, riß ihn herum und legte die Hand — wie schon zuvor, aber weniger heftig, so daß die Berührung nur noch unangenehm und nicht mehr qualvoll war — auf seine Augen. Diesmal ließ es Skar geschehen, ohne sich zu wehren.
    Einen Moment lang geschah nichts, dann fühlte er wieder eine Welle der Wärme und Entspannung in sich aufsteigen, beinahe so stark und mächtig wie die Woge der Dunkelheit zuvor, anders als sie, nicht lockend und tödlich.
    Yar-gan blieb fast eine Minute neben ihm hocken, preßte Daumen und Mittelfinger auf seine geschlossenen Lider und murmelte in seiner Muttersprache vor sich hin, ehe er die Hand herunternahm. Skar atmete hörbar ein, versuchte vorsichtig die Augen aufzuschlagen und blinzelte ein paarmal. Er sah tanzende farbige Ringe und Kreise, aber es waren nur die Folgen des Druckes, den der Sumpfmann auf seine Augäpfel ausgeübt hatte, nicht mehr die Vorboten des Todes.
    »Geht es wieder?«
    Skar nickte. »Ja. Ich...« Er schüttelte den Kopf, schlug die Hände vor das Gesicht und betastete vorsichtig seine Wangenknochen. Yar-gans Griff war fest wie der einer stählernen Klaue gewesen. »Danke«, murmelte er. »Ich glaube, du hast mir gerade das Leben gerettet. Was hast du getan?«
    »Dazu bin ich schließlich da«, sagte Yar-gan, ohne auf seine Frage einzugehen. »Kannst du

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