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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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stach mit dem Zeigefinger wie mit einem Dolch in Dels Richtung- »verlangt allen Ernstes von mir, daß ich beidrehe und dort hinübersegle. Bring ihn zur Räson, oder ich vergesse mich!«
    Del grunzte trotzig und verschränkte die Arme vor der Brust. Hätte er dabei nicht vor Kälte gezittert, würde es vielleicht sogar beeindruk-kend gewirkt haben.
    »Ich weiß«, sagte Skar rasch, bevor Del antworten und vielleicht noch Öl ins Feuer gießen konnte, »du bist der Seemann, Rayan. Trotzdem glaube ich nicht, daß wir dem Dronte noch lange davonlaufen können.« Er wies, das Fernglas als Zeigestock haltend, über die Köpfe der Matrosen hinweg nach Westen. Die Entfernung zwischen dem Dronte und der SHAROKAAN war sichtlich geschrumpft. Das hatte er schon vorhin bemerkt. Aber er sah jetzt erst, wie sehr. Der schwarze Schatten tauchte jetzt nicht mehr unter den Horizont, sondern blieb, abwechselnd größer und kleiner werdend, sichtbar. Es sah aus, als führe der schwarze Dämon einen Tanz auf den Wellen auf, um sie damit zu verhöhnen. Sie mußten während der Nacht noch mehr von ihrem Vorsprung verloren haben.
    Rayan grunzte, stemmte die Arme in die Hüften und starrte ihn feindselig an. »Wenn ich jetzt den Kurs ändere und diesen verdammten Eisberg ansteuere, kann ich genausogut die Segel streichen und hier auf den Dronte warten«, schrie er aufgebracht. »Du kennst diese verdammten schwimmenden Eisinseln nicht, Skar...«
    »Aber du, wie?« höhnte Del. Rayan ignorierte ihn.
    »Ich habe genug über sie gehört«, fuhr er wütend fort. »Sie sind teuflisch. Das, was du da siehst, ist nur ein kleiner Teil — die Hauptmasse liegt unter der Wasseroberfläche verborgen. Komm ihnen zu nahe, und du wirst aufgeschlitzt, schneller, als du ein Stoßgebet zu deinen Ahnen geschickt hast.« Er hob die linke Hand, legte die Finger zu einer Imitation eines Schiffsmmpfes zusammen und schlug mit der Faust hinein. »Nein!« Er schüttelte wütend den Kopf. »In Küstennähe würde ich es riskieren. Gib mir Festland, und ich manövriere diesen schwarzen Aasgeier aus, daß ihm die Augen aus seinem Schädel fallen. Aber das da ist Selbstmord!«
    Del schnaubte erregt. »Der Kerl hat doch nur Angst um sein kostbares Schiff«, bemerkte er bissig. Er fuhr herum, trat an die Reling heran und starrte die weiße Linie über dem Horizont an. »Was glaubt er, wie lange er ihnen noch davonsegeln kann?« fragte er, ohne Rayan dabei anzusehen. Skar schluckte einen Fluch herunter und warf ihm einen beinahe flehenden Blick zu. Del sprach absichtlich in der dritten Person von Rayan, um ihn zu beleidigen und noch mehr zu reizen. »Wahrscheinlich laden sie bereits die Katapulte. Wäre er vor drei Tagen nicht zu feige gewesen, sich zum Kampf zu stellen, dann wären wir jetzt nicht in dieser Lage. Sie werden uns noch vor Sonnenuntergang einholen.«
    Einer der beiden Veden hinter Rayan spannte sich. Seine Hand glitt zum Gürtel und legte sich um den Griff des wuchtigen Breitschwertes, aber Rayan hielt ihn mit einer raschen Bewegung zurück. »Vielleicht«, antwortete er gelassen. »Aber ich bin bereit, dieses Risiko einzugehen.«
    Del wandte sich wieder um und funkelte wütend auf den zwei Köpfe kleineren Freisegler herunter. »Du vielleicht«, zischte er, »aber ich nicht.«
    »Noch bin ich der Kapitän der SHAROKAAN«, antwortete Rayan eisig. »Und noch entscheide ich, was wir tun. Wir haben noch viele Stunden, in denen sich eine Möglichkeit ergeben kann, ihn abzuschütteln. Land. Eine Insel. Was weiß ich.«
    Skar zog das Fernrohr auseinander und setzte es an. Es war ein wirklich gutes Glas — die dünne weiße Linie wuchs mit einem Mal zu einer mächtigen glitzernden Mauer heran, scheinbar nur wenige Steinwürfe entfernt. Rayan und Del stritten sich weiter, aber er achtete nicht mehr darauf. Del war trotz allem klug genug, seine Grenzen zu kennen und es nicht auf eine offene Konfrontation ankommen zu lassen. Minutenlang stand Skar reglos da, schwenkte das Glas von rechts nach links und wieder zurück und betrachtete die schimmernde Barriere vor dem Horizont. Sein Mut sank, als er erkannte, wie recht Rayan mit seiner Prophezeiung hatte. Das Eis bildete eine mächtige gläserne Wand, die hundertfünfzig, zweihundert Fuß oder mehr senkrecht aus dem Meer emporwuchs, als hätte ein zorniger Gott hier eine endgültige Sperre errichtet, um ihrem Vordringen ein Ende zu setzen. Das Wasser an ihrem Fuß war von trügerischer Ruhe, aber an vielen Stellen

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