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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einen Kampf auf offener See einzulassen«, brummte Rayan, krauste aber trotzdem zweifelnd die Stirn und begann mit seinem Dolch zu spielen. Allen waren ihre Waffen zurückgegeben worden, bevor sie in den Kanal einliefen, und Skar mußte, wenn auch widerwillig, zugeben, wie gut Rayan sein Schiff gegen einen Überfall gewappnet hatte. Die scheinbar harmlosen Matrosen waren in bis an die Zähne bewaffnete Krieger verwandelt.
    »Ich hoffe, die Götter sind uns gnädig«, murmelte Rayan.
    Skar schwieg dazu. Normalerweise lächelte er über derartige Bemerkungen — er hing keiner der drei großen und unzähligen kleinen Religionen Enwors an und verleugnete im Gegenteil alles, was mit Götter- und Dämonenglauben zusammenhing, aber in ihrer jetzigen Situation erschienen ihm Rayans Worte seltsam passend. Wäre er selbst religiös gewesen, dann hätte er jetzt gebetet. Manchmal tat es ihm fast leid, daß er es nicht konnte.
    Nebeneinander gingen sie zum Bug. Die SHAROKAAN hatte das Ende des Kanals jetzt fast erreicht. Die schmale Wasserstraße, auf der sich das Schiff bewegte, verbreiterte sich vor ihnen zu einem runden, sicher eine Meile oder mehr durchmessenden See, der sich wie ein gewaltiger blauer Spiegel vor ihnen ausbreitete. Die Wände stiegen an drei Seiten senkrecht in die Höhe und gaben Skar das Gefühl, sich in einem riesigen wassergefüllten Krater zu befinden. Nur an Backbord gab es eine Stelle, die man mit sehr viel gutem Willen als Strand bezeichnen konnte. Das Wasser schwappte dort gegen eine glatte, steil emporsteigende Rampe, deren oberes Ende vom Fuße einer zerklüfteten Eislandschaft gebildet wurde, die sich kraß von den wie poliert wirkenden weißen Mauern ringsum unterschied. Ein geschickter und entsprechend ausgerüsteter Kletterer konnte dort den Aufstieg bewältigen, dachte Skar. Wenigstens saßen sie nicht vollkommen in der Falle, wenn der Dronte den Kanal allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz überwand. »Perfekt«, lobte er. »Besser konnten wir es uns kaum wünschen.
    Wenn ich einen Ort wie diesen hätte entwerfen sollen, dann hätte er genauso ausgesehen.«
    »Ich hoffe, daß der Kapitän des Dronte nicht dasselbe denkt«, knurrte Rayan. Dann drehte er sich abrupt um und begann Kommandos zu brüllen. Eine hektische Aktivität breitete sich über dem Schiff aus. Stangen und Enterhaken wurden eingezogen, Matrosen turnten mit schnellen, geübten Bewegungen in der Takelage empor und nahmen ihre Plätze ein, und die zwei Dutzend gewaltigen Ruder, die bisher einen eisüberzogenen Zaun beiderseits der Reling gebildet hatten, klatschten gleichzeitig ins Wasser. Das Schiff bebte und erzitterte einen Moment und setzte sich dann wie ein großes, schwerfälliges Tier in Bewegung. Der stumpfe Bug teilte rauschend das Wasser und schwenkte langsam herum. Eine sanfte Wellenbewegung pflanzte sich über den See hinweg fort und zerbrach an den Eiswänden. Der blaue Spiegel zerbarst in ein Mosaik blitzender Scherben.
    Skar beobachtete das Treiben an Bord mit wachsender Ungeduld.
    Nach Tagen untätigen Abwartens brannte es ihm in den Fingern, endlich eine Entscheidung herbeizuführen. Nicht, daß er sich auf den Kampf freute. Sie hatten alle Trümpfe in der Hand, aber der Dronte war ein Gegner, der immer für eine Überraschung gut war, und im stillen hoffe Skar sogar darauf, daß der Pirat die Falle erkennen und sich auf eine Belagerung einlassen würde, die er früher oder später aufgeben mußte. Die Kälte würde ihnen auch hier drinnen zu schaffen machen, aber die zweihundert Fuß hohen Eismauern gaben ihnen wenigstens Schutz vor dem Wind und der unbändigen Kraft des Ozeans, während sich der Dronte draußen mit dem Sturm und anderen Naturgewalten herumschlagen mußte; Gegnern, denen nicht einmal er auf Dauer gewachsen war. Aber irgend etwas sagte ihm, daß es trotzdem zum Kampf kommen würde. Ein Dronte weicht nie wieder von einer einmal aufgenommenen Spur ab, klangen Rayans Worte in ihm nach.
    Es gibt kein Entkommen und kein Unentschieden.
    Das Schiff hatte die Mitte des Sees erreicht und begann sich zu drehen, bis es quer zur Fahrrinne lag. Rayan feuerte die Männer an den Rudern mit zornigem Gebrüll an und beschleunigte ihren Takt. Die SHAROKAAN bewegte sich wie ein störrischer Esel rückwärts und glitt gemächlich an die Eiswand neben dem Kanal heran. Für jeden, der gleich ihnen die schmale Wasserstraße befuhr, war das Schiffjetzt nicht mehr zu sehen. Aber es war da, ein vielleicht plump

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