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Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter

Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter

Titel: Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Grunde nichts als ein elender Feigling, Satai. Und vielleicht ist das auch der einzige Grund deiner Stärke. Du hast immer andere deine Entscheidungen treffen lassen, ist es nicht so? Du hast niemals gesagt, was zu tun ist. Und du hast immer andere den Preis zahlen lassen, wenn du einen Fehler begangen hast. Aber diesmal geht das nicht mehr!«
    Er humpelte auf Skar zu, packte ihn mit seiner dünnen Grei-senhand bei der Schulter und schüttelte ihn so lange, bis Skar seinen Arm mit einer wütenden Bewegung beiseite fegte.
    »Du redest irre, alter Mann!« sagte er aufgebracht.
    »So?« keifte Drask. »Tue ich das? Dann sag mir, wann du jemals für das bezahlt hast, was geschehen ist! Alle sind tot — Vela, Kiina, die Sumpfleute, Del, Herger, selbst die Freisegler, die das Pech hatten, ihr Schiff an dich zu vermieten. Du lebst. Du lebst, weil du es immer verstanden hast, anderen die Verantwortung für dein Tun zuzuschieben, so geschickt, daß du es nicht einmal selbst gemerkt hast. Aber das geht jetzt nicht mehr, Satai! Du bist der Vater dieses Kindes, und du bist der einzige, der es töten kann! Der einzige, verstehst du?« Er schüttelte die Faust vor Skars Gesicht.
    »Aber das... das ist nicht wahr!« keuchte Skar. Drasks Worte trafen ihn wie Peitschenhiebe. Etwas in ihm krümmte sich wie ein getretener Wurm. Eisiges Entsetzen griff nach seiner Seele und lähmte ihn. »Das ist nicht wahr!« wiederholte er. »Du —«
    »Es ist wahr!« schrie Drask. »Und du weißt es! Aber leugne es ruhig. Meinetwegen geh. Geh!« Er versetzte Skar einen Stoß mit der flachen Hand und deutete wütend zur Tür. »Geh, Satai! Nimm dir ein Pferd und reite fort! Ich werde dich nicht aufhalten! Reite so weit, wie du kannst. Wer weiß, vielleicht entkommst du auch diesmal wieder. Vielleicht findest du eine Ecke, in der dich nicht einmal die Quorrl aufspüren. Steige von mir aus auf den höchsten Berg Enwors und sieh zu, wie sie unsere Welt in Schutt und Asche legen. Aber mach nicht mich dafür verantwortlich!«
    »Du lügst!« wimmerte Skar. Es war nicht wahr! Es durfte nicht wahr sein. Vela, Kiina, Del — es war nicht seine Schuld! »Du lügst, alter Mann! Du hast selbst gesagt, daß du es warst, der —« »Nichts habe ich«, fauchte Drask. »Gar nichts. Ich zwinge dich nur, dich zu entscheiden, das ist alles. Enwor wird untergehen, ob ich ihnen nun den Weg zu deinem Teufelskind zeige oder nicht! Wir haben nur noch eine Chance, und das bist du!«
    Skar schlug ihn nieder. Seine Faust traf Drask im Gesicht, dicht unter dem linken Auge, ließ die dünne Haut aufplatzen und Blut über seine faltigen Züge rinnen. Drask torkelte mit einem spitzen Schrei zurück, prallte gegen die Tischkante und sank mit einem gepeinigten Wimmern zu Boden, Bruchteile von Sekunden, bevor Skar aus dem Zimmer stürmte und die Tür hinter sich zuwarf.

S kars Zorn verrauchte beinahe so schnell, wie er aufgeflammt war. Er war niemals jähzornig oder gar cholerisch gewesen, und sein plötzlicher Ausbruch entsprang wohl eher der Bestürzung, mit der ihn Drasks Worte erfüllt hatten, als irgend etwas anderem. Er war die Treppe hinuntergestürmt, wobei er beinahe einen von Drasks Dienstboten über den Haufen gerannt hätte, hinaus aus dem Turm und quer über den Hof, aber der Sturm von Gefühlen, der ihn fast blind gemacht hatte, legte sich bereits wieder. Als er den Gebäudetrakt betrat, in dem seine eigene Kammer lag, war die Wut verraucht, die ihn dazu getrieben hatte, Drask zu schlagen.
    Zurück blieb nichts als Leere.
    Er fühlte sich schlecht, auch und ganz konkret körperlich schlecht. Der Gedanke an das, was er getan hatte, erfüllte ihn mit Übelkeit. Gott, er hatte diesen schwachen alten Mann geschlagen, der doch nichts anderes getan hatte, als um das Fortbestehen seiner Welt zu kämpfen, und auch das Wissen, daß Drask es sich letzten Endes wohl selbst zuzuschreiben hatte, änderte daran nichts. Es war wahrlich keine Heldentat, einen alten Mann zu verprügeln, dessen einzige Waffe
Worte
waren — die er allerdings meisterhaft beherrschte. Als er die Treppe zu seinem Gelaß hinaufging, war er fast versucht, kehrtzumachen und zu Drask zurückzugehen, um ihn um Verzeihung zu bitten. Aber nur fast.
    Sein Zimmer war still und dunkel, als er die Tür aufstieß, denn der Diener, der ihn abgeholt hatte, hatte das Licht hinter ihm gelöscht, und die Kammer lag in einem der ruhigsten Teile der gewaltigen Burganlage.
    Trotzdem spürte er, daß jemand da

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