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Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter

Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter

Titel: Enwor 6 - Die Rückkehr der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war.
    Skar blieb wie versteinert stehen. Er hörte nichts, er sah nichts
    - der Raum hinter der Tür war wie ein schwarzes Loch, das in die Wirklichkeit gestanzt worden war- aber er fühlte die Anwesenheit von...
etwas.
    Sein überreizter Geist ließ Visionen von kleinen schwarzen Dingen vor seinen Augen entstehen, das Bild von etwas Dunklem, Glänzendem, das sich wie eine gelähmte schwarze Spinne über den Boden auf ihn zuschlängelte... Er lauschte, hörte noch immer nicht den mindesten Laut und trat vorsichtig einen halben Schritt in den Raum hinein. Jeder Nerv in ihm war bis zum Zerreißen angespannt. Ganz langsam hob er die Arme und ballte die Hände zu Fäusten, spannte sich, verlagerte fast unmerklich sein Körpergewicht, um —»Skar?«
    Die Stimme war so dicht neben ihm, daß er instinktiv herumfuhr und zum Schlag ausholte.
    Erst im allerletzten Moment sah er, wer neben ihm stand, und erst in diesem Augenblick erkannte er die Stimme. Erschrocken fuhr er zusammen, wich ein winziges Stück zurück und entspannte sich.
    »Syrr!« sagte er. »Was zum Teufel tust du hier?« Plötzlich begriff er, daß er sie um ein Haar getötet hätte. Eine Sekunde später, und...
    »Bist du von Sinnen?!« fuhr er fort, viel lauter und schärfer und voller Zorn. »Fast hätte ich dich erschlagen!«
    Der Schatten, der Syrr war, bewegte sich, trat in das blasse Dreieck aus Licht, das durch die Tür hereinfiel, und nun erkannte er auch ihr Gesicht. Sie war bleich, und ihre Augen waren groß und erschrocken und dunkel vor Furcht. Aber es waren nicht seine Worte, die sie so entsetzt hatten. Die Gefahr, in die sie sich selbst gebracht hatte, schien sie gar nicht bemerkt zu haben. »Was tust du hier?« wiederholte er.
    »Ich... wollte dich sehen«, stammelte Syrr. »Ich muß... mit dir sprechen.«
    Skar blickte sie einen Moment mit einer Mischung aus Erleichterung und Zorn an, dann schloß er die Tür, tastete sich im Dunkeln dorthin, wo er die Lampe wußte, und suchte mit fahrigen Bewegungen nach den Feuersteinen. Eine der kleinen harten Kugeln entglitt ihm und hüpfte mit einem sonderbar lang nachhallenden
Klick-Klack
in die Dunkelheit davon. Skar fluchte, ging in die Hocke und tastete blind mit den Händen über den Boden. »Warte«, sagte Syrr. »Ich habe einen anderen. Hier.« Er spürte, wie sie sich dicht vor ihm bewegte, stand auf und ertastete ihre Hand, als er den Arm ausstreckte. Unwillig entriß er ihr den Feuerstein, tastete mit der anderen Hand nach der Öllampe und ließ Funken gegen den Docht springen, bis eine kleine gelbe Flamme hochzüngelte und rasch größer wurde. Erst dann drehte er sich wieder zu Syrr um.
    »Was willst du hier?« fragte er ungehalten. »Hat Drask dich geschickt?« Er sah, wie sie unter seinen Worten zusammenfuhr, und seine eigene Grobheit tat ihm schon wieder leid. Aber er entschuldigte sich nicht.
    »Nein«, antwortete Syrr. »Das heißt... er hat mich nicht geschickt, aber ich bin seinetwegen hier. Auch wenn er nichts davon weiß.«
    »Aha«, sagte Skar. »Und was bedeutet das?«
    »Ich... wollte dich einfach sehen, Skar«, sagte Syrr leise.
    »Drask war bei mir und hat gesagt, daß du fortgehen würdest, heute oder morgen, und... und er...« Sie brach ab, kämpfte in einem letzten Rest von Beherrschung die Tränen zurück, die plötzlich ihre Augen füllten, und machte Anstalten, auf ihn zuzutreten, verharrte aber mitten in der Bewegung, als sie seinem Blick begegnete. Die Lampe begann jetzt stärker zu brennen, und Skar sah, daß er sich nicht getäuscht hatte: Auf ihren Zügen lag ein Ausdruck von Furcht, die nichts mit seiner übersteigerten Reaktion zu tun hatte. Sie hatte Angst, beinahe panische Angst. Aber wovor?
    Plötzlich spürte er eine heftige Woge von Mitleid, und das Schuldgefühl, das er bisher Drask gegenüber gehabt hatte, empfand er nun für Syrr. Selbst wenn es Drask gewesen war, der sie geschickt hatte — woran Skar keinen Augenblick zweifelte — war es nicht ihre Schuld. Er hatte so lange und so oft kämpfen müssen, daß er manchmal vergaß, daß das Leben nicht nur aus Flucht und Töten oder Getötet werden bestand. Syrr war noch ein halbes Kind, auch wenn sie gelernt hatte, sich wie eine Erwachsene zu benehmen, allein um zu überleben.
    Er lächelte milde, trat einen Schritt auf sie zu und blieb plötzlich wieder stehen. Der Lampendocht brannte jetzt zur Gänze; trotzdem war es noch immer sehr dunkel in der Kammer. Die Schatten umlagerten ihn und Syrr wie lautlose

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