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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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er es getan hatte. Zudem hatte sich das Heer geteilt, denn die Quorrl waren noch weiter zurückgefallen, was in ihrem Falle aber wohl eher an ihrem Gewicht und ihrer Klobigkeit lag, die sie ein Pferd schon in normalem Gelände kaum halb so schnell reiten ließen wie ein Mensch. Er suchte nach Del, aber er fand ihn nicht. Seltsamerweise verspürte er nicht einmal mehr wirkliche Enttäuschung. Der Moment, in dem sie Seite an Seite in einen Kampf vorwärts stürmten, würde nicht mehr kommen. Er war ein Kindertraum, und sie waren beide keine Kinder mehr.
    Er wandte sich wieder um und sah nach vorne. Die Sonne war im Laufe der letzten halben Stunde auch über die Berge geklettert, und ihre schräg einfallenden Strahlen ließen die Schneedecke über der Ebene in blendendem Weiß aufleuchten, so daß er im ersten Moment fast geblendet war. Aber dann erblickte er sie —ein Stück weiter nördlich und eine gute Meile näher, als er erwartet hatte: der riesige grüne Drache und die drei kleineren grauen Verfolger, die sich in fast irrwitzigem Tempo den Bergen näherten. Der Reiter auf dem flüchtenden Drachen mußte wahnsinnig sein, dachte Skar, oder schlichtweg blind vor Angst. Drachen waren unglaublich schnelle Läufer, aber miserable Kletterer. Spätestens am Fuße des Steilhanges wäre seine Flucht so oder so zu Ende gewesen.
    Aber er bezweifelte ohnehin, daß er ihn noch erreichte. Der Abstand zwischen den drei Panzerechsen und dem grünen Läufer schmolz jetzt zusehends, und die beiden Daktylen stießen immer öfter auf den Fliehenden herab. Skar erkannte nun, daß auch auf dem Rücken des zweiten Drachenvogels ein Reiter saß; groß und dunkel und irgendwie mißgestaltet, ohne daß er genau sagen konnte, was es war, das an seiner Erscheinung einfach nicht stimmte.
    Er kam auch nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, denn in diesem Augenblick entdeckte ihn der Reiter der zweiten Dak-tyle — und Skar sah, wie er sein bizarres Reittier mit unglaublicher Schnelligkeit herumzerrte und die Daktyle erschrocken die Schwingen ausbreitete; eine fünfzehn Meter messende Pfeilspitze aus Lederhaut und Knochen, die mit einem wütenden Schrei auf ihn herabstieß. Etwas blitzte in der Hand des Drachenreiters auf, und obwohl Skar nicht erkennen konnte, was es war, reagierte er ganz instinktiv, und ganz instinktiv richtig. Mit einem Ruck, der sein Pferd vor Schmerz und Schrecken aufschreien ließ, riß er das Tier in vollem Galopp herum und zur Seite, eine Sekunde, bevor neben ihm eine grelle Lichtnadel in den Boden stach und unter dem Schnee einen Vulkan zur Explosion brachte. Eine weißorangene Feuersäule, nicht dicker als sein Oberschenkel, aber zwanzig Meter hoch und heiß wie die Hölle, versengte den Schnee und schleuderte geschmolzenes Gestein und Flammen in den Himmel. Die Hitze streifte Skar wie eine glühende Hand. Sein Pferd kreischte vor Schmerz und stolperte, stürzte aber nicht, sondern fand im letzten Moment wieder Tritt und raste wie von Furien gehetzt weiter. Einen Augenblick später strich ein ungeheuerlicher Schatten über ihn hinweg, so dicht, daß er den scharfen Reptiliengeruch des Drachen spürte. Skar duckte sich ganz automatisch tiefer über den Hals des Pferdes. Wahrscheinlich war es diese Bewegung, die das Tier endgültig aus dem Gleichgewicht brachte. Es strauchelte, versuchte mit einem fast grotesken Hüpfer noch einmal auf die Beine zu kommen und stürzte vornüber. Skar wurde aus dem Sattel geschleudert; der Himmel und die weiße Ebene überschlugen sich drei-, vier-, fünfmal vor seinen Augen, ehe er selbst aufprallte und mit einem erstaunlich weichen Ruck zum Liegen kam.
    Als er sich aufrichtete, waren die Drachen fast heran. Sie waren jetzt nahe genug, daß er das grüne Tier identifizieren konnte —einen Koloß von dreifacher Mannsgröße, der entfernt den schlanken Laufechsen ähnelte, die er bei seinem ersten Besuch in Elay kennengelernt hatte, nur daß er mehr als doppelt so gewaltig war. Mit seinen übergroßen, ungeheuer starken Hinterbeinen und dem lächerlich kleinen, runden Kopf, der auf einem meterlangen Schlangenhals pendelte, erinnerte er fast an einen Strauß, nur daß sein Leib von handgroßen grünen Schuppen bedeckt war und er keine Flügel hatte, dafür aber einen Schwanz, der fast so lang war wie sein ganzer Körper, und den er im Rennen steil erhoben hatte, um das Gleichgewicht zu halten. In seinem Nacken, die Beine hinter den winzigen Vorderärmchen des Drachen verhakt, saß

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