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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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eine Gestalt in einem erdbraunen Mantel. Skar konnte nur erkennen, daß es eine Frau war, deren langes blondes Haar von einem dünnen Stirnband zurückgehalten wurde, und daß sie von sehr schlankem, fast kindlichem Wuchs sein mußte. Er sprang auf, zog sein Schwert (angesichts des heranrasenden Berges aus Fleisch und Panzerplatten kam er sich dabei selbst fast lächerlich vor) und opferte eine weitere Sekunde dazu, auch die drei anderen Tiere genauer in Augenschein zu nehmen. Es waren Drachen von einer Art, wie er sie niemals zuvor gesehen hatte — sehr viel kleiner als die Rennechse, aber ungeheuer massig, und von schwer zu definierender Form: Ihre grauen Panzerplatten waren zu klumpigen Stachelgebilden verwachsen, zwischen denen die Gestalten ihrer Reiter wie aufgespießte Riesenkäfer aussahen. Ihr Laufen hatte nichts mit dem eleganten Gleiten der Rennechse gemein. Sie wirkten wie lebende Mauerrammen, die einfach alles niederwalzten, was sich ihnen in den Weg stellte. Über ihm erscholl ein krächzender Schrei, und der Laut riß ihn abrupt in die Wirklichkeit zurück. Er sah hoch, auf eine weitere Attacke gefaßt, aber diesmal war nicht er das Ziel des Angriffes. Die beiden Daktylen hatten sich geteilt — das Tier, das ihn gerade angegriffen hatte, schwenkte in einem engen Bogen herum und setzte zu einem neuen Sturzflug an, während der zweite Drachenvogel mit reglos ausgebreiteten Schwingen, aber sehr schnell, Dels Satai entgegenschoß. Hinter seinem häßlichen Hammerkopf blitzte es weiß und blendend auf, und ein dünnes Band aus Licht spannte sich für Sekundenbruchteile zwischen der Hand seines Reiters und einem Punkt irgendwo in dem heransprengenden Heer.
    Er rannte los. Hinter ihm mischte sich orangeroter Feuerschein in das klare Licht des Morgens, und plötzlich übertönte ein ungeheures Dröhnen und Bersten das dumpfe Stakkato der Hufschläge; dann Schmerzens- und Angstschreie und der dumpfe Aufprall stürzender Körper. Skar widerstand der Versuchung, sich noch einmal umzusehen, und jagte im Zickzack auf die Laufechse zu. Auch die zweite Daktyle schoß jetzt wieder heran, aber Skar vermutete, daß er kein gutes Ziel bot: Er bewegte sich schnell und auf einem unberechenbaren Kurs, und Scanner waren zwar fürchterliche Waffen, aber schwer zu handhaben; vor allem vom Rücken eines bockenden Flugdrachen herab.
    Der Abstand zwischen ihm und dem heranstampfenden Drachen schmolz jetzt rasend schnell, auch wenn das Tier viel von seiner natürlichen Eleganz verloren hatte; aus seinen federnden Sprüngen war ein ungeschicktes Hoppeln geworden, und bei jedem zweiten oder dritten Schritt taumelte es vor Erschöpfung.
    Seine Reiterin hatte Mühe, sich noch in seinem Nacken zu halten. Skar lief schneller, riß sein Schwert in die Höhe und begann hektisch damit zu winken. »Hierher!« schrie er mit vollem Stimmaufwand. »Zu mir!«
    Er bezweifelte, daß die
Errish
seine Worte überhaupt hörte, denn das Stampfen der Drachen auf der einen und der fast zweihundert Pferde auf der anderen Seite war mittlerweile zu einem wahren Orkan aus Lärm angeschwollen; aber sie schien seine Bewegung zu bemerken. Ihr Kopf ruckte herum, und für einen Moment durchfuhr Skar ein eisiger Schrecken, als er erkannte, wie jung sie war.
Großer Gott!
dachte er.
Das ist ein Kind!
Das Mädchen war sechzehn, allerhöchstens achtzehn Jahre alt.
    Im Nacken der riesigen Echse sah sie aus wie ein lebendiges Spielzeug.
    »Hierher!« schrie er noch einmal. »Zu den Reitern! Sie helfen dir!« Gleichzeitig schlug er einen Haken nach rechts, hetzte mit weit ausgreifenden Schritten an der Laufechse vorbei und direkt auf den ersten Verfolger zu. Etwas in ihm übernahm die Kontrolle über sein Handeln, ohne daß es seines bewußten Zutuns bedurfte. Die Drachen waren nicht einmal die schlimmste Gefahr
    - trotz ihrer Größe waren sie plump und schwerfällig, nicht annähernd so wendig wie ein Reiter oder gar ein Mann zu Fuß.
    Die Gefahr waren die Reiter, die auf ihren stacheligen Rücken saßen. Wenn sie mit denselben fürchterlichen Waffen ausgerüstet waren wie die Männer auf den Daktylen, konnte der nächste Schritt sein letzter sein ...
    Der vorderste Drache walzte wie ein lebender Berg aus Stacheln und Panzerplatten auf ihn zu. Unter seinen gewaltigen Elefantenfüßen stob der Schnee in einer unablässigen Folge staubiger Explosionen in die Höhe, und Skar fühlte trotz der Entfernung den Boden unter seinen Füßen erzittern. Er versuchte, die

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