Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Distanz abzuschätzen, die noch zwischen ihm und dem Ungeheuer lag, und die Zeit, die sie beide brauchten, um sie zu überwinden. Gleichzeitig sah er aus den Augenwinkeln, wie sich Dels Heer hinter ihm in Dutzende unterschiedlich großer Gruppen aufteilte, ein scheinbares Chaos, das trotzdem einem geordneten Plan folgte: Die Reiter bildeten eine gewaltige, doppelte Zange, die sich um die angreifenden Drachen schloß und gleichzeitig ihr Opfer von ihnen abschnitt. Vom Rücken der beiden Daktylen zuckten noch immer dünne weiße Fäden aus Licht herab, aber sie trafen jetzt kaum noch; es war ein Unterschied, blindlings in eine große Reitertruppe hineinzuhalten oder einen einzelnen, sich schnell bewegenden Mann zu treffen.
    Dann war der Drache heran, zehnmal schneller, als er geglaubt hatte, und plötzlich kam er Skar gar nicht mehr klein und plump vor, sondern gigantisch, ein fünf Tonnen schwerer Koloß, der sich mit der Unaufhaltsamkeit einer Lawine heranwälzte und die Welt vor ihm von einem Ende zum anderen auszufüllen schien. Seine kleinen, pupillenlosen Augen musterten Skar voller stummer Wut, und darunter, absurd dicht darunter und absurd groß, klaffe plötzlich ein dunkelroter Schlitz in den Gewächsen aus Horn und Panzerplatten, in dem zwei Reihen gewaltiger Reißzähne blitzten. Skar begriff beinahe zu spät, daß dieses Ungeheuer kein stumpfsinniges Monster war, das nichts anderes konnte als Laufen und Niedertrampeln, sondern eine Bestie, die mindestens so intelligent wie ihre größeren Verwandten war, aber zehnmal so boshaft.
    Im letzten Moment hechtete er zur Seite, überschlug sich zwei-, dreimal hintereinander im Schnee und verbarg den Kopf zwischen den Armen, als der Drache vorüberstampfte. Ein horngepanzerter Gigantenfuß krachte neben ihm in den Schnee, nicht durch Zufall oder im rasenden Rhythmus der Schritte, sondern in einem gezielten Tritt, mit dem ihn das Monster zermalmen wollte wie ein lästiges Insekt. Er fuhr hoch und herum, sah den stacheligen Schwanz der Drachenbestie auf sich zupfeifen — einen Schwanz, der halb so dicht wie deren eigener Körper mit halbmeterlangen hornigen Dornen bewachsen war —, brachte sich mit einem verzweifelten Hechtsprung in Sicherheit und sprang abermals hoch. Weniger als einen Meter hinter ihm spritzten Schnee und Erdreich unter dem Hieb dieser lebendigen Keule auseinander, aber für eine Sekunde hatte er Luft, denn das Ungeheuer rannte, vom Schwung seiner eigenen Masse einfach vorwärtsgerissen, noch ein gutes Stück weiter, ehe es seine fünf Tonnen Körpergewicht in eine Drehung zwang. Wie eine blitzartige Vision aus einem Alptraum sah er ein halbes Dutzend Quorrl-Krieger vorüberpreschen, die mit angelegten Lanzen auf einen zweiten Drachen zurasten.
    Skar wartete nicht, bis das Ungeheuer die Wendung vollendet hatte und wieder heranstampfte, um dieses Mal vielleicht ein bißchen besser zu zielen. Mit zwei, drei gewaltigen Sätzen hetzte er hinter der Panzerechse her, warf sich mit einem gewaltigen Sprung nach vorne und bekam einen der armlangen Stachelfortsätze zu fassen, die aus seiner Flanke wuchsen. Der Drache brüllte auf wie unter Schmerzen, warf sich zur Seite und wieder zurück und begann schließlich zu bocken wie ein zu groß geratenes Pferd, aber Skar klammerte sich mit aller Macht fest. Er wurde mitgeschleift. Spitze Steine und Dornen unter der Schneedecke zerrissen seine Hose und hinterließen blutige Kratzer in seiner Haut, aber er biß die Zähne zusammen, versuchte sich an der Flanke des tobenden Ungeheuers in die Höhe zu ziehen und betete darum, daß der Drache nicht auf die Idee kam, sich einfach auf die Seite fallen zu lassen und ihn unter sich zu zerquetschen.
    So weit reichte die Intelligenz des Drachen denn doch nicht, aber dafür geschah etwas anderes: Über dem stacheligen Rücken des Ungeheuers erschien der gepanzerte Kopf seines Reiters, und plötzlich stieß eine lange eiserne Stange mit stumpfem Ende nach Skars Händen.
    Der erste Hieb verfehlte ihn, aber er hinterließ einen langen, sehr tiefen Kratzer im eisenharten Horn des Drachenpanzers.
    Eine einzige, nur flüchtige Berührung dieser metallenen Stange mußte ihm einfach die Finger zerquetschen, das begriff Skar, und dann war es um ihn geschehen.
    Er setzte alles auf eine Karte. Als die Stange das zweite Mal auf seine Hand herabstieß, versuchte er nicht, ihr auszuweichen, sondern griff im Gegenteil danach und zerrte mit aller Kraft daran.
    Das Ergebnis überraschte

Weitere Kostenlose Bücher