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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vermocht hätte, jener pseudo-existenz, in der er so viel vergessen hatte, so unendlich viel verloren, daß ihn selbst jetzt noch ein tiefes, fast schmerzhaftes gefühl des Verlustes ergriff, aber auch mitleid. Mitleid mit jenen armseligen geschöpfen aus seinem traum, die jede Sekunde ihrer existenz damit verbrachten, um die illusion zu kämpfen, die sie leben nannten, wenn auch ein leben, das — in seiner art und auf seine einfache unwissende weise — einen eigenen reiz gehabt hatte, wie er jetzt fast widerwillig zugab, ebenso wie die tatsache, daß er, sollte er noch einmal gezwungen sein zu träumen, vielleicht die gleiche art von traum wählen würde. Ein leben voller abenteuer und gefahr, aber auch voller schönheit und liebe. Einem gefühl, das er vorher niemals gekannt hatte und jetzt vermißte und das ihn verwirrte, mehr als es ihm im ersten augenblick erklärbar schien. Denn was bedeutete liebe für ein geschöpf, das weder tod noch geburt, weder werden noch vergehen kannte. Aber das gefühl des verlustes war da, und obwohl es ihm selbst absurd erschien, verging es nicht wie die anderen erinnerungen an seine traum-existenz, sondern wurde im gegenteil stärker, so heftig, daß es schließlich auch die anderen bemerkten und eine woge der beunruhigung durch ihren geist floß. Natürlich auch durch seinen, denn sie waren er, und er war sie, und wie nicht anders zu erwarten, versuchten sie ihn zu beruhigen, sandten beschwichtigende wogen der kraft und ruhe in seinen/ihren geist und erinnerten ihn an seine wirkliche und einzige aufgabe, den einen und einzigen grund, aus dem es sie gab, aus dem es sie immer gegeben hatte und immer geben würde, den grund, aus dem sie erschaffen worden waren, die aufgabe, wächter und waffe in einem zu sein. Schlafend und träumend über millionen jahre, wenn es sein mußte, aber erbarmungslos zuschlagend, wurden sie/er gebraucht, wenn die gefahr bestand, daß die uralte Ordnung gestört würde, von wem auch immer und wie auch immer. Und sie erinnerten ihn daran, wer er war und wie wichtig gerade sein teil in ihrem zusammenspiel. Und es war wie ein zweites und diesmal sehr schmerzhaftes erwachen, als seine erinnerungen endlich in vollem umfang zurückkehrten. Aber mit dem wirklichen wissen um seine rolle in dem ewigen spiel erwachte auch noch etwas anderes in ihm, etwas fremdes, das nicht dagewesen war, bevor er geschlafen hatte, und nicht dasein durfte, sollte nicht die ordnung des universums aus den fugen geraten. Etwas, das ihn bis auf den grund seiner seelenlosen existenz erschütterte, denn er begriff im gleichen augenblick, was es war, und obwohl er selbst es wußte und die anderen ihm zuschrien, daß es gar nicht möglich war, daß nicht sein konnte, was nicht sein durfte, trotz dieses unerschütterlichen wissens in ihm war da gleichzeitig die ebenso unerschütterliche gewißheit, daß ein teil seiner traum-existenz noch immer da war.
    Ein winziger, aber ungeheuerlich starker rest jenes wesens, dessen leben er sich fast ein menschenalter lang erträumt hatte. Und es bäumte sich auf, wuchs wie eine explodierende weißlodernde sonne in ihm empor und drohte ihn zu überwältigen, obwohl er sich mit aller macht dagegenstemmte, den sturm fremdartiger gefühle und empfmdungen zurück in die dimensionen des irrealen zu scheuchen versuchte, aus denen er selbst sie heraufbeschworen hatte, sich mit verzweifelnder anstrengung vor augen hielt, wer er war und wie wichtig seine aufgabe war. Obwohl er all dies tat und auch die anderen schließlich zu hilfe rief, spürte er, wie er den kampf verlor, als jener andere geist in ihm immer stärker und stärker wurde, seinen willen schließlich einfach niederrang wie ein riese ein kind und ihn zwang, wieder in jene entsetzliche nicht-welt hinter den grenzen der wirklichkeit zurückzukehren. Und er spürte in seiner allerletzten Sekunde, daß es allein sein fehler gewesen war, daß er einfach zu lange mensch gewesen war, um jetzt wieder er selbst werden zu können. Es war ein fehler, vor dem ihn niemand gewarnt hatte, weil keiner der anderen sich hatte vorstellen können, daß es möglich war, daß ein traum den träumenden überwinden konnte. Aber es war so, und er stürzte mit einem verzweifelten schrei, der quer durch das Universum hallte, zurück in jene entsetzliche alptraumwelt, und skar fuhr fort, seinen ewigen traum zu träumen —
    -
und erwachte.
    Es war eine völlig andere Art des Erwachens, als er sie je zuvor erlebt hatte —

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