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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und zögerte noch einmal. Ihr Blick wurde fast flehend.
    »Worauf wartest du?« fragte Skar hart.
    Ihre Blicke lieferten sich ein stummes Duell, das er natürlich gewann. Nach Sekunden wandte Kiina abrupt den Kopf zur Seite und streifte gleichzeitig den Mantel ab. Darunter trug sie nur den schwarzen Brustpanzer der Satai; noch dazu einen, der ihr viel zu groß war. Skar sah, daß die dünnen ledernen Riemen tief in ihre Haut einschnitten.
    »Soll ich weitermachen?« fragte Kiina, herausfordernd, ja, fast trotzig, aber ohne ihn anzusehen.
    Alles in ihm schrie danach, ja zu sagen, allein aus dem absurden Bedürfnis heraus, einem dummen Kind eine Lektion zu erteilen, die es nie wieder vergessen würde. Aber er begriff auch, daß er den Kampf verloren hätte, wenn er es wirklich dazu zwang. Außerdem hatte er genug Feinde; es war nicht nötig, sich noch mehr zu machen.
    »Ich sollte darauf bestehen«, lenkte er ein. »Aber ich tue es nicht. Geh jetzt. Warte in deiner Kammer auf mich. Ich komme gleich nach.«
    Für einen Moment regte sich noch einmal Trotz in ihrem Gesicht, und Skar begriff, daß selbst diese Antwort schon zu viel gewesen war.
Großer Gott, warum mußte alles, was er tat, falsch sein?
Hatte er denn die einfachsten Dinge vergessen?
    Aber er gewann das stumme Blickduell wieder. Nach einer Sekunde senkte Kiina den Kopf, drehte sich abrupt um und stürmte wütend davon. Skar hoffte, daß sie auf dem Weg nach oben genug Türen fand, die sie hinter sich zuknallen konnte.
    Er wartete, bis Kiina den Hof verlassen hatte, dann wandte er sich an die —
Satai?
Nein. Er brachte es jetzt nicht einmal mehr in Gedanken fertig, sie so zu nennen! — an die Männer vor sich und blickte sie der Reihe nach an. Und was er sah, das schürte seine Wut fast noch mehr als der Anblick Kiinas vorhin.
    Respekt, natürlich. Furcht, auch das war zu erwarten gewesen, und auch ein wenig Trotz. Aber das allerschlimmste war das Erstaunen, das er in ihren Augen las. Sie
verstanden
nicht einmal, was er überhaupt von ihnen wollte!
    Und vielleicht sind sie sogar im Recht, wisperte eine dünne böse Stimme hinter seiner Stirn. Woher nahm er die Arroganz, einer ganzen Welt seinen Willen auf zwingen zu wollen? Diese Männer waren keine Satai, ganz einfach, weil es keine wirklichen Satai mehr gab. Wie konnte er von ihnen verlangen, ihn zu verstehen? Vielleicht war er es, der nicht hierher gehörte, und nicht sie.
    Er sprach nichts von alledem aus, was er hatte sagen wollen, sondern drehte sich nach einer Weile einfach um und folgte Kiina.

S ie war natürlich nicht in ihrer Kammer. Skar hörte ihre Stimme durch die Tür hindurch, als er auf dem Weg nach oben an der Thronkammer vorbeikam. Er konnte die Worte nicht verstehen, aber das war auch nicht nötig — der
Tonfall,
in dem sie sprach, sagte ihm genug. Ohne zu zögern, öffnete er die Tür und trat ein, und Kiina verstummte erschrocken mitten im Wort. Ihre Augen schossen kleine Zornpfeile in seine Richtung, und sie verschränkte trotzig die Arme vor der Brust, während Skar auf sie und Del zuging. Sie trug noch immer die schwarzen Kniehosen und den schweren Brustpanzer.
    »Hat sie sich über mich beschwert?« fragte Skar.
    Del nickte. Er wirkte erleichtert, gleichzeitig aber auch ganz leise amüsiert.
    »Das hat sie. Ich habe ihr klargemacht, daß du im Recht bist.« Kiina fuhr fast erschrocken herum und starrte ihn an, und Skar begriff, daß Del ihr dies vielleicht nicht unbedingt mit
diesen
Worten gesagt hatte. Er lächelte flüchtig.
    »Ich war vielleicht etwas heftig zu dir«, räumte er ein. »Verzeih. Wir sind alle ein wenig gereizt hier. Aber du solltest diese Kleider nicht tragen, Kind.«
    Kiinas Stirn umwölkte sich vor Zorn. »Ich bin kein
Kind«,
widersprach sie heftig. »Und diese Kleider waren das einzige, was ich gefunden habe, außer stinkenden Quorrl-Fetzen. Aber ich werde sie gerne dagegen eintauschen, wenn du Angst hast, daß ich sie entweihe.«
    »Tu das«, sagte Skar gelassen. »Oder geh zu Bradburn und bitte ihn, dir saubere Kleider zu geben. Und wenn du schon einmal dort bist«, fügte er in unverändertem Tonfall hinzu, »dann könntest du ihn gleich fragen, ob er eine nutzbringende Beschäftigung für dich hat. Ich glaube, er kann zwei Hände mehr gut gebrauchen, unten bei den Kranken.«
    Kiinas Gesicht verlor noch mehr Farbe. Einen Moment lang funkelte sie ihn mit purer Wut an, dann fuhr sie so ungestüm herum, daß sie fast das Gleichgewicht verloren hätte, und

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