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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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müssen.
    Aber dazu mußte er sie erst einmal finden. Unschlüssig sah er sich in der kleinen Kammer um, überlegte einen Moment, Bradburn nach Kiinas Verbleib zu fragen, verwarf aber diesen Gedanken dann wieder und trat schließlich ans Fenster.
    Der Hof lag unendlich tief unter ihm, hundert oder mehr Manneslängen, und wieder einmal kam ihm fast unglaubhaft die zyklopische Größe dieser Festung zu Bewußtsein, zusammen mit einer gelinden Verwunderung, wie leicht es ihnen doch trotz allem gefallen war, sie zu erobern. Dann entdeckte er das Mädchen, und was er sah, verscheuchte jeglichen Gedanken an Drask und die Schlacht und die Magie der Zauberpriester und erfüllte ihn stattdessen mit Erstaunen, dann Ärger, schließlich Wut.
    Es war eine kleine Gruppe von Satai, sechs oder sieben Mann, die am anderen Ende des Hofes standen und sich unterhielten, wobei ihre Worte von heftigem Gestikulieren und einem gelegentlichen Lachen begleitet wurden, das zu Skar hinaufwehte. Aber nicht alle waren Männer — eine der schwarzgekleideten Gestalten war deutlich kleiner als die anderen, und das lange blonde Haar gehörte eindeutig Gowennas Tochter.
    Skar fuhr wütend herum, lief aus dem Zimmer und rannte die Treppe hinunter. Die Männer, denen er begegnete, machten ihm respektvoll Platz, und das Erschrecken auf dem einen oder anderen Gesicht sagte Skar, daß man ihm seinen Ärger deutlich ansehen mußte. Aber das war ihm egal. Wer waren sie schon, daß er es nötig hatte, sich zu verstellen?
    Er erreichte die große Halle, stürmte auf den Hof hinaus und überquerte ihn mit schnellen, weit ausgreifenden Schritten. Die Unterhaltung der kleinen Gruppe kam ins Stocken, als er sich ihr näherte, und ein paar Gesichter wandten sich ihm zu. Auch die Kindergestalt mit dem langen blonden Haar drehte sich zu ihm um, und er erkannte jetzt, daß es wirklich Kiina war. Sie lächelte erfreut, als sie ihn erblickte.
    »Skar!« begann sie. »Wie schön, dich —«
    Skar schnitt ihr mit einer wütenden Bewegung das Wort ab.
    »Was tust du hier?« fragte er zornig. »Wer hat dir erlaubt, dein Zimmer zu verlassen? Und wer hat dir diese Kleider gegeben?« Ärgerlich streckte er die Hand aus und ergriff den schwarzen Mantel. Kiina wich ganz instinktiv ein Stück zurück, ohne daß seine Finger den schwarzen Seidenstoff losließen. Sie wirkte verwirrt. Ganz offensichtlich verstand sie seinen Ärger nicht. »Niemand«, antwortete sie, was offensichtlich als Antwort auf beide Fragen gemeint war. »Aber ich fühle mich schon wieder wohl, und ... und meine alten Kleider waren zerrissen. Was habe ich denn getan?«
    Skar verbiß sich im letzten Moment die wütende Antwort, die ihm auf der Zunge lag. Dies war nicht mehr das Enwor, das er kannte. Sie war Gowennas Tochter, die Tochter der
Margoi,
aber sie war in einer Welt aufgewachsen, die mit der, die er zu kennen glaubte, wenig mehr als den Namen gemein hatte. Mühsam rief er sich innerlich zur Ruhe.
    Trotzdem klang seine Stimme noch immer scharf, als er antwortete:
    »Du trägst Satai-Kleidung, Kind. Niemand, der nicht den Eid der Satai geschworen hat, besitzt das Recht dazu. Man kann dafür getötet werden.« Der letzte Satz hatte wie eine gutmütige Warnung klingen sollen, aber die Worte hallten selbst in seinen eigenen Ohren düster und drohend wider.
    Kiina starrte ihn an, und für einen ganz kurzen Moment malte sich ein abgrundtiefer Schrecken auf ihren jugendlichen Zügen ab. Dann lachte sie, aber es klang gezwungen. »Unsinn«, sagte sie. »Ich stehe auf eurer Seite. Es ist nur ein Mantel.« Plötzlich hatte Skar Lust, ihr den schwarzen Mantel einfach herunterzureißen; und den ledernen Brustpanzer und die schwarzen Kniehosen dazu. Aber natürlich tat er es nicht.
    »Zieh sie aus«, gebot er statt dessen nur.
    Aus dem Erschrecken in Kiinas Gesicht wurde Trotz. »Jetzt gleich?« fragte sie spöttisch. »Und hier?«
    Zwei, drei der anderen Satai lachten; und einer machte eine spöttische Bemerkung, die Skar nicht ganz verstand. Ganz langsam ließ er Kiinas Mantel los, trat einen halben Schritt zurück und nickte. »Warum eigentlich nicht?« Er machte eine auffordernde Handbewegung. »Bitte.«
    Diesmal war Kiinas Lächeln wirklich nicht mehr echt. Sie erschrak, und sie erschrak ein zweites Mal und sehr viel tiefer, als sie in seine Augen sah und darin erkannte, wie ernst er seine Worte meinte. Langsam hob sie die Hand, löste die schmucklose Spange, die den Mantel über der Schulter zusammenhielt,

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