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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fühlen, die sie einmal verbunden hatte. Aber er war nicht sicher, ob es wirklich da war oder ob er es nur fühlte, weil er es spüren
wollte.
    »Ich denke über Kiina nach«, antwortete er schließlich. »Sie meint, diese Burg sei eine Falle, eigens für uns aufgebaut.« »Und?«
    »Ich frage mich, ob sie vielleicht schon zugeschnappt ist«, antwortete Skar. Er blickte auf den Hof hinab, einen Hof, der voller Männer und Quorrl und vor allem
Waffen
war, und für den tausendsten Teil einer Sekunde glaubte er, einen schlanken, schwarzen Schatten aus glitzerndem Chitin zu sehen, der zwischen den Zelten stand und ihm spöttisch zuwinkte, er begriff im selben Augenblick, daß Del nicht verstehen würde, was er meinte.
    Vielleicht war es das erste Mal, daß er sich
wirklich
in Del täuschte. »Möglicherweise ist sie es schon seit Jahren«, sagte er. Skar hörte, wie er seinen Becher abstellte und näherkam. »Vielleicht hätten wir diesen Krieg niemals führen dürfen.« Der schwarzhaarige Riese trat leise neben ihn, stützte beide Hände auf den Fenstersims und deutete auf das bunte Durcheinander auf dem Hof hinab. »Sie werden über Enwor herfallen wie ein Heuschreckenschwarm, wenn alles vorbei ist«, fuhr er fort. »Und ich weiß nicht einmal, ob wir sie aufhalten können.« Er schüttelte den Kopf, legte Skar die Hand auf die Schulter und zwang ihn mit sanfter Gewalt, sich herumzudrehen. Es war eine jener beiläufigen, vertrauten Gesten, wie sie vor einem Menschenalter zwischen ihnen üblich gewesen waren, und für einen Moment stand er nun
wirklich
dem alten Del gegenüber. Mit aller Macht mußte er gegen das Bedürfnis ankämpfen, Del einfach in die Arme zu schließen und an sich zu pressen. Hinterher fragte er sich vergeblich, warum er es nicht getan hatte.
    Aber der Moment verstrich, und Del wurde wieder zum Kriegsherren der Satai, und plötzlich war die Kluft zwischen ihnen wieder da, tiefer, als sie je gewesen war.
    Aus dem Vertrauen zwischen ihnen wurde Unbehagen. Del wich einen halben Schritt zurück und sah plötzlich fast verlegen aus, und Skar wandte sich wieder dem Fenster zu. Etwas in dem undurchschaubaren Muster aus Menschen und Quorrl dort unten hatte sich geändert, aber es dauerte eine Weile, bis er erkannte, was es war: Die Quorrl — aber auch ein Großteil der Satai —strebten einem Punkt auf dem Hof zu, der außerhalb von Skars Blickfeld lag; im toten Winkel direkt unter dem Fenster. Aufgeregte Stimmen wehten zu Skar empor; Gelächter und Rufe.
    »Was geht da vor?« fragte er, nicht einmal wirklich aus Interesse, sondern nur, um auf ein anderes Thema zu kommen. Del antwortete nicht.
    Skar beugte sich vor, ohne dadurch sehr viel mehr erkennen zu können. Die Unruhe auf dem Hof nahm zu, und jetzt zeichnete sich ein Muster in der quirlenden Bewegung ab: Ein gutes Hundert Quorrl, komplett in Rüstung und Waffen, hatte damit begonnen, den Burghof in zwei Hälften zu teilen und so eine Gasse zu schaffen, durch die eine weitere Gruppe der Schuppenkrieger schritt, angeführt von einem grüngrauen Giganten, der eine goldfarbene Rüstung trug.
    »Das ist Titch«, stellte Skar stirnrunzelnd fest. »Was hat er vor, Del?«
    »Ich weiß es nicht«, gab Del zurück, in einem Tonfall, der selbst einem Narren gesagt hätte, daß er es
sehr wohl
wußte. Er machte sich nicht einmal die Mühe, aus dem Fenster zu schauen, um seiner Lüge damit den Anschein von Glaubwürdigkeit zu verleihen.
    Hinter Titch und dem guten Dutzend Quorrl, das ihn begleitete, erschienen jetzt weitere Barbarenkrieger. Einige von ihnen waren in Ketten.
    Skar drehte sich abrupt vom Fenster weg und sah Del an. »Was bedeutet das?« fragte er.
    Del wich seinem Blick aus. »Nichts«, sagte er. »Misch dich nicht ein, Skar. Das da geht uns nichts an.«
    Skar starrte ihn noch einen Moment lang wütend an, dann verließ er ohne ein weiteres Wort den Saal und lief die Treppe hinunter. Als er die Hälfte des Weges hinter sich gebracht hatte, drang ein hundertstimmiges Johlen und Rufen zu ihm herein.
    Skar begann zu laufen. Er hatte plötzlich das ungute Gefühl zu
wissen,
was dort draußen vor sich ging.
    Der Hof war so voller Menschen, daß Skar nach ein paar Schritten einfach in der Menge steckenblieb. Er versuchte, über die Köpfe der Männer hinweg zu erkennen, was auf der anderen Seite des Hofes vor sich ging, sah aber nichts außer einem Herd quirlender Bewegung, und noch ehe er die halbe Strecke über-wunden hatte, erscholl wieder dieses

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