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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erinnerte sich, wie sehr er erschrocken war, als er Kiina angesehen hatte, vor zwei Tagen, im Lager der
Errish.
Jetzt bot er selbst einen fast noch schlimmeren Anblick.
    Zögernd gab er Titch das Schwert zurück und sah ihn fragend an. »Der Staub?«
    »Nein«, antwortete der Quorrl. »Oder vielleicht doch, ja. Du fühlst dich schwach. Jede Bewegung fällt dir schwer. Und du blutest.«
    »Es wird doch schon besser«, sagte Skar leichthin. »Als ich Kiina...«
    »Es wird besser, für eine Weile, aber frißt dich von innen heraus auf. Dich und das Mädchen. In einer Woche, längstens einem Monat, seid ihr tot. Beide. Und es wird kein angenehmer Tod sein.« Skar dachte an den Ausdruck entsetzlicher Pein, den er auf dem Gesicht der
Margoi
gelesen hatte, und schwieg. Plötzlich war ihm kalt. »Erzähle.«
    »Ich habe es geahnt«, sagte Titch. »Schon als du von der alten Frau erzählt hast, die ihr unter Elay gefunden habt. Später, als ich von dem Licht hörte, wußte ich es. Aber ich wollte sichergehen.
    Und später...« Er zögerte, drehte mit einem Ruck den Kopf und starrte wieder in den Abgrund hinab. »Vielleicht wollte ich, daß ihr sterbt«, flüsterte er. »Ich habe geglaubt, dich zu hassen.«
    Du hast nicht mehr viel Zeit, Bruder,
flüsterte die Stimme des
Daij-Djan
hinter seiner Stirn.
Weniger, als du glaubst.
Skar schauderte.
    »Es ist nur eine Legende«, fuhr Titch fort, als er nichts sagte.
    »Wir haben Tausende von Legenden, Skar. Ich habe sie alle für Märchen gehalten. Aber es... es sieht so aus, als wären die Legenden wahr, und das, was wir für Wahrheit gehalten haben, Legende.«
    »Erzähl sie mir«, bat Skar. Seltsam, er hatte immer noch keine Angst. Der Gedanke an seinen eigenen Tod hatte jeden Schrecken für ihn verloren. Vielleicht hatte er seine Fähigkeit, Angst zu haben, einfach überstrapaziert.
    »Was Elay vernichtet hat, ist eine Waffe
der Alten.
Es ist Sternenfeuer, Skar. Das Feuer der Sonne, vom Himmel geholt. Es verbrennt Städte und Länder, und die, die ihm entkommen, tötet es mit seinem giftigen Atem. Manchmal sofort, wie die
Errish,
manchmal erst nach Wochen. Du wirst krank und stirbst, oder du erholst dich und stirbst später. Aber du stirbst.«
    Vielleicht war es gut so, dachte Skar. Etwas in ihm sehnte den Tod herbei, auch wenn sich sein Verstand davor fürchtete; nicht vor dem großen Nichts, sondern vor der körperlichen Qual, der ein Ende wie das der
Margoi
begleiten mußte. Es tat ihm um Kiina leid.
    »Und es gibt keine Rettung?«
    »Das Wasser des Lebens«, antwortete Titch. »Es heißt, daß es alle Krankheiten heilt, wenn es dich nicht tötet.«
    »Dann sollten wir keine Zeit mehr verlieren.«
    »Der Weg ist zu weit«, antwortete Titch ruhig. »Selbst wenn wir das Mädchen nicht befreien müßten, selbst, wenn wir Pferde hätten, und selbst, wenn du ein Quorrl wärst und dich nicht verstek-ken müßtest, brauchten wir Wochen, um den Heiligen Ort zu erreichen.« Er deutete nach Norden, weit über die Grenzen des Drachenlandes hinaus, dort, wo in Hunderten und Aberhunderten Meilen Entfernung das Land der Quorrl lag, aber für Skar war es, als wiese seine blutende Hand direkt auf den schwarzen Turm im Herzen des Tales, den Moloch, der Kiina verschlungen hatte und der auch auf ihn wartet. Dann wies seine Hand nach links, zu einer Stelle am Rand der Klippe, eine halbe Meile entfernt. »Dort drüben scheint es einen Abstieg zu geben. Ich war nicht sehr weit, aber der Weg sieht begehbar aus. Es gibt Spuren.«
    Skar fragte sich, warum Titch ihm das alles erzählt hatte. Wenn er recht hatte, und Skar wußte, daß es so war, dann war sowieso alles sinnlos, dann war ihr Kampf verloren, selbst, wenn es ihnen gelang, Kiina aus der Gewalt der Zauberpriester zu befreien, denn sie würde kurz darauf so oder so sterben. Aber dann begriff er, daß Titch einfach nicht länger hatte schweigen
können.
Hätte er es getan, dann wäre es für Titch so gewesen, als hätte er selbst Skar umgebracht.
    »Wenn es der einzige Weg ist, dann werden sie dort unten auf uns warten«, sagte Skar.
    Titch starrte ihn an. Er schien zu begreifen, warum Skar so abrupt das Thema wechselte. Ein dünnes, fast menschliches Lächeln stahl sich auf seine Raubtierzüge. »Ein Grund mehr, keine Zeit mehr zu verlieren«, sagte er. »Man sollte eine
Errish
niemals warten lassen, nicht wahr?«
    Sie wurden nicht erwartet. Der Abstieg hinunter ins Tal der Drachen erwies sich sogar als wesentlich leichter, als Skar

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