Enwor 8 - Der flüsternde Turm
trieb er sein Pferd zu noch größerer Schnelligkeit an, beugte sich tief über seinen Hals und versuchte zu erkennen, wohin der rasende Galopp führte. Der Regen stach wie mit Nadeln in seine Haut und seine Augen, jetzt, als er ihm direkt entgegensprengte, und alles, was weiter als drei oder vier Schritte vor ihm lag, war hinter einer silbernen Wand aus fast waagerecht fallenden Schleiern verborgen, in die er direkt hineingaloppierte. Dazu kamen die grellen Blitze der Scanner, die farbige Nachbilder auf seiner Netzhaut hinterließen und ihn so fast völlig blind machten.
Dann hörte er die erste Schreie: das dumpfe, wütende Brüllen der Quorrl, die spitzen Kampf schreie von Menschen
(Menschen?
Er hoffte, daß es Menschen waren, aber er war ganz und gar nicht sicher),
und ein machtvolles, wütendes Knurren, das ihm einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. Und schließlich geschah das, was bei einem Wahnsinnsritt wie diesem fast unausweichlich war: sein Pferd stolperte. Skar konnte hören, wie sein Bein brach, als es im Morast ausglitt und stürzte. Instinktiv rollte er sich ab, federte den Schwung seines eigenen Sturzes ausnutzend, wieder in die Höhe und fiel vornüber mit dem Gesicht in den Schlamm, als auch er auf dem morastigen Untergrund das Gleichgewicht verlor.
Der Sturz rettete ihm das Leben.
Eine weiße Linie aus Feuer schnitt zwei Handbreit über ihm durch die Luft, und fünfzig Fuß hinter ihm schoß ein brüllender Geysir aus Glut und verdampftem Schlamm in die Höhe. Skar wälzte sich zwei-, dreimal zur Seite, sprang auf die Füße und schrie vor Schmerz auf, als kochender Morast und glühendheißer Dampf auf seinen Rücken herabregneten. Ein zweiter Lichtblitz stach nach ihm. Skar sprang blitzschnell zur Seite, stürzte erneut und robbte mit verzweifelter Kraft in den Schutz eines Felsens.
Das Scannerfeuer hörte auf. Fünf, zehn Atemzüge lang lag Skar einfach da und wartete auf den letzten, vernichtenden Lichtblitz, der den lächerlichen Felsen einfach pulverisieren mußte, dann hob er behutsam den Kopf und spähte über den Rand seiner Deckung hervor.
Er sah nichts als den strömenden Regen und den Widerschein des Strahlengewitters auf der anderen Seite der Felsgruppe, hinter der Titchs Quorrl lagerten. Ein Stück vor sich glaubte er einen Schatten wahrzunehmen, war sich aber nicht sicher genug, sein Leben auf diese Vermutung zu setzen. Angestrengt starrte er in die silbrigen Schleier hinaus und versuchte den Schatten wiederzufinden. Es gelang ihm, aber er war auch diesmal nicht sicher, ob es sich wirklich um einen Angreifer handelte, oder etwa nur den Umriß eines Felsens, dem der strömende Regen nur die Illusion von Bewegung verlieh. Aber immerhin wurde nicht mehr auf ihn geschossen.
Skar war auch klar, warum. Der Angreifer hatte ihn ebenso aus den Augen verloren wie er umgekehrt ihn. Einen Scanner zu benutzen, bedeutete nicht zwangsläufig, vor der Blendwirkung seiner sengenden Lichtblitze gefeit zu sein.
Skar ließ weitere fünf, zehn schwere Herzschläge verstreichen, ehe er sich vorsichtig bewegte. Der Morast war so tief, daß er bis über die Ellbogen einsank und kaum von der Stelle kam, aber er schützte ihn auch gleichzeitig: selbst wenn der Angreifer genau in seine Richtung sah, würde er ihn höchstens durch Zufall entdek-ken, denn auch Skars Kleidung war mittlerweile über und über mit dem schwarzbraunen Schlamm bedeckt.
Dann sah er die Bewegung zum dritten Mal, und diesmal erkannte er, womit er es zu tun hatte. Es war eine
Errish,
die nur wenige Schritte entfernt auf einem Felsbuckel hockte und angestrengt in den Regen hinaussah. Für einen Moment richtete sich ihr Blick-und der Scanner in ihrer Hand, der der Bewegung ihrer Augen getreulich folgte! — direkt auf ihn, aber Skars Vermutung bestätigte sich: der Regen machte sie so blind wie ihn. Die tödliche Strahlenwaffe schwenkte weiter und richtete sich dorthin, wo sein Pferd in der Dunkelheit lag.
Skar erwog blitzschnell seine Chancen, sich unbemerkt an die Gestalt heranschleichen zu können. Besonders gut waren sie nicht. Die Sicht war schlecht genug, sich bis auf vier, fünf Schritte an einen normalen Gegner heranpirschen zu können, aber er wußte, wie scharf die Sinne einer
Errish
waren; und zudem war sie nervös und würde garantiert auf alles schießen, was ihr verdächtig vorkam.
Es war die
Errish
selbst, die die Entscheidung herbeiführte, denn sie erhob sich plötzlich von ihrem Felsen und watete mit
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