Enwor 8 - Der flüsternde Turm
Schwanz peitschte und ließ den Felsen hinter ihr bersten, aber ihre Reiterin begriff die Bedeutung dieser Bewegung zu spät. Sekundenlang kämpfte sie in dem schmalen Sattel hinter ihrem Schädel verzweifelt um ihr Gleichgewicht, ehe sie endlich auf den Gedanken kam, sich herumzudrehen. Eine Sekunde lang starrte sie Skar fassungslos an, dann versuchte sie sich herumzudrehen und ihre Waffe zu heben.
Sie schaffte es nicht mehr. Skar hatte den Rücken des Drachen erreicht und warf sich mit weit ausgebreiteten Armen nach vorne. Für einen unendlich kurzen, aber entsetzlichen Moment glaubte er, sich verrechnet zu haben und ins Leere zu greifen, aber dann bekam er den linken Arm und den Gürtel der Drachenreiterin zu fassen, packte mit aller Kraft zu und riß sie mit sich. Aneinandergeklammert fielen sie in die Tiefe. Skar versuchte sich noch im Fallen herumzudrehen, um den Sturz mit seinem eigenen Körper aufzufangen, aber es gelang ihm nicht mehr ganz. Sein Rücken schrammte am Vorderlauf des Drachen entlang, dann prallte er auf und spürte, wie in dem schmalen Frauenkörper in seinen Armen irgend etwas zerbrach. Skar wußte, daß sie tot war, noch ehe sie in seiner Umklammerung erschlaffte.
Fluchend sprang er auf, brachte sich mit einem Satz aus der unmittelbaren Reichweite des Drachen und machte sofort einen zweiten, entsetzten Hüpfer, als etwas Großes, Muskelbepacktes auf ihn zuschoß, das nur aus Panzerplatten und Klauen und einem weit aufgerissenen Maul voller scharfer Zähne zu bestehen schien. Er fiel, trat noch im Sturz nach dem Bein des Angreifers und keuchte vor Schmerz, ohne den Vormarsch des Ungeheuers dadurch auch nur zu
verlangsamen.
Das
Ding —
eines der sonderbaren Echsenwesen, das er vom Felsen aus beobachtet hatte, raste auf ihn zu, verfehlte ihn und prallte ungeschickt gegen die Flanke des großen Drachen, vom Schwung seiner eigenen Bewegung nach vorne gerissen, und der Drache wiederum reagierte so, wie Drachen es im allgemeinen zu tun pflegten, wenn sie sich angegriffen fühlten: sein Schwanz zuckte, traf den winzigen Gegner in einer fast beiläufigen Bewegung und zerschmetterte ihn.
Skar sprang auf die Füße, sah sich wild um. Es kam ihm selbst fast unglaublich vor — aber bisher schien niemand auch nur Notiz von ihm genommen zu haben! Die
Errish
und ihre reptilienhaften Verbündeten konzentrierten sich so auf die Quorrl, daß sie seinen Angriff nicht einmal bemerkt hatten! Vielleicht hatte er doch noch eine Chance.
Er entdeckte, wonach er suchte: die Waffe der
Errish.
Sie lag nur wenige Schritte von ihm entfernt, halb im Schlamm versunken, aber deutlich zu erkennen. An ihrer Seite leuchtete in regelmäßigen Abständen ein winziges rotes Licht auf, wie ein kleines funkelndes Auge. Hastig lief er hin, bückte sich danach und hörte ein dumpfes Knurren über sich. Der Drache versuchte nach ihm zu beißen, aber es fiel Skar nicht schwer, seinem Angriff auszuweichen. Jetzt, wo er der telepathischen Führung seiner Reiterin beraubt war, war er wieder nichts als ein Tier, ein riesiges, gefährliches Tier, das aber gottlob ebenso dumm wie stark war. Er machte ein paar Schritte zur Seite, hob die Waffe hoch und versuchte, ihre Handhabung zu ergründen.
Eine der
Errish
sah direkt in seine Richtung. Skar erstarrte- und die
Errish
drehte sich wieder herum und zielte mit ihrem Scanner auf die Quorrl! Und dann begriff Skar: niemand hatte seinen Angriff beobachtet, und in seinem schwarzen Mantel und über und über mit Schlamm bedeckt, wie er war, hielten sie ihn in der Dunkelheit für eine der Ihren!
Skar wich einen weiteren Schritt zurück, versuchte in den Schatten der Felsen zu kommen und sah abermals die Waffe an. Sie ähnelte in nichts den Scannern, wie er sie von Kiina und den anderen
Errish
kannte, sondern bestand eigentlich nur aus einem dicken, mit zahllosen Wülsten und Ausbuchtungen übersäten Rohr und einem Schulterstück, aber ihre Handhabung war ihm sofort klar.
Es gab einen kleinen Abzug, wie den einer Armbrust, und als er das offene Ende des Rohres berührte, fuhr er schmerzhaft zusammen. Es war glühend heiß.
Skar schob sich vorsichtig an der Felswand entlang. Der Drache knurrte wieder, versuchte aber nicht noch einmal, ihn anzugreifen, sondern verfolgte nur jede seiner Bewegungen aus kleinen, mißtrauischen Augen. Der Verlust seiner Reiterin hatte das Tier verwirrt, aber gottlob nicht rasend gemacht, wie es manchmal bei Drachen vorkam, die lange Zeit mit
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