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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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viel zu erschöpft gewesen, um Kraft für solch alberne Empfindungen zu haben.
    Anschi hob die Hand, und ein Zittern lief durch den knochigen Echsenkörper zwischen seinen Schenkeln. Die Daktyle machte einen Schritt, noch einen — und startete auf die einzige Art, auf die die großen Drachenvögel sich vom Boden lösen konnten: sie stürzte fast senkrecht an der Steilküste hinab, breitete auf halber Höhe die gewaltigen Schwingen aus und verwandelte ihren Fall in einen immer flacher werdenden Gleitflug, der Skars Magen bis in seinen Hals hinaufkatapultierte und sie in unangenehme Nähe der Wasseroberfläche brachte. Erst fünf oder sechs Meter über dem Meer gelang es dem Drachenvogel, in einen waagerechten Flug überzugehen, dann schlugen seine Schwingen mit einem gewaltigen, ledernen Flappen und schaufelten Tier und Reiter wieder in die Höhe. Skar klammerte sich mit beinahe verzweifelter Kraft an die Zügel. Das Meer sackte langsam wieder unter ihm in die Tiefe, und links von seinem eigenen Reittier tauchte der bizarre Schatten einer weiteren Daktyle aus der Nacht auf. Er erkannte Anschi und hörte, daß sie ihm etwas zurief, aber er verstand ihre Worte nicht. Und es gelang ihm auch nicht, das Schwindelgfühl vollends zurückzudrängen, das der rasende Sturzflug in seinem Kopf ausgelöst hatte.
    Auch nicht, als die beiden Daktylen, zu denen sich wenige Augenblicke später ein drittes Tier gesellte, weiter an Höhe gewannen und schließlich in ihren gewohnten, fast lautlosen Gleitflug übergingen, der nur manchmal von träge erscheinenden Flügelschlägen unterbrochen wurde. Im Gegenteil — es wurde immer schlimmer. Elay glitt als formloser finsterer Schatten in der Nacht unter ihnen hinweg, und schon nach Minuten wurde der Boden vollends unsichtbar, so daß er das Gefühl hatte, durch einen endlosen finsteren Schacht zu gleiten, in dem es kein oben und kein unten mehr gab, sondern nur Kälte und schneidenden Wind und eisigen Regen, der wie mit Messern in sein Gesicht schnitt. Und doch war dieser Tunnel durch die Nacht nicht leer. Etwas war da; etwas wie eine lautlose saugende Macht, die alle Kraft aus seinem Körper fließen ließ. Skars Magen revoltierte. Ihm wurde übel, und hinter seiner Stirn drehte sich alles. Kraftlos sank er nach vorne, stützte sich mit der linken Hand auf dem Sattel ab und umklammerte mit der anderen die Zügel, nicht, um das Tier zu
lenken,
sondern um sich daran festzuklammern.
    Skar fühlte eine Erleichterung wie niemals zuvor, als endlich die Lichter des Lagerplatzes unter ihnen in der Nacht erschienen. Anschi hatte gesagt, daß der Flug keine halbe Stunde dauerte, und er glaubte ihr. Trotzdem hatte er das Gefühl, seit einer Ewigkeit auf dem Rücken des bockenden Drachenvogels zu hocken. Jeder einzelne Muskel in seinem Körper war verkrampft und tat weh, und die Übelkeit kroch allmählich aus seinem Magen in die Kehle empor und wurde zu Brechreiz, den er kaum mehr beherrschen konnte. Seine verletzte Rippe meldete sich mit einem hämmernden Klopfen zurück, und als sich die Daktyle, von Anschis Willenskraft gelenkt, in eine weite Linkskurve legte und zur Landung ansetzte, wäre er um ein Haar aus dem Sattel gestürzt.
    Die Flugechsen kreisten einmal über dem Lager, um ihre Geschwindigkeit herabzusetzen, so daß Skar ausreichend Gelegenheit bekam, Anschis Hauptquartier aus der Luft heraus zu betrachten. Viel gab es allerdings nicht zu sehen, trotz der zahllosen, sorgsam gegen den Regen abgeschirmten Feuer, die das von Felsen eingefaßte Rechteck erhellten. Das Lager befand sich an der Küste, mehrere hundert Fuß über dem Meer, aber das hatte Skar erwartet, schon der Daktylen wegen. Es bestand nur aus ein paar Hütten, lieblos und offensichtlich in großer Hast aus Baumstämmen und Laub zusammengezimmert, ein Pferch voller Schatten, die Pferde sein mochten, und ein Palisadenzaun, hinter dem sich mehrere Dutzend Tyrr drängten. Besonders groß konnte Anschis Kinder-Armee nicht sein. Aus irgendeinem Grund beruhigte ihn dieser Gedanke, obwohl es doch eigentlich umgekehrt sein sollte.
    Dann setzte die Daktyle endgültig zur Landung an, und Skar brauchte all seine Kraft und Konzentration, um sich im Sattel zu halten. Der Drachenvogel breitete die Schwingen aus, machte ein paar ungeschickte, hoppelnde Schritte und kam ungefähr so elegant wie ein flügellahmer Albatros zum Stehen. Die Erschütterung ließ Skar im Sattel nach vorne stürzen. Instinktiv klammerte er sich fest, aber

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