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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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seine Hände hatten plötzlich keine Kraft mehr. Er kippte zur Seite, krallte sich in die lederne Schlinge der Daktyle und kam ungeschickt auf dem Boden auf. Ihm war noch immer schwindelig. Und die Übelkeit wurde immer schlimmer.
Was war nur mit ihm los?
    Als er sich aufrichtete und einen Schritt machte, taumelte er.
    Das Lager begann sich vor ihm zu drehen, kreiste, kippte zur Seite und verschwamm. Durch eine dichte Wand aus schwarzem treibendem Nebel sah er, wie Kiinas Daktyle wenige Schritte neben ihm den Boden berührte, und er registrierte auch noch die sonderbar falsche, schlaffe Haltung, in der das Mädchen im Sattel lag, aber seine Gedanken waren nicht mehr klar genug, dieser Beobachtung die Bedeutung zuzumessen, die sie hatten.
    Er brauchte all seine Kraft, um noch auf den Beinen zu bleiben. Jemand sagte etwas. Skar verstand die Worte nicht, aber er erkannte zumindest die Stimme. Mühsam, taumelnd, drehte er sich herum und blickte in Anschis Gesicht. Sie wiederholte ihre Worte, aber er verstand sie auch jetzt nicht. Ihm wurde übel. Entsetzlich übel.
Dieser verdammte Vogel!
dachte er. Wenn er das nächste Mal eine Daktyle sah, dann würde er sie allerhöch-stens braten, aber ganz bestimmt nicht mehr auf ihr reiten!
    Er begriff noch, daß etwas an diesem Gedanken vollkommen falsch war, aber nicht mehr was, und ihm blieb keine Zeit mehr, sich über den plötzlich erschrockenen Ausdruck auf Anschis Zügen zu wundern.
    Skar verlor das Bewußtsein und brach zusammen.

E r träumte, und — ungewöhnlich genug — er war sich dessen die
    ganze Zeit über bewußt. Es war ein wirrer, von düsteren Bereichen scheinbar grundloser Furcht durchzogener Fiebertraum, und irgendwie war er sonderbar zweigeteilt: es war, als wäre ein Teil seines Bewußtseins noch immer wach, denn er registrierte sehr wohl, daß er hochgehoben und in eine der Hütten getragen wurde, daß man ihn auszog und auf ein Bett legte und eine angewärmte Decke über ihn breitete, und daß sich kurz darauf kundige Hände an seinem Körper zu schaffen machten. Er hörte Stimmen, die er nur insoweit verstand, daß sie über ihn sprachen und sehr besorgt klan-gm.
    Der andere, weit größere Teil seines Denkens war hilflos in den Klauen des Alptraumes gefangen. Er erlebte alles noch einmal, aber nicht in der richtigen Reihenfolge, sondern als Durcheinander scheinbar zusammenhangloser, auf schreckliche Weise ins Düstere verzerrter Bilder, die in seinem Kopf durcheinanderstürzten. Die Schlacht gegen die Quorrl, den Angriff des Wächters und sein eigener, selbstmörderischer Kampf mit der Sternenbestie, der mit jener schrecklichen Erkenntnis endete, die er selbst jetzt noch aus seinen Gedanken verbannt hatte, um nicht einfach den Verstand zu verlieren. Sein Abschied von Del, der schmerzhaft und erleichternd zugleich gewesen war, und der zweiwöchige Ritt durch ein Land, das vom Krieg verheert wurde, der Weg nach Norden, der sie zuerst einmal in den Westen geführt hatte, mehr als tausend Meilen von ihrem eigentlichen Kurs entfernt. Sein geradezu lächerlicher Entschluß, allein, nur begleitet von einem Kind und fünfzig
    Quorrl, die zu keinem anderen Zweck in ihre Heimat zurückkehrten, als dort zu sterben, einer Gefahr trotzen zu wollen, die bereits den größten Teil einer ganzen Welt verschlungen hatte.
    Aber zu all diesen bekannten Bildern und Gesichtern und Stimmen gesellte sich in seinem Traum noch etwas Neues. Zorn. Ein dumpfer, wühlender, unbezwingbarer Zorn, der ihm zugleich auf entsetzliche Weise bekannt wie fremd war. Bekannt, weil es jene Art von mörderischer Wut war, die sich weit jenseits des bewußten Denkens abspielte und alle klare Überlegung ausschaltete, die ihn in der Vergangenheit manchmal zum Ungeheuer hatte werden lassen, das weder Freund noch Feind kannte, das unbesiegbar, aber auch gnadenlos war, und vor dem er sich selbst mehr fürchtete als vor allen Gefahren der Welt. Und fremd, weil sie grundlos war. Es gab keinen Auslöser, nichts, was geschehen war, um das entsetzliche Erbe der Sternengeborenen zu wecken, das tief in seiner Seele eingekerkert war. Er spürte nur Zorn, einen grundlosen, fast unbezwingbaren Zorn, den Willen, zu zerstören, zu kämpfen, zu töten, töten, töten...
    Dann geschah etwas. Die Stimmen und Berührungen der Errish verblaßten, und gleichzeitig wurde sein Traum wirklich zur Fieberphantasie, die sinn- und handlungslos war und nur noch aus Furcht und verrückten Gedankentrümmer bestand.
    Er

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