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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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den Quorrl musterte. Titch wirkte benommen, aber normal. Soweit Skar in der Lage war, irgend etwas über die Psychologie eines Quorrl zu sagen. »Haben wir denn eine andere Wahl?« sagte er schließlich.
    Titch ballte die gesunde Hand zur Faust. »Aber es war doch nur... eine Legende«, flüsterte er. »Ein Märchen, mehr nicht!« Kiina blickte fragend, aber Skar signalisierte ihr mit Blicken, ruhig zu sein. Titchs Worte waren keine Antwort auf seine Frage. Er hatte sie gar nicht verstanden, sowenig wie er irgend etwas von dem gehört hatte, was Skar und Anschi in den beiden letzten Stunden gesprochen hatten. Der Quorrl schien aus einem tiefen, betäubenden Schlaf zu erwachen. Skar spannte sich innerlich. Er wußte, daß er von Titch normalerweise nichts zu befürchten hatte. Aber Titch war nicht mehr Titch. Der Quorrl war nicht einfach erschüttert. Seine Welt war zerbrochen.
    »Aber sie ist wahr«, sagte er leise.
    »Du hast es gewußt, nicht wahr?« fragte Titch. Sein Blick wurde fordernd, aber Skar suchte vergebens nach Spuren von Zorn oder gar Haß in den dunklen Augen des Quorrl.
»Die Sternengeborenen sind wir«,
zitierte er. »Das waren deine Worte, in der Burg. Du hast es... da schon gewußt.«
    »Nein«, widersprach Skar, suchte einen Moment vergebens nach Worten und machte schließlich eine hilflose Bewegung mit beiden Händen. »Vielleicht. Ich... ich wollte es nicht wahrhaben.«
    »Aber du hast es gewußt.«
    »Spielt das noch eine Rolle?« fragte Skar. »Es ist Jahrtausende her, Titch. Vielleicht Millionen Jahre. Enwor ist...«
    »Unsere Welt«, unterbrach ihn Titch, sehr leise, aber kalt, fordernd, in einem Ton, der Skar schaudern ließ. »All die alten Legenden, all die Geschichten, die ihr über die
Alten
erzählt habt, all die Heldensagen von den großen Taten eurer Vorfahren, ihrem Kampf gegen die Fremden von den Sternen: Es war alles gelogen.«
    »Nein, Titch«, antwortete Skar sanft. »Das war es nicht. Sie sind wahr.«
    »Ja«, grollte Titch bitter. »Sie sind wahr. Nur eine Kleinigkeit stimmt nicht, nicht wahr?
Wir
waren es, die zuerst hier waren.
    Und
ihr
seid von den Sternen gekommen und habt uns unsere Welt gestohlen. Es waren keine Ungeheuer, wie ihr uns weismachen wolltet. Keine Dämonen von den Sternen. Keine Götter. Es waren
Menschen!«
Plötzlich brüllte er:
»Es waren Menschen, Skar! Deine Vorfahren, die uns unsere Welt gestohlen haben! Und du verlangst, daß wir euch helfen?!*
    »Nein, Titch, das verlange ich nicht«, antwortete Skar. »Ich bitte dich darum, mehr nicht.«
    »So, du
bittest
mich.« Titchs Stimme bebte. Er ballte die Fäuste, so heftig, daß Skar seine schuppige Haut knirschen hörte.
    Der Blutfleck auf seiner bandagierten Hand wurde größer.
»Du
    bittest mich!«
brüllte er.
    Kiina richtete sich halb auf ihrem Lager auf und hob die Hand, um sie dem Quorrl beruhigend auf die Schulter zu legen. »Bitte, Titch. Wir verstehen dich ja, aber...«
    Titch stieß sie zurück. »Ihr versteht mich?« schnappte er. »Ihr versteht nichts! Ihr habt... habt... habt eine ganze Welt belogen!
    Ihr habt die Geschichte eines ganzen Planeten geändert, einfach so! Ihr habt uns unsere Welt gestohlen, unsere Heimat, und was das Schlimmste ist, unsere Erinnerungen. Aber du verstehst mich.«
    »Kiina wollte dich nicht verletzen, Titch«, sagte Skar. Titch starrte ihn aus brennenden Augen an, und Skar spürte, wie lächerlich das Gesagte klang. Als ob
Worte
den Quorrl noch verletzen konnten, nach allem. Er wechselte abrupt das Thema und auch die Tonart: »Was wirst du jetzt tun?«
    »Tun?«
    Skar machte eine erklärende Handbewegung. »Deine Leute und du. Werdet ihr... gehen? Oder bleiben wir zusammen?«
    Titch starrte ihn an. Blut tropfte von seiner Hand und besudelte Kiinas Decke, aber er bemerkte es nicht einmal. Sein fürchterliches Gebiß mahlte, als hätte er etwas gepackt und wäre dabei, es zu zerreißen. Der Quorrl
war
ein Raubtier, das begriff Skar plötzlich. Aber er begriff ebenso deutlich, daß er nicht das Recht hatte, so zu denken; so wenig, wie er das Recht hatte, über den Quorrl oder irgendeine andere denkende Lebensform Enwors zu urteilen.
Sie
waren die Eindringlinge: die Satai, die
Errish,
die Veden und Thbarg und alle anderen Völker, alle, sie alle, die sich für die rechtmäßigen Herren dieser Welt hielten. Wenn die Quorrl wirklich das waren, wofür Anschi und auch ein nicht zum Schweigen zu bringender Teil Skars war, nämlich Raubtiere, muskelbepackte Bestien, von

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