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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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denen nur die allerwenigsten zu logischem Denken und Handeln fähig waren, dann nur, weil
sie sie dazu gemacht hatten.
    »Ich weiß es nicht.« Titch stand auf und machte eine herrische Handbewegung. »Ich muß darüber nachdenken. Vielleicht ändert sich nichts. Vielleicht töte ich euch und diese verdammten
Errish.
Wir werden sehen.«
    Er ging, aber nur ein paar Schritte weit, ehe er wieder stehenblieb und abermals die Fäuste ballte. Skar konnte sehen, wie sich jeder einzelne Muskel in seinem gewaltigen Körper spannte. »Glaubst du, daß er das... ernst gemeint hat?« fragte Kiina stok-kend.
    »Was? Daß er nachdenken muß — oder daß er uns vielleicht tötet?«
    »Beides.«
    Skar schwieg eine Sekunde und nickte dann. »Sicher.«
    »Dann wäre es vielleicht besser, wenn wir fliehen«, sagte Kiina unsicher.
    »Fliehen?« Skar lachte fast. »Aber wohin denn?«
    »Zu Anschi.«
    Skar war nicht sicher, daß sie bei den
Errish
in geringerer Gefahr gewesen wären. Aber er verstand Kiinas Wunsch. »Du möchtest zu ihnen«, vermutete er. Kiina sah ihn nur wortlos an, aber er las die Antwort auf seine Frage in ihrem Blick. Zu der Verwirrung und dem Schmerz in ihren Augen hatte sich Furcht gesellt. Sie hatte Angst, dachte er. Natürlich hatte sie Angst. Nach dem, was sie im Laufe der letzten Stunde gehört hatte, mußte sie Angst haben. Und nicht nur vor den Quorrl.
    »Wenn du willst, bringe ich dich zu ihnen«, sagte er.
    »Titch wird es nicht zulassen.«
    »Doch, das wird er.« Skar versuchte, mehr Optimismus in seine Stimme zu legen, als er selbst empfand. Aber er war nie ein sehr guter Lügner gewesen. »Er ist nur verwirrt. Und zornig. Und er hat ein Recht dazu, meinst du nicht?«
    »Aber es... es
kann
nicht alles falsch sein!« protestierte Kiina verzweifelt. »Die Geschichte einer ganzen Welt kann nicht vollkommen erlogen sein, Skar!«
    »Doch«, sagte er bitter. »Das kann sie, Kiina.« Und er glaubte sogar zu wissen, warum. Für einen Moment sah er es ganz deutlich vor sich: Sie, die von den Sternen gekommen waren, hatten die rechtmäßigen Besitzer dieser Welt am Ende besiegt, in einem Kampf, den er sich wahrscheinlich nicht einmal vorzustellen vermochte. Vielleicht hatte der Krieg Tausende von Jahren gedauert, vielleicht nur wenige Tage. Die
Sternengeborenen
(seltsam, welch höhnischen Beiklang dieses Wort plötzlich in seinen Gedanken bekam) hatten am Schluß gesiegt — aber um den Preis der fast vollkommenen Zerstörung Enwors. Sie hatten die Welt erobert, aber sie hatten sie auch vernichtet, und sie hatten diese Lüge einfach ersinnen
müssen,
um weiterleben zu können. Was Titch grausam erschien, das war das einzige gewesen, was kommenden Generationen ein Weiterleben ermöglichte.
    »Dann war... alles wahr?« stammelte Kiina. »Die
Sternengeborenen...
all diese Ungeheuer, die sie erschaffen haben... das war...«
    »Unser Werk«, sagte Skar. »Das unserer Vorfahren. Ja. Aber es ist so unendlich lange her, daß es keine Rolle mehr spielt, Kiina. Es ist alles wahr, und doch wieder nicht. Enwor gehört längst nicht mehr
ihm
oder
ihnen
oder
irgend jemandem.
Wir leben schon zu lange zusammen, um uns einander unsere Welt streitig machen zu können.« Die Worte klangen selbst in seinen eigenen Ohren lahm und ungeschickt, aber Skar wußte, daß Kiina verstand, was er meinte. Was geschehen war, war Vergangenheit, Geschichte, und eigentlich nicht einmal mehr das, sondern nur noch die verblassende Erinnerung daran, ein düsteres Geheimnis, das von ein paar alten Frauen von Generation zu Generation weitergegeben wurde und irgendwann einmal ganz vergessen sein würde.
    »Aber wieso greifen sie
uns
an?« fragte Kiina fast verzweifelt.
»Wir sind ihre Schöpfer!«
    »Das waren wir einmal«, antwortete Skar matt. »Vielleicht hat es eigenes Leben entwickelt, in all den Jahrtausenden. Vielleicht richtet es sich einfach blindwütig gegen alles, wie Feuer, das selbst den verzehrt, der es gelegt hat.«
    »Oder jemand beeinflußt es, so wie es uns beeinflußt«, murmelte Kiina. Sie sah ihn aus weiten Augen an. »Aber wer?«
    Skar schwieg dazu. Nach einer Weile trat er wortlos unter der Zeltplane hervor und ging, um Titch zu suchen.
    An ein Weiterreiten war an diesem Tag natürlich nicht mehr zu denken. Skar hatte ein paarmal versucht, mit Titch zu reden, aber der Quorrl hatte ihn einfach ignoriert, bis er sich schließlich so hilflos und dumm vorgekommen war, daß er zu Kiina zurückging.
    Er war müde — die durchrittene

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