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Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auf, als er hinter der
Errish
in den Tempelraum trat.
    Die Kammer war so zerstört, wie es ein von Menschenhand geschaffener Raum nur sein konnte. Boden, Decke und Wände waren geborsten; handbreite Spalten und ein Spinnennetz feinerer Sprünge und Risse hatte den massiven Fels wie eine Kuppel aus Glas bersten lassen, und in der Luft hing noch immer ein Hauch der ungeheuren Hitze, die den schwarzen Basalt der Wände gesprengt hatte. Die kunstvollen Bilder und Schriftzeichen waren zerstört, und die Statue des
Daij-Djan
von ihrem Sockel gestürzt und wie von Hammerschlägen zermalmt.
    Aber von alledem sah Skar kaum etwas. Sein Blick hing wie gebannt an dem schwarzen Altarstein in der Mitte der Kuppel.
    Er war zerborsten, der meterhohe Metallzylinder, der daraufgestanden hatte, umgestürzt.
    Skars Blick saugte sich daran fest. Sein Herz schien auszusetzen. Für Augenblicke weigerte sich sein Verstand einfach, zu glauben, was seine Augen sahen. Was er längst wußte.
    Das pulsierende Purpurlicht war erloschen. Auf dem Grund des umgestürzten Zylinders lagen glitzernde Splitter, manche fein wie gemahlenes Glas, manche groß und scharfzackig wie Dolche. Der Blutkristall war zerbrochen.
    Das Gefängnis war leer!
Der Dämon war frei!!
    Skar trat mit zitternden Händen und Knien näher an den zerborstenen Altar heran. Was er für einen massiven Steinquader gehalten hatte, war nur eine dünne Platte gewesen, unter der ein gewaltiges, halbrundes Loch in der Erde gähnte, ein Schacht, der tief in die Erde hineinführte und der aus dem gewachsenen Felsen herausgeschmolzen war. Flüssiges Gestein war wie Wachs an seinen Rändern heruntergelaufen und zu bizarren Formen erstarrt, und die Hitze war selbst jetzt noch so groß, daß es Skar nicht möglich war, sich ihm weiter als auf fünf, sechs Schritte zu nähern. Skar versuchte vergeblich, sich die Gewalten vorzustellen, die fähig waren, so etwas anzurichten.
    »Mein Gott!« flüsterte Anschi hinter ihm. Ihre Stimme zitterte. Sie klang, als würde sie gleich brechen. »Es… es ist frei! Diese Wahnsinnigen haben es entkommen lassen!«
    »Ja«, sagte Skar leise. »Und es ist meine Schuld. Ich habe Ennart gezeigt, was es wirklich ist, Anschi.«
    »Red keinen Unsinn«, schnappte Anschi, eine Spur zu laut und eine Spur zu heftig, um wirklich überzeugend zu klingen.
    »Wenn es überhaupt irgend jemandes Schuld ist, dann höchstens die jener Narren selbst! Und sie haben dafür bezahlt.« Sie deutete mit der Spitze ihres Schwertes auf eine reglose Gestalt, die kaum einen Schritt vor Skar auf dem Boden lag, ohne daß er sie bisher auch nur bemerkt hätte.
    Widerstrebend senkte er den Blick, sah einen Moment auf das geschwärzte Etwas herab, das einmal ein Mensch gewesen war, und schloß stöhnend die Augen.
    Der Zauberpriester war bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, als wäre das, was den Felsen geschmolzen und aus seinem Altar gebrochen war, direkt über ihn hinweggewalzt. Skar erkannte ihn überhaupt nur an einem Fetzen seines schwarzen Gewandes, der als einziges nicht zu schwarzer Schlacke zusammengeschmort war. Er, und (und das war vielleicht das Entsetzlichste überhaupt) seine Hände.
    Sie waren vollkommen unversehrt, und sie umklammerten noch immer die Waffe, mit der er sich vergeblich gegen seinen Mörder zu wehren versucht hatte. Ob der Mann noch begriffen haben mochte, wie gräßlich der Irrtum war, dem er erlag? Skar wußte es nicht, aber allein dieser Gedanke reichte aus, die Erinnerung an das in ihm aufsteigen zu lassen, was er gespürt hatte, als er das erste Mal hier stand. Selbst bei der bloßen Erinnerung an die Kälte und Fremdartigkeit dieses unendlich alten, unendlich bösen Ortes durchfuhr ihn ein eisiger Schauer.
    Anschi berührte ihn an der Schulter und deutete auf einen Punkt hinter ihm. Skar wandte sich mühsam um und sah erst jetzt, daß auch die jenseitige Wand des Tempels verschwunden war, niedergebrochen, zerschmolzen und wie von der Faust eines Gottes zu Staub zerschlagen, als wäre das Ungeheuer einfach weitergerannt, nachdem es den Zauberpriester und seine Kameraden draußen in Ennarts Kammer getötet hatte. Dahinter loderte rotes Licht, in dem Staub tanzte, und verschwommen die Wände und Nischen eines weiteren Ganges sichtbar waren. Sie bestanden aus Stein und führten in sanfter Neigung abwärts. Der Tempel mußte größer gewesen sein, als selbst Ennart geahnt hatte.
    Ohne daß einer von ihnen auch nur ein Wort sprach, wandten sie sich um und

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