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Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Ssirhaa besiegen, aber die Drachen…
    Skar weigerte sich einfach, den Gedanken zu Ende zu denken.
    Sie konnten Krieg gegen denkende Wesen führen und ihn vielleicht gewinnen, auch wenn sie gegen Zauberei und uralte Magie antreten mußten. Die Drachen würden wie eine neue Sintflut aus Feuer und Tod über Enwor hereinbrechen und sie einfach davonfegen.
    Verzweifelt rannten sie los, die ausgetretenen Stufen hinauf, einen weiteren, von zahllosen Kerzen erhellten Gang entlang, dann wieder eine Treppe… das stählerne Labyrinth des Turmes erwies sich dem des Dämons als beinahe ebenbürtig, nicht in seiner Größe, wohl aber in seiner Kompliziertheit. Hätten sie nicht ab und zu eine dampfende Stelle auf dem Boden, ein Stück verschmorten Teppichs oder einen Hauch von Hitze und Schwefelgestanks gespürt, sie hätten die Spur des Ungeheuers zweifellos binnen weniger Augenblicke verloren. Aber auch so irrten sie mehr als zehn Minuten durch das Gewirr von Treppen, Gängen, Katakomben und Kellern, und Anschis Verzweiflung stieg im gleichen Maße, in dem Skars Mut sank. Abermals fragte er sich, wie um alles in der Welt sie das Ungeheuer aufhalten wollten, selbst wenn es ihnen wirklich gelang, es einzuholen, und abermals fand er keine Antwort. Die Macht seines Dunklen Bruders würde ihm nicht helfen. Sie reichte nicht aus.
    Dann stürmten sie durch eine schmale Tür — und fanden sich unvermittelt in einer gewaltigen, rechteckigen Halle aus schwarzem Metall wieder. Skar blieb abrupt stehen und sah sich um.
    Er hatte dieses ungeheuerliche Bauwerk bisher nur von außen gesehen und aus der verzerrenden Perspektive seines Fensters heraus, aber jetzt, als er in ihm stand, unter dem titanischen Dach, das sich wie ein stählerner Himmel über ihnen spannte, kam es ihm noch viel, viel größer vor. Er fühlte sich erschüttert, allein durch den bloßen Anblick, winzig und hilflos und schwach. Sie wollten gegen ein Volk kämpfen, das
dies hier
erschaffen hatte? Lächerlich.
    Sie waren nicht allein. Die Katastrophe hatte Ians Brüder in Scharen hierhergetrieben; es mußten Hunderte sein, die kopflos durcheinanderrannten. Aber auch ebenso viele, die auf den metallenen Fliesen auf die Knie gefallen waren und… beteten? dachte Skar verblüfft. Nein, das war es nicht. Sie hockten da, nach vorne gebeugt und zum Teil mit erhobenen Händen, aber ihre Gesichter waren starr, wie in Trance versunken. Es war etwas Ähnliches wie das, was die Mädchen getan hatten, in jener schrecklichen Nacht an der Küste. Sie versuchten das Ungeheuer zu bannen, dachte er. Aber er wußte auch, daß sie es nicht schaffen würden. Es war leichter, ein Feuer zu legen, als es zu löschen.
    Plötzlich fuhr Anschi zusammen, prallte zurück und zerrte ihn hastig in den Schatten der Tür. »Ian!« flüsterte sie.
    Skar sah verwirrt in die Richtung, in die ihr ausgestreckter Arm deutete — und sog ebenfalls erschrocken die Luft ein. Zwi-schen den Zauberpriestern bewegte sich eine hochgewachsene, schlanke Gestalt mit schütterem hellem Haar.
    »Wie, zum Teufel, ist er so schnell da rausgekommen?« flüsterte Anschi verstört.
    Vielleicht ist er es gar nicht,
dachte Skar. Aufmerksam musterte er den Zauberer. Es
war
Ian. Sein Gesicht war unverkennbar, seine Bewegungen, seine Art, die Worte mit kleinen, befehlenden Gesten zu unterstreichen — es gab keinen Zweifel. Und doch war es unmöglich…
    Er signalisierte der
Errish
mit Gesten, weiterzugehen. Schnell, aber ohne zu rennen, bewegten sie sich durch die Halle, wobei ihnen der Umstand zugute kam, daß die Spur des Dämons dicht an der Rückwand entlangführte und unter den Zauberpriestern eine solche Verwirrung herrschte, daß niemand von ihnen Notiz zu nehmen schien.
    Trotzdem ertappte sich Skar ein paarmal dabei, wie er über die Schulter zu Ian zurücksah. Wenn schon nicht die anderen, so würde
er
sie ganz bestimmt erkennen. Skar verstand ohnehin nicht, warum er nicht längst Alarm ausgelöst und zumindest einen Teil seiner Männer zur Jagd auf die entflohenen Gefangenen abgestellt hatte.
    Anschi blieb plötzlich stehen. »Er will nicht zu…«, flüsterte sie. Sonderbarerweise klang ihre Stimme ganz und gar nicht erleichtert, sondern eher noch entsetzter. »Er will… großer Gott, ich glaube, er will…«
    Skar erfuhr nicht, wohin der Dämon Anschis Meinung nach gegangen war. Die
Errish
schrie auf, riß ihr Schwert in die Höhe und rannte los, wobei es ihr völlig gleich zu sein schien, ob Skar ihr folgte oder

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