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Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Das ist leicht, Satai. Jeder kann es lernen, selbst du. Aber einen Drachen zu reiten und ihn zu beherrschen ist nicht dasselbe. Sie wußte nichts von diesem Ort und seiner wirklichen Bedeutung.« Sie schloß die Augen, stützte sich schwer auf den Rand der weißen Marmorschale und streckte die Hände aus, bis ihre gespreizten Finger wenige Millimeter über der Oberfläche der polierten Bronzekugel verharrten. Aus irgendeinem Grund wagte sie es nicht, sie zu berühren.
    »Und was ist ihre wahre Bedeutung?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand Anschi. »Niemand wußte es, bisher. Nicht einmal die
Margoi.
Ein Ort großer Macht. Der Ort, an dem es uns am leichtesten fiel, unsere Gedanken mit denen der Drachen zu verschmelzen. Ein magischer Ort. Glaubten wir.«
    »Und jetzt glaubst du das nicht mehr?«
    Anschi öffnete die Augen. Sie hatte sich weit genug in der Gewalt, sogar zu lächeln, aber ihr Blick war wie ein stummer Schrei. »Ich… ich weiß nicht mehr, was ich noch glauben kann«, flüsterte sie. »Ich dachte, es wäre so. Wir… wir alle dachten, es wäre
unsere
Kraft, die die Drachen lenkt. Vielleicht war es nur dieser Turm. Diese…
Maschinen.«
    Skar begriff, was sie meinte. Und im gleichen Moment begriff er auch den Schmerz, den er in ihren Augen las. Vielleicht hatte sie recht, und was die
Errish
über fünfzigtausend Generationen hinweg für eine magische Begabung gehalten hatten, war nichts weiter als das Wirken der gleichen Kraft gewesen, die sich Ennart zunutze gemacht hatte, um die Gedanken der Menschen mit Haß zu vergiften. Wenn es so war, dann mußte für Anschi eine Welt zusammenbrechen, in diesem Moment.
    Plötzlich lachte sie, leise und bitter und so lange, bis ihr Lachen in ein halblautes Schluchzen überging. Skar wollte zu ihr gehen und sie tröstend an der Schulter berühren, aber Anschi wich vor seiner Berührung zurück.
    »Es ist alles gelogen, Skar. Die Geschichte dieser ganzen Welt ist auf Lügen aufgebaut, und sie besteht aus nichts als Lügen. Vielleicht ist es richtig, wenn sie untergeht.«
    »Aber nicht so«, widersprach Skar. »Wenn dieses…« Er suchte nach Worten, fand keine und machte eine hilflose Handbewegung. »Wenn dieses
Etwas
hier gewinnt, Anschi, dann wird hinterher niemand mehr da sein, um die Wahrheit zu sagen.« »Welche Wahrheit?« Anschis Augen flammten zornig. »Daß wir den Quorrl ihre Welt gestohlen haben? Daß unsere Macht nichts anderes ist als die schäbigen Trümmer
ihrer
Zivilisation?« »Und wenn? Es ist
eine Million Jahre
her, Anschi. Wir sind längst nicht mehr die, die wir einst waren. So wenig wie die Quorrl. Titch hat das erkannt. Und du kannst es auch. Vielleicht ist alles wahr, was Ennart erzählt hat, und ja, verdammt, vielleicht sind die
Errish
keine Zauberinnen, sondern nur Frauen, die gelernt haben, die alten Kräfte zu nutzen. Und? Das ist für mich nur ein Grund mehr, diese verdammten Ssirhaa zu besiegen! Laß diese Welt zum Teufel gehen! Wir bauen eine neue auf!«
    Zu seiner Überraschung lächelte Anschi. »Jetzt klingst du wie Ennart, weißt du das?«
    »Vielleicht ist Größenwahn ansteckend«, sagte Skar lächelnd. Aber er wußte sehr wohl, daß Anschi recht hatte. Vielleicht war dies einer der Gründe gewesen, aus denen es ihm so schwergefallen war, den Ssirhaa zu hassen oder auch nur zu verachten.
    Im Grunde verfolgten sie die gleichen Ziele. Skar hatte Enwor niemals geliebt. Es war seine Heimat, aber es war keine Welt, die man lieben konnte, sondern nur hassen, und allenfalls fürchten. Aber er hatte sie niemals zerstören wollen, nur verändern. »Komm«, sagte er mit einer Geste zur Tür. »Vielleicht holen wir Titch und Kiina noch ein.«
    Der Weg zurück zur Kammer der Daktylen glich einem Alptraum. Es war nicht so, daß sie angegriffen oder verfolgt wurden, aber das Innere des Turms war ein einziges Chaos. Das gigantische Gebäude starb, aber es war kein leichter Tod, und mit jedem Schritt hatte Skar mehr das Gefühl, sich im Leib eines riesigen, lebenden Wesens zu befinden, das sich in Todeskrämpfen wand. Überall war Feuer ausgebrochen. Ein paar Korridore, durch die Anschi ihn führte, waren zusammengestürzt oder glühten wie das Innere eines gigantischen Ofens, und mehr als einmal stießen sie auf die Leichen von Zauberpriestern, manche in ihre unheimlichen schwarzen Rüstungen gehüllt, ohne daß sie ihnen hätten Schutz bieten können. Sie brauchten fast fünfmal so lange, um den Weg zurück zu bewältigen, und aus Skars

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