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Eobal (German Edition)

Eobal (German Edition)

Titel: Eobal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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kleiner Briefumschlag. Das Hochgartentheater war groß, und die Benutzung von individuellen Kommunikationsgeräten war nur in bestimmten Bereichen gestattet. Wer einem ankommenden Gast eine Nachricht hinterlassen wollte, benutzte das Personal.
    Daxxel bedankte sich artig und öffnete den Umschlag. Er enthielt eine kurze Nachricht von LedaNahir, eine Tischnummer im Chez Xhorrth, einem der kleineren Feinschmeckerrestaurants. Es hatte, wie Daxxel wusste, sehr gute meranische Küche im Angebot. Eine logische Wahl und so musste Daxxel nicht lange nach ihr suchen.
    Er machte sich auf den Weg. Seine Schritte versanken fast in dem weichen Teppichboden, der überall auslag. Der Marmor und die polierten Wände, die Lichtspiele, Zierbrunnen, die Sitzecken mit kleinen Bars und die Eingänge zu den verschiedenen Etablissements verschmolzen zu einer einzigartigen architektonischen Komposition. Daxxel fühlte sich wohl, es war angenehm temperiert und alles wirkte sowohl unaufdringlich wie auch luxuriös. Es fehlte das Pompöse, das er in anderen Einrichtungen von weniger gutem Ruf erlebt hatte. Reichtum ja, aber nicht so, dass man damit protzen musste. »Dezent« war das richtige Wort.
    Zum Ambiente des großen Komplexes gehörte allerdings auch, dass man »flanierte«, und das wiederum hieß, dass auf die Installation von Laufbändern weitgehend verzichtet worden war. Für Gebrechliche gab es einen speziellen Service mit kleinen Wagen, die auf Ballonrädern über den Teppich glitten, aber der Rest der Gäste musste zu Fuß gehen. Das Chez Xorrth lag fast auf der anderen Seite der Anlage, dem Eingangsportal gegenüber, und obgleich Daxxel ein recht flottes Tempo anschlug, brauchte er fast zehn Minuten. Trotzdem kam er immer noch knapp pünktlich, und als der Maître ihn an seinen Platz führte, ein schönes Separee inmitten einer sorgfältig arrangierten Pflanzenwelt, die an einen Dschungel erinnerte, war er zum Glück nicht außer Atem.
    Atemlosigkeit befiel ihn erst, als er der wartenden Meranerin angesichtig wurde. Es passierte ihm nicht oft, dass er das Luftholen schlicht vergaß, aber der Anblick, der sich ihm bot, reduzierte sein Zeitempfinden und schien seine Lebensfunktionen kurzzeitig außer Kraft zu setzen.
    Tod durch Faszination, gab es das?
    Daxxel ermahnte sich, dass es zu den erwarteten gesellschaftlichen Konventionen gehörte, etwas zur Begrüßung zu äußern. Es dauerte trotzdem einen Moment, ehe seine mentalen Kapazitäten wieder dazu ausreichten, grammatisch korrekte Sätze zu formulieren.
    »Sie sehen bezaubernd aus!«, brachte er schließlich hervor. Das war zutreffend, nicht besonders originell und, immerhin, ein vollständiger Satz. Daxxel war rechtschaffen stolz auf sich, als er Leda gegenüber Platz nahm.
    Die Meranerin trug ein sanft oszillierendes Abendkleid. Die in dunklen Tönen gehaltenen Farbschimmer glitten bei jeder kleinen Bewegung über die dadurch nur unzureichend verhüllten Formen ihres Körpers, was einen atemberaubenden Effekt erzeugte. Ledas ebenmäßiges Gesicht war geschminkt, und das auf eine Weise, die terranische und meranische Traditionen verband. Lidschatten betonte dezent ihre Augen, und die kunstvollen Ornamente auf ihren Zähnen hatten etwas von altorientalischen Malereien. Ihr haarloser Kopf mit dem kurzen, von der Stirn bis in den Nacken reichenden Schuppenkamm war offenbar eingeölt worden und der Geruch erschien Daxxel besser als jedes normale Parfum. Er war nicht betäubend, nicht aufdringlich, aber die Duftnote unterstrich das zugleich exotische wie erotische Auftreten der Frau. Daxxel musste an sich halten, um dem unvermittelten Bedürfnis, ihr über den Schädel zu streicheln, nicht nachzugeben. LedaNahir war eine perfekte Gesamtkomposition, ein gestalterisches Kunstwerk, eine lebende Hommage an …
    An die sexuellen Bedürfnisse eines kosmopolitischen terranischen Diplomaten von relativer Jugend, ergänzte Daxxels innere Stimme den Satz um eine schlichte Wahrheit, die ernüchternd genug wirkte, dass sich der Mann aus der hormoninduzierten Wolke der Verträumtheit befreite und versuchte, sich auf das Naheliegende zu konzentrieren.
    Das Naheliegende war das Menu. Wie erwartet bot das Chez Xorrth eine Vielzahl durchaus exotischer Speisen für Feinschmecker. Trotzdem war sich Xorrth, der Chefkoch, Eigner, Gründer und Patriarch des Restaurants, auch für das nicht zu schade, was man gemeinhin unter »solider Hausmannskost« verstand. Ein Grund mehr für die Attraktivität

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