Eobal (German Edition)
tatsächlich nichts verzeichnet gewesen.
»Was war der Gegenstand dieser Unterredungen?«
»Ich weiß es nicht. Jedenfalls nichts, in das RagaNahir sein Personal hatte einweihen wollen.«
»Und warum erzählen Sie mir das?«
»Weil ich den Eindruck habe, dass Sie sich in die Ansicht verrennen, die meranische Botschaft hätte etwas mit Dhlomas Tod zu tun. Ich habe ein großes persönliches Interesse daran, dass kein solcher Verdacht auf die Botschaft oder den Botschafter fällt, da dies unangenehme Konsequenzen auch für meine Karriere zur Folge hätte. Im schlimmsten Falle würde man schlicht meine Reiseerlaubnis widerrufen und ich müsste den Rest meines Lebens als drittrangige Firmenmanagerin verbringen. Ohne das Kalifat je wieder verlassen zu dürfen.«
In der Betonung des letzten Satzes lag dermaßen viel Abscheu, dass Daxxel ihr unwillkürlich glaubte. Vielleicht nicht unbedingt ihre Motivation, aber ihren Ekel hielt er für ehrlich. Leda war eine der wenigen Meranerinnen, die ein Leben außerhalb der Seklusion der Kalifatsgesellschaft führen durften, und das bedeutete ihr offenbar sehr viel. Daxxel konnte das durchaus nachvollziehen.
»Ich gestehe, dass ich meine Vermutungen bezüglich einer möglichen Involviertheit der meranischen Botschaft habe«, erwiderte er nun. »Sie müssten mir schon etwas mehr bieten, um diese Vorbehalte ernsthaft auszuräumen. Ich glaube Ihnen Ihr persönliches Interesse daran, dass kein Makel auf den Clan der Nahir fällt, und ich würde es auch sehr bedauern, wenn Sie deshalb negative Konsequenzen erleiden müssten.« Er meinte das ehrlich, und LedaNahir schien es zu bemerken. Das Glühen in ihren ovalen Augen ließ sein Herz schneller schlagen. Er nahm sich zusammen und fuhr fort: »Aber all das reicht nicht. Ich gebe gerne zu, dass ich ein Interesse an der Aufklärung dieses Mordes habe, und es ist auch kein Geheimnis, dass ich den Sicherheitskräften Eobals eine erfolgreiche Aufklärung nicht zutraue. Ob ich zur Erhellung der Umstände beitragen kann und werde, sei einmal dahingestellt. Aber das hier reicht mir noch nicht, und wenn Sie mehr wissen, dann sollten Sie es mir sagen.«
Ob ich es glauben werde, dachte er, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt.
Es war ihr anzusehen, dass sie mit sich rang. Er drängte sie nicht, sondern goss sich noch von dem Wein ein und betrachtete die Reflexionen der Deckenbeleuchtung im Glas. Erst jetzt nahm er die unaufdringliche Musik war, die aus verborgenen Lautsprechern klang. Er verwandte einige Augenblicke darauf, sie einzuordnen. Er schwankte zwischen meranischer Harfenmusik und keldonischen Gaitarklängen, kam dann jedoch zu dem Schluss, dass er viel länger zuhören musste, als er dafür Zeit hatte, um zu einer Entscheidung zu gelangen. Es war jedenfalls etwas Besseres als Kaufhausmusik.
»Fragen Sie nach jemandem namens Iotan Helifek«, sagte Leda schließlich.
»Helifek? Wer ist das?«
LedaNahir machte eine abwehrende Handbewegung.
»Ich habe Ihnen schon mehr gesagt, als ich sollte. Aber seien Sie vorsichtig bei Ihren Nachforschungen. Helifek ist gefährlich.«
»Wie kommen Sie denn auf den Gedanken, dass ich Nachforschungen anstellen möchte?«
»Ich kann Ihnen nur dazu raten. Ich hoffe es sogar. Allein schon um sicherzugehen, dass die Botschaft nicht in die Sache hineingezogen wird.«
»Nichts einfacher als das. Volgaan ist ein Freund der Meraner, wie schon die gesamte Regierung Eobals. Ich bin mir sicher, er schreibt Ihnen jederzeit einen Bericht, der jeglichen Verdacht von der Botschaft ablenkt.«
LedaNahir schien diese Bemerkung nicht sehr amüsant zu finden.
»Exzellenz, Sie wissen so gut wie ich, dass Volgaan korrupt und unfähig bis in die Knochen ist. Ein offizieller Bericht dieser Natur wäre unglaubwürdig, er würde wie gekauft wirken, erst recht in diesem frühen Stadium der Ermittlungen. Andererseits, wenn der terranische Botschafter …«
»Konsul«, berichtigte Daxxel sie.
»… wenn der terranische Konsul und vertretende turulianische Botschafter zu dem Schluss käme, dass Meran keine Schuld an Dhlomas Tod trifft, dann hätte das eine weitaus höhere Glaubwürdigkeit. Und daran bin nicht nur ich interessiert. Damit ich auch beweisen kann, dass wir es ernst meinen, gebe ich Ihnen das hier.«
Daxxel bemerkte, dass sie erstmals »wir« sagte und damit indirekt zugab, im Auftrage RagaNahirs zu handeln. Er sagte nichts.
Leda holte einen kleinen, ovalen Gegenstand hervor und hielt ihn Daxxel hin,
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