Eobal (German Edition)
Das Einzige, was ihn davon abhielt, sich neben Shali zu hocken und sie inmitten der zertrümmerten Einrichtung in die Arme zu nehmen, war die Gestalt Commissioner Volgaans, der die Frau mit unbeteiligter, ja vielleicht sogar etwas verächtlicher Miene anstarrte und keinerlei Anstalten machte, sie aus ihrer hysterischen Trauer herauszuführen.
Nicht, dass Daxxel jemandem wie Volgaan das dafür nötige xenopsychologische Feingefühl überhaupt zugetraut hätte.
Neben dem Polizeichef standen zwei Sicherheitsmänner relativ tatenlos in der Gegend herum, prokelten etwas in umgeworfenen Büromöbeln herum, schoben mit dem Fuß ausgeleerte Aktenordner über den Boden und machten auch sonst ganz den Eindruck einer typischen eobalischen Spurensicherungsaktion.
Ohne sich mit Höflichkeiten abzugeben, ging er direkt auf Volgaan zu, der sich sofort versteifte und versuchte dreinzublicken, als hätte er die Situation voll unter Kontrolle.
»Exzellenz!«, wurde Daxxel begrüßt, ehe er noch den Mund aufmachen konnte. »Es scheint, dass Ihre Karriere als Diplomat unter keinem sehr günstigen Stern steht. Zwei Vorfälle in Botschaftsgebäuden, die Ihnen unterstehen, und das in kürzester Abfolge. Das würde mir doch stark zu denken geben.«
Daxxel verkniff sich eine ätzende Bemerkung und machte eine ausholende Geste.
»Was ist hier vorgefallen?«
»Die Angestellte hier …«, und jetzt war der Blick, den Volgaan dabei Shali zuwarf, in der Tat ausgesprochen verächtlich, »… rief uns an und meldete einen Einbruch. Vandalismus scheint mir die zutreffendste Beschreibung zu sein. Hier hat jemand ganz schön gewütet.«
Die Feststellung war in der Tat nicht untertrieben. Wer auch immer hier eingedrungen war, hatte entweder eine gehörige Wut im Bauch gehabt oder wollte seine Suche nach etwas Bestimmten durch Zerstörung tarnen. Daxxel vermutete Letzteres.
»Gibt es Hinweise auf die Täter?«, stellte er die notwendige, aber völlig überflüssige Frage. Volgaan machte ein wichtiges Gesicht und schüttelte mit einem wohlstudierten Ausdruck des Bedauerns den Kopf.
»Leider nein, die Untersuchung dauert noch an und bisher haben wir nichts gefunden.«
Daxxel sah aus den Augenwinkeln, wie einer der Polizisten in einem herumliegenden Versandkatalog die Dessousseiten aufblätterte. Ja, die Untersuchung konnte in der Tat noch andauern.
»Bitte informieren Sie mich, sobald Sie etwas haben. Sie gehen doch sicher auch davon aus, dass ein Zusammenhang mit dem Mord an Botschafter Dhloma besteht, oder?«
Es gehörte normalerweise nicht zu seinem Stil, Suggestivfragen zu stellen, aber Volgaans Nonchalance in Verbindung mit seiner erwiesenen Unfähigkeit stellten Daxxels Geduld auf eine harte Probe.
»Nun …«, zögerte der Polizeichef die Antwort hinaus. »… ich denke mal, das kann man nicht völlig ausschließen.«
Daxxel verkniff sich erneut eine undiplomatische Äußerung und ließ Volgaan stehen. Er hockte sich neben Shali und tätschelte einen ihrer Arme. Die Turulianerin war erkennbar am Ende ihrer Kräfte. Er beschloss, erst einmal einen turulianischen Arzt zu rufen. Sein ursprüngliches Ziel, sich hier die Zugangsdaten für Dhlomas Konten zu verschaffen, konnte er vorläufig vergessen, aber da gab es andere, wenngleich schwierigere Wege.
Er wollte sich gerade wieder erheben und seinen Vorsatz in die Tat umsetzen, als Volgaan auf ihn losstürzte. Er wirkte wie ausgewechselt: Seine Augen waren voller Zorn und er bebte.
»Exzellenz!«, presste er hervor. Rang er etwa um seine Fassung? Entweder war Volgaan ein noch besserer Schauspieler, als Daxxel annahm, oder ihn schien wirklich etwas zu beuteln.
»Commissioner?«
»Ich muss Sie förmlich darüber in Kenntnis setzen, dass aufgrund gerade gefundener Beweise und daraus sich ergebender Implikationen möglicherweise in Kürze der exterritoriale Status dieser Botschaft annulliert werden muss.«
Daxxel musste keinerlei Maß an Schauspielkunst aufbringen, um ihn verblüfft, mit halb geöffnetem Mund, anzustarren. Er hatte keine Ahnung, worum es ging.
Dann hielt ihm Volgaan eine Hand hin. Er drehte die geballte Faust auf den Rücken und öffnete sie. Daxxel gab einen unterdrückten Laut von sich und schloss für einen Moment die Augen. Jetzt war eingetreten, was er unter allen Umständen hatte vermeiden wollen.
In Volgaans Hand lag eine Zharani-Perle.
Es war völlig irrelevant, ob er sie tatsächlich hier gefunden oder überhaupt erst hier platziert hatte. Vor Gericht würde
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