Eobal (German Edition)
hatte ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Er wiederholte die Worte zweimal. Der Sterbende schien zufrieden. Dann hob er seine Klauenhand, an der er einen Ring trug.
»Beugen«, stieß er hervor. Er konnte kaum noch sprechen. Daxxel beugte sich näher und der Meraner schlang seinen anderen Arm um ihn und presste ihn an sich. Er wollte sich freimachen, doch der Sterbende mobilisierte seine letzten Kräfte. Dann spürte Daxxel eine plötzliche Hitze an seinem Hals. Brennender Schmerz lähmte ihn für einen Moment und dann war es auch schon vorbei. Der Griff ManaNahirs erschlaffte, Daxxel richtete sich auf, rieb sich die wunde, schmerzende Stelle und sah, dass der Ring noch schwach glühte.
»Verdammt! Das ist ein verfluchtes Brandzeichen!«
»Willkommen in der Familie, DaxxelNahir«, flüsterte der Offizier mit ironischem Unterton. Es waren seine letzten Worte. Sein Blick brach, sein Körper erschlaffte. Daxxel musste ihm nicht den Puls fühlen, um zu wissen, dass er gestorben war.
Er richtete sich auf, sah sich um. Das Gespräch mit dem Offizier hatte ihn den Kampfeslärm vergessen lassen. Jetzt kam dieser ihm umso mehr zu Bewusstsein. Es wurde immer noch geschossen, und wenn er die Geräusche richtig deutete, dann weiterhin mit großer Verbissenheit.
Er betrachtete das Medaillon eingehend. Von so einer Geschichte hatte er noch nie zuvor gehört. Er fragte sich, was das für ihn bedeuten würde. Ob es überhaupt eine Bedeutung hatte. Aber hinter den spöttischen Worten des Sterbenden waren deutlich Verzweiflung und Bedrängnis spürbar gewesen. Daxxel mochte nur wenig über das Netz von Ehre und Verpflichtung wissen, das die meranische Gesellschaft durchzog, aber er war entschlossen, den Auftrag des Toten ernst zu nehmen. Nach Toran konnte er nicht – Bürger der Akte erhielten so gut wie nie Visa für meranische Welten –, aber mit Leda würde er reden. Dass er damit RagaNahir wahrscheinlich verärgern würde, ließ sich nicht vermeiden. Er hatte den Eindruck, gerade in eine sehr komplizierte, Generationen alte innere Auseinandersetzung des Clans der Nahir hineingezogen worden zu sein. Vielleicht fragte er besser seine Vorgesetzten um Rat. Andererseits würde es wohl noch mehrere Wochen dauern, bis er dazu Gelegenheit haben würde. So lange konnte das mit dem Medaillon sicher nicht warten.
Er blickte auf den Leichnam.
Ja, es brannte bereits in seiner Hand. Und die schmerzende Stelle an seinem Hals erinnerte ihn daran, dass es Dinge gab, die sich nicht mehr rückgängig machen ließen, so gern er es auch wollte. Er gab sich nicht der Illusion hin, dass das Brandzeichen nur eine kosmetische Veränderung darstellte, die ein geschickter Chirurg wieder wegmachen konnte. Symbole bedeuteten viel in der meranischen Kultur und waren höchst vielschichtig. Es war davon auszugehen, dass er diese Adoption durch ManaNahir durchaus wörtlich zu nehmen hatte.
Am besten ließ er bei nächstbester Gelegenheit einen medizinischen Tiefenscan vornehmen.
Er bewegte sich von dem Leichnam fort und bückte sich über einen toten Attentäter, der seine Pistole im Tod umklammert hielt. Er löste sie aus dem Griff und betrachtete sie kurz. Ein Fabrikat für terranische Hände, wie er feststellte. Er würde die Waffe zumindest abfeuern können.
Ob er damit dann auch traf, war eine ganz andere Frage.
»Konsul, wir wären dann soweit!«
Daxxel fuhr herum und bemerkte gar nicht, dass er die Waffe dabei vor sich gestreckt hielt. Die Mündung zeigte nun direkt auf Josefine Zants Bauch, die ihn stirnrunzelnd ansah.
»Wollen Sie mich erschießen?«
»Nein. Ich … Es tut mir leid.«
»Das muss es nicht. Selbst, wenn Sie wollten, Sie könnten es gar nicht. Die Waffe hat einen genetischen Fingerabdrucksensor. Sie muss auf ihren Träger programmiert werden. Richtig schicke Ausrüstung. Das war ein teurer Spaß. Jedenfalls können Sie die Waffe nicht abfeuern. Wenn ich einer der Söldner gewesen wäre, hätte ich Sie einfach über den Haufen geschossen.«
Daxxel lief rot an. Dann bemerkte er den Meraner neben Zant.
»Der Captain … ManaNahir, er ist gestorben.«
Der Reptiloide machte einen Schritt nach vorne, warf einen Blick auf den Leichnam. Es war seinem behelmten Gesicht nicht anzusehen, ob er über diese Nachricht traurig oder entsetzt war.
»Sie haben mit ihm gesprochen?«
»Ja.«
»Was hat er gesagt?«
»Dass er mich nicht ausstehen kann.«
Dem Meraner schien seine Erklärung zu reichen.
»Das Dropship wird in drei Minuten
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