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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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alten, angeborenen Schäden, die in den Bau seiner Muskeln, Knochen und Sehnen und noch tiefer in die Energiewege zwischen Körper und Geist gewoben waren. Unsere Macht wühlte sich tief in diese Strukturen hinein, entwirrte sie, verband sie neu. Unsere goldene Vereinigung durchwogte uns. Wir waren Hua, und wir waren Schöpferkraft.
    Sie kommen, warnte Idos Geiststimme.
    Wir spürten die Drachen, spürten den Druck ihres wehklagenden Herannahens, der sich in unserer Energie aufbaute.
    Ich riss meine Hände von Charts Brust, und der Wirbel der himmlischen Ebene brach ein in die starre Hitze, den Gestank und die fassungslose Stille im Zelt. Die jähe Trennung von der Herrlichkeit meines Drachen fühlte sich an, als legte sich die eisige Hand des Verlusts um mein Herz. Ich blickte hinunter auf Charts Gesicht. Sein anstrengendes Ringen um die Beherrschung von Muskeln und Sehnen war zu Ende und seine Züge setzten sich zu einer vertrauten Miene zusammen.
    Mir stockte der Atem. Er war das Ebenbild meines alten Meisters, des Mannes, der mich in der Saline entdeckt und auf diesen Weg der Macht geführt hatte! Chart hob die Hand und starrte auf seine Finger, die sich plötzlich spreizen ließen, und das Unverständnis und die Verwirrung in seinem Blick erstickten den letzten Rest meiner gerechten Wut.
    Rillas Schluchzen ließ mich aufsehen. Sie berührte Charts Wange, und ihr Körper zitterte vor Schreck.
    »Lady Eona«, sagte Kygo und ich drehte mich zu ihm um. Er streckte mir die Hand hin, ein Anker in dem hämmernden Sog des Verlusts und der schwindenden Macht, und zog mich auf die Beine. Hinter uns rappelte Ido sich auf. Die Energie, die zwischen uns geflossen war, stand noch als schwaches Lächeln in seinem Gesicht.
    Kygo ließ seinen Blick über die im Zelt Versammelten schweifen. »Ihr habt Lady Eonas Macht und Entschlossenheit erlebt«, sagte er barsch. »Seid froh, dass ihr auch Zeugen ihres Mitgefühls und ihrer Zurückhaltung geworden seid.«

21
    R ulan bog einen Ast für mich zurück, als ich Kygo an einem struppigen Wäldchen entlang zu einem Aussichtspunkt folgte, von dem aus Sethons Lager am besten zu sehen war. Seit der Demonstration meiner Macht waren der Stammesführer und seine Leute zweifellos ehrerbietiger geworden. Ich wischte mir den Schweiß vom Hals und blies mir zur Kühlung meinen Atem ins Gesicht. Bald würde die Tageshitze am größten sein und Kygo schritt unerbittlich aus. Er war entschlossen, sich schnell einen Überblick über die Mittel des Widerstands zu verschaffen und darüber, was uns unten in der Ebene erwartete.
    Ich hatte nicht einmal Gelegenheit gehabt, mich mit Rilla und Chart zu treffen und das Wunder der Heilmacht meines Drachen zu feiern. Oder Chart zu beichten, welche Folgen diese Macht für seinen freien Willen hatte. Ich ließ meine Schultern kreisen, um die Anspannung jenes Augenblicks loszuwerden; gewiss wäre seine Freude größer als der Kummer. Und er kannte mich gut genug, um zu wissen, dass ich ihn aus Liebe geheilt hatte – auch wenn es so ausgesehen hatte, als hätte ich es im Zorn getan. Hinterher war keine Zeit gewesen, etwas zu erklären; Kygo hatte mich bei den förmlichen Verhandlungen an seiner Seite haben wollen und Chart war zu schockiert, als dass er viel mitbekommen hätte. Doch ich hatte ihm immerhin versprochen, ihn so bald wie möglich zu besuchen.
    »Was versprecht Ihr Euch von diesen Fußeisen?« Idos leise Stimme hinter mir war voller Verachtung. »Wenn Ihr wollt, dass ich schneller bin, nehmt sie mir ab.«
    Ich sah mich um. Yuso reizte ihn schon wieder, wie ein Mungo eine Schlange ködert.
    Nach den grausamen Ereignissen an diesem Vormittag hatte ich nicht damit gerechnet, dass Ido bei unserem Beobachtertrupp dabei sein würde, doch bei genauerem Nachdenken ergab es einen Sinn. Wir mussten beide das künftige Schlachtfeld und den Stand von Sethons Vorbereitungen kennen. Und zweifellos erinnerte Kygo so auch Rulan und die anderen Stammesführer daran, dass Ido nicht nur ein blutrünstiger Verräter, sondern auch ein Drachenauge war und eine Schlüsselfigur in dem bevorstehenden Kampf.
    Yuso stieß Ido in den Rücken. »Ich bezweifle, dass Ihr Eure Fußfesseln je wieder loswerdet, Mylord .« Er beugte sich vor, doch ich schnappte seine leise gesprochenen Worte auf. »Und Ihr seid für immer der Sklave dieses Mädchens.«
    Wut flammte in Idos Gesicht auf. Normalerweise ließ er sich von Yusos Schikanen nicht provozieren. Mit Unbehagen stellte ich fest,

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