Ephraim Kishon fur Manager
Piaster?« fragte eine Stimme in meinem Rücken. »Werden wir gleich haben.« Ich fuhr herum und erkannte Ingenieur Glick, der eifrig in seinen Hosentaschen stöberte.
»Hier!« Und damit warf er selbst die erlösende Münze in den gefräßgen Schlitz.
Ich wußte nicht, wie ich ihm danken sollte. Die von mir sofoit angebotene Fünfundzwanzigermünze wies er von sich:
»Lassen Sie. Es ist nicht der Rede wert.« »Wenn Sie einen Augenblick warten, gehe ich wechseln«, beharrte ich.
»Machen Sie sich nicht lächerlich. Sie werden schon einen Weg finden, sich zu revanchieren.«
Damit wandte er sich zum Gehen und ließ mich in schweren, bedrückenden Gedanken zurück. Schulden sind mir zuwider. Ich mag das nicht. »Sie werden schon einen Weg finden« - was heißt das? Was für einen Weg? Wieso?
Um sicherzugehen, suchte ich auf dem Heimweg einen Blumenladen auf und schickte Frau Glick zehn rote Nelken. So benimmt sich ein Kavalier, wenn ich richtig informiert bin. Warum es leugnen: Ich hätte zumindest einen Telefonanruf vom Hause Glick erwartet. Nicht, als ob mein Blumenarrangement besondere Dankesbezeigungen erfordert hätte, aber trotzdem ... Als bis zum Einbruch der Dämmerung noch nichts geschehen war, erkundigte ich mich telefonisch im Blumenladen nach dem Schicksal meiner Nelken. Ja, alles in Ordnung, die Nelken wurden um 16 Uhr 30 durch Boten befördert.
Ich wartete noch eine Stunde. Als meine Nerven zu zerreißen drohten, rief ich bei Glicks an.
Glick selbst war am Telefon. Wir unterhielten uns über die neuen Hrfenanlagen, die neue Einkommensteuer und dies und jenes. Schließlich konnte ich nicht länger an mich halten. »Da fallt mir ein«, sagte ich. »Hat Ihre Gattin die Blumen bekommen?« »Ja. Meiner Meinung nach sollte Eschkol dem Druck der Religiösen nicht nachgeben. Er hat genügend Rückhalt, um ...« Und so weiter, und so weiter. Was war da los? Kein Zweifel, mit meinen Blumen stimmte etwas nicht.
Nachdem die läppische Konversation zu Ende war, berichtete ich den Vorfall meiner Ehefrau. Sie wunderte sich überhaupt nicht. »Natürlich«, sagte sie. »Auch ich hätte mich beleidigt gefühlt. Wer schickt heute noch Nelken? Die billigsten Blumen, die es überhaupt gibt.«
»Aber ich habe zehn Stück geschickt!«
»Na wenn schon. Es muß einen fürchterlichen Eindruck auf die Glicks gemacht haben. Jetzt werden sie uns für Geizhälse halten.« Ich preßte die Lippen zusammen. Alles darf man mich nennen, nur keinen Geizhals. Am folgenden Morgen ging ich in die nächste Buchhandlung, erstand Winston Churchills vierbändige »Geschichte des Zweiten Weltkriegs« und ließ sie Ingenieur Glick schicken. Der Abend kam. Ein Anruf kam nicht. Zweimal wählte ich Glicks Nummer, zweimal legte ich im letzten Augenblick den Hörer wieder
auf. Vielleicht hatte Glick übersehen, daß es sich um ein Geschenk von mir handelte?
»Unmöglich«, versicherte mir der Buchhändler. »Ich habe auf einer Begleitkarte ganz deutlich Ihren Namen angegeben.« Zwei Tage verstrichen, zwei fürchterliche, zermürbende Tage. Am dritten Tag wurden mir die vier Bände Churchill zurückgestellt, in einem mangelhaft verschnürten Paket, dem folgender Brief beilag: »Mein lieber Freund, begreifen Sie doch, daß ich für die Hilfe, die ich Ihnen am 15. November um 9 Uhr geleistet habe, weder Dank noch Belohnung verlange. Was ich tat, tat ich aus gutem Willen und aus dem Bedürfnis, einem Mitmenschen, der in eine schwierige Situation geraten war, meine brüderliche Hand hinzustrecken. Das ist alles. Ich bin sicher. Sie an meiner Stelle hätten ebenso gehandelt. Mein schön ster Lohn liegt in dem Bewußtsein, daß ich unter schwierigsten Bedingungen, in einem Dschungel von Eigensucht und Grausamkeit, ein menschliches Wesen bleibe. Herzlichst Ihr Glick. P. S.: Den Churchill habe ich schon.«
Abermals wunderte sich meine Gattin nicht im geringsten, als ich ihr den Brief vorlas:
»Ganz klar. Es gibt eben Dinge, die sich mit schnödem Mammon nicht abgelten lassen. Manchmal ist eine kleine Aufmerksamkeit mehr wert als das teuerste Geschenk. Aber ich fürchte, das wirst du nie verstehen, du Büffel.«
Was werde ich nie verstehen, was? Noch am selben Tag bekam Ingenieur Glick ein Geschenkabonnement für die Vorzugsserie der Phi h armoniekonzerte.
Am Abend des ersten Konzerts lag ich an der Ecke der Hubermanstraße im Hinterhalt. Würde er kommen? Er kam. Beide kamen. Ingenieur Glick und Gattin wohnten dem von mir gestifteten
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