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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Treppe
weiter hinauf.
    Etwas Feuchtes wischte über Laras Hand.
    Sie sah nach unten und erblickte Mr Jones, der
freundlich hechelnd aus treuen und lieben Hundeaugen zu ihr aufblickte. Sie
kniete sich hinunter und kraulte ihm die Ohren.
    Â»Patrick ist nicht gerne hier«, betonte eine
Männerstimme hinter ihr.
    Lara wandte den Kopf und sah einen älteren Mann, der
in Jeans und Jackett gekleidet war.
    Sie stand auf und reichte ihm die Hand.
    Â»Hallo, ich bin Lara McLane«, stellte sie sich vor.
    Ihr Gegenüber schenkte ihr ein Lächeln. Seine Augen
glitzerten dabei und verrieten, dass er sich tatsächlich freute, sie zu sehen.
    Â»Donald Mayhew«, stellte er sich seinerseits vor. »Ich
bin der Hausdiener. Obwohl ich in den letzten Jahren eher zu etwas Ähnlichem
wie einem Hausverwalter geworden bin.«
    Â»Sie sind ein Hausdiener?«, erkundigte Lara sich. »Ich
dachte, Ravinia soll nur von besonders begabten Leuten betreten werden.«
    Â»Oh«, Donald Mayhew winkte ab. »Natürlich bin ich
begabt. Ein wenig zumindest. Ich bin Wahrsager – zumindest, wenn man mich grob
einer Kategorie zuweisen müsste. Wissen Sie, mit meiner Begabung ist es nicht
weit her. Ich bin nur eine kleine Leuchte und nicht begabt genug, um damit mein
eigenes Geld zu verdienen.«
    Â»Und deshalb sind Sie hier?«
    Â»Ich mochte Ravinia und wollte gerne bleiben. Wissen
Sie, nicht alle Leute sind derart begabt wie die Davenports – und so brillant
wie Patrick schon gar nicht. Für unsereins finden sich immer irgendwelche
Sparten.«
    Â»Verstehe«, sagte Lara. So richtig hatte sie noch gar
nicht darüber nachgedacht, dass es in Ravinia und im Umfeld der Stadt eine
Reihe von Leuten geben musste, die nur ein bedingtes Talent für die
außergewöhnlichen Dinge besaßen, die sie selbst Tag für Tag zu vollbringen
vermochte.
    Sie musterte Donald Mayhew genauer. Er schien sich in
sein Schicksal gefügt zu haben und machte in dieser Umgebung trotz seines
schütteren grauen Haars tatsächlich eine sehr viel bessere Figur als Patrick.
Dieses große dunkle Haus. Vielleicht hielt es Patrick deshalb so lange in
Epicordia aus, ohne einen ernsthaften Seelenschaden davonzutragen. War er wirklich
solch ein Freak? Oder war es einfach nur die durch alle Ritzen sickernde
Traurigkeit dieses Ortes, die ihn dazu befähigte?
    Hello there, the angel of my
nightmare , begann ein Stück von Blink 182 in ihrem
Kopf. Das Musikvideo dazu hatte Lara vor ein paar Jahren in einer MTV -Rückblende gesehen und es hatte seinerzeit genau in
einem solchen Haus gespielt. Gut, dort waren mehr Spinnweben gewesen und es war
bewusst auf gruselig getrimmt worden. Aber im Grunde sah es hier genauso aus.
Oder vielmehr wirkte es so.
    Â»Warum ist dieser Ort so traurig?«, platzte Lara
heraus. Einmal mehr hatte ihre Neugierde sie überwältigt.
    Â»Hm«, machte Donald Mayhew. »Ich könnte Ihnen eine
Geschichte davon erzählen. Aber ich weiß nicht, wie recht dies dem jungen
Patrick wäre.«
    Â»Nun machen Sie schon und spannen Sie mich nicht so
auf die Folter!«, forderte Lara.
    Der Hausdiener schüttelte bloß bedächtig den Kopf.
    Â»Gehen Sie doch hinauf und fragen Sie Patrick selbst.
Er bewohnt – oder bewohnte – das einzige Zimmer im Westflügel, direkt neben dem
Bad. Sie können es quasi nicht verfehlen.«
    Also gut, wenn es denn so sein sollte.
    Â»Danke sehr«, sagte Lara und hoffte, dass es nicht zu
floskelhaft daherkam.
    Der Hausdiener nickte freundlich und verließ das Foyer
in Richtung Küche. Als Lara gerade die Treppe nach oben in Angriff nehmen
wollte, wandte sich Donald Mayhew auf halbem Wege noch einmal um.
    Â»Werden Sie zum Abendessen bleiben, Ms McLane?«,
wollte er wissen.
    Â»Das mache ich davon abhängig, ob Patrick bleibt«,
teilte Lara ihm mit, obwohl sie schon vermutete, worauf das hinauslaufen würde.
    Â»Dann vermutlich eher nicht«, meinte Donald Mayhew und
versuchte, das ewig freundliche Dienerlächeln aufrechtzuerhalten. Es gelang ihm
nicht besonders gut.
    Mr Jones’ feuchte Nase stupste erneut kühl aber freundlich
gegen Laras Handgelenk. Sie sah hinunter auf den alten Retriever. Der machte
Anstalten, sie endlich die Treppe hinaufzudrängen.
    Â»Na gut«, tätschelte Lara der treuen Seele den Kopf.
Der Hund ging an ihr vorbei und Lara folgte ihm.
    Oben angekommen überlegte sie einen

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