Equinox
Zigarrenrauchs.
»Ah! There you are!«, begrüßte er Jochen und mich und ging auf uns los, dass ich mich fragte, was wir denn nun schon wieder verbrochen hatten.
»You’re private eyes, you’re detectives, aren’t you?«, bestürmte er uns, und wir nickten. »Bord-« musste man bei mir wegstreichen, doch das machte mich kein bisschen weniger zu einem Detektiv als vorher.
»Well, boys, I got a Job for you! Go …« An dieser Stelle wollte sich Mr Honnaido moderierend einmischen, doch Richard E. Scott war nicht in der Stimmung, sich moderieren zu lassen, und überbrüllte den Japaner einfach.
»Go«, bellte er Jochen und mich an, dass es uns die Frisuren nach hinten blies, und zeigte mit gestrecktem Finger auf die Kabinentür, »and find myfifteen million dollars!«
FÜNF
Mit aufgenommener Fahrt stabilisierte sich das Schiff rasch wieder und die grünen Gesichter wurden weniger. Anders als draußen an Deck, wo sich die Passagiere zu Hunderten drängelten und angesichts des Horrors der bevorstehenden mehrtägigen Funkstille noch eben rasch mit ihren Handys einen Elektro-Smog erzeugten, den man auf der Zunge schmecken konnte, war in der Piano-Bar ungewöhnlich wenig los. Der junge Mann am Klavier spielte Billy Joel, was weder sonderlich stört noch sonderlich auffällt. Ich quetschte mich in eine der Sofa-Ecken am Rand der Bar, winkte der ächzenden ältlichen Kellnerin, bestellte Kaffee, erkundigte mich nach dem Verbleib von Ankje, der Honigblonden, und erfuhr, unterlegt mit einem gewissen »Nicht noch so einer«-Granteln, dass sie heute Spätschicht habe.
Als der Kaffee vor mir stand, holte ich Notizblock und Stift hervor und dachte nach.
Es habe wohl ein bedauerliches Missverständnis gegeben, hatte sich Honnaido beeilt, uns allen zu versichern, in Deutsch und in Englisch.
Missverständnis, mein Arsch, gab der Texaner auf texanisch zurück.
Wie sich herausstellte, hatte Richard E. Scott vom Rechner in seiner Kabine aus ein wenig Homebanking betrieben, nachdem ihm die Duty-free-Kasse eine achtstellige Dollarsumme für eine Faust voll Zigarren berechnet hatte. Und siehe da: Es war nicht bei der irrtümlichen Berechnung geblieben. Noch war es zu dem versprochenen Storno gekommen. Wie auch immer das geschehen sein mochte, aber allem Anschein nach war Mr Scott das Geld unmittelbar vom Konto gesaugt worden. Wohin es geflossen war, ließ sich so ohne weiteres nicht feststellen, da die Texaner heute alle den Gründungstag ihres wundervollen Bundesstaates feierten, die Bankangestellten inklusive. Ginza-Titanium, vertreten durch Mr Honnaido, versprach eine augenblickliche Untersuchung des Vorgangs, doch das brachte die Knete erst mal nicht zurück.
Ich hatte mir das kurz angehört und anschließend Jochen und Heather Seite an Seite vor Richard E. Scotts Rechner zurückgelassen. Das war eher eine Aufgabe für meinen Kollegen, der seinen blassen Teint und sein breites Gesäß in Tausenden von Stunden vor seinem PC erworben hatte, aus der Überzeugung heraus, sich dabei die nötigen Fähigkeiten anzueignen für die, wie er sie nannte, »Detektivarbeit der Zukunft«.
Mir, der ich mich mehr in der Gegenwart verankert sehe, gab das ein bisschen Zeit zum Nachdenken an die Hand.
Scheiße noch mal, was hatte Fjodr mir hier, in genau diesem Raum, vor nicht mal vierundzwanzig Stunden zugeraunt? Nicht mal vierundzwanzig Stunden ohne eine nüchterne Minute, was mich anging, und dieser Umstand wiederum war der Leistung meines Gedächtnisses ungefähr so förderlich wie ein Schleppanker dem Vortrieb einer Segeljolle.
Treffen wollte er mich, der Fjodr, und mir irgendetwas auf seinem PC zeigen. Was, hatte er, so weit ich mich erinnern konnte, nicht gesagt, doch war ich, meinem Naturell entsprechend, wohl von künstlerisch hochwertigen fotografischen Aufnahmen ausgegangen. Und ich hatte in diesem Augenblick eh nur Augen und Ohren gehabt für…
We didn’t Start thefire, sang der Pianist und klang seltsam hohl dabei in der entvölkerten Bar.
O doch, dachte ich, mit einem Anflug von Hitze, we did. We started the fire in Fjodrs Papierkorb, und der war gut zur Hälfte voll gewesen mit - Computerausdrucken. Eijeijei.
Heiß, hier in der Bar, eng mein Kragen, trocken mein Hals und feucht, ach was, nass meine Stirn.
Die ächzende ältliche Kellnerin stellte ungefragt einen doppelten Cognac neben meinen Kaffee. Ich nickte, dankbar.
Gut, die Ausdrucke waren Asche. Blieb der Rechner als solcher. Doch ob der die
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