Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Equinox

Equinox

Titel: Equinox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
Schloss, bis er gegen meinen stieß, den ich immer noch festhielt. Der Schlüssel ruckelte vor, zurück, vor. Solange meiner steckte, kam er nicht weit genug rein ins Schloss. Wieder bewegte sich die Klinke.
    Aber es fiel kein Wort.
    Begreifen setzte ein, jenseits der Tür. Leise wurde der Schlüssel aus dem Schloss gezogen, leise entfernten sich Schritte, bis die relative Ruhe wieder einkehrte, wie sie Schiffskabinen erfüllt oder Behausungen in Sichtweite der Autobahn.
    Wer immer hier hereingewollt hatte, besaß keine direkte Legitimation, sonst hätte er Krawall geschlagen, wäre draußen stehen geblieben, bis Verstärkung auftauchte. Hätte mich hier drin sauber in der Falle gehabt.
    Doch auch ohne Legitimation konnte er durchaus jeden Augenblick zurückkommen, mit Verstärkung, nur halt ohne Krawall. Leise. Leise die Tür knacken und mich dann leise fertig machen.
    Ich war noch nicht durch mit meiner Durchsuchung hier. Und er, der andere, anscheinend auch nicht. Das hieß, was immer wir suchten, es befand sich mit hoher Wahrscheinlichkeit noch in der Kabine …
    »15B bitte unverzüglich zum A-Deck!«
    Das tat es. Das brachte die Entscheidung. Meine Nerven gaben nach, ich sperrte die Tür auf, schlüpfte hinaus, schloss rasch wieder ab. Versuchen wir’s später noch mal, entschied ich, und zuckte zusammen, als sich energische Schritte näherten. Sofort ging ich ihnen entgegen, um nicht wie ein Flüchtender zu wirken und um unverfängliche Distanz zwischen mich und Wassilijs Kabine zu bringen. Verstaute den Generalschlüssel rasch in der Innentasche meines Jacketts und gab meinen Zügen diesen Ausdruck phantastischer Unschuld, der Hauptkommissar Menden immer so hübsch den Qualm aus den Ohren kräuseln lässt.
    Es waren feste Schritte, die sich da näherten, entschlossene Schritte. Mit sich brachten sie eine weiße Gestalt. Knapper weißer Kittel, kurzes weißes Haar, kalkig weiße Haut. Nur an den raupendicken, schwarzen angeklebten Wimpern und den ebenfalls schwarzen, bis übers Knie reichenden Stiefeln ließ sich erkennen, dass Gazella momentan nicht im Dienst war. Nicht in ihrem offiziellen Dienst, sollte ich vielleicht sagen. Sonst wären auch die Wimpern von natürlichem Weiß gewesen, und am unteren Ende ihrer bloßen weißen Beine hätten ihre nackten Füße mit einem Paar hoch belastbarer Badelatschen geflappt. Allein der stramm sitzende Kittel mit den stets etwas feuchten Achseln blieb bei beiden Tätigkeiten derselbe.
    »Es gibt nichts Schärferes«, hatte Ratso mit versichert. »Weißer Kittel und dann diese Schenkel«, hatte er geschwärmt. »Wenn die dich in die Beinschere nimmt, vergisst du alles.«
    Die Bademeisterin der Equinox nickte mir flüchtig zu, und ich musste mich an die Wand quetschen, um sie vorbeizulassen.
    Habe ich erwähnt, dass Gazella mal an Olympia teilgenommen hat? Unklar blieb, in welcher Disziplin, doch Scuzzi hatte nur einen Blick auf ihre imposante Gestalt geworfen und spontan auf »Gewichtheben« getippt.
    Ratso!, fiel mir ein.
    »Gazella, wart mal ‘ne Sekunde.«
    Sie stoppte, drehte sich halb um, und der Blick unter den zwei rußschwarzen Drahtbürsten von Wimpern raunte mir »Na, Kleiner?« zu, ohne dass sie den Mund dafür hätte aufmachen müssen. Eine mehrschwänzige Peitsche, fiel mir auf, zuckte ungeduldig in ihrer Rechten.
    Jeija.
    »Hast du ‘ne Ahnung, wo Ratso sich im Moment herumtreibt?«
    Sie sah an sich herunter, einmal um sich herum.
    »Wenn er mir nicht gerade um die Füße wuselt«, knurrte sie mit einer Stimme, wie sie normalerweise nur in Verbindung mit einem blauschwarzen Bartschatten ausgeliefert wird, »dann ist er wahrscheinlich in der Messe.«
    »In der Messe?«
    »Ja, er nimmt Wetten an.«
    »Wetten?«
    Sie legte den Kopf etwas schräg und schien zu reflektieren, ob,ich für dieses dämliche repetitive Nachfragen nicht eins mit der Mehrschwänzigen verdient hätte.
    »Ah, worauf denn?«, schickte ich hastig hinterher.
    »Wer als Nächster dran ist«, antwortete sie, fuhr sich mit dem Daumennagel kurz über die Gurgel und setzte dann ihren Weg fort.
     
    What - if- - had never letyou go-o-o …
    Bildete ich mir das ein oder wurde es immer schlimmer?
    … would - you - be - the man I used to kno-o-ow …
    Die Notwendigkeit, einen klaren Kopf zu behalten, lag sich schwer mit dem Bedürfnis nach Betäubung in den Haaren, und zu allem Überfluss waren mir noch die Zigaretten ausgegangen.
    … if Fd stayed, if you ‘d tried, if we could only turn back

Weitere Kostenlose Bücher