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Equinox

Equinox

Titel: Equinox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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kriegte sie zu fassen, meine Stange Camel »ohne«, oh ja.
     
    »Whaddoya mean, cancelled!« Richard E. Scott hatte sich einen Packen kubanische Zigarren unter den Nagel gerissen und war jetzt nach geschlagener Schlacht - sie hatte ihn einen Hemdsärmel gekostet - einigermaßen ungehalten zu erfahren, dass die Kasse seine Ginza-Karte ablehnte und ihm somit die hart umkämpften fünfzig Prozent durch die Lappen zu gehen drohten. Er wurde, genau wie andere, die ähnliche Probleme hatten, an Honnaido verwiesen, der reihum beschwichtigte und offenbar vorbereitete Formulare ausfüllte, die es den Kunden gestatteten, auch ohne erfolgte Bezahlung ihre Kartonladungen Zahnseide, Pfeifenreiniger oder Enthaarungscreme wegzuschleppen.
    Zum Warten verdammt - manche der Diskussionen mit dem japanischen Computeringenieur waren hitzig und entsprechend lang - sah der Texaner sich um, sah mich, was uns beiden den Auftrag ins Gedächtnis rief, den er Jochen und mir erteilt hatte. Sofort winkte er mich energisch zu sich, was er sich auch hätte sparen können, da die Kassenschlange, und ich mit ihr, Kunde um Kunde direkt vor seiner Nase vorbeizockelte. Ich nickte ihm zu und legte mir schon mal ein paar hinhaltende Worte zurecht, als ich plötzlich Antonov durch die Eingangstür kommen und den Raum mit Blicken absuchen sah. Automatisch duckte ich mich etwas, doch gerade da wurde dem Kunden vor mir die Aufregung zu viel, er entschloss sich, einem Schwächeanfall zu erliegen, und kippte mitsamt Einkaufswagen seitlich in einen Stand voller Plüschrobben. Antonov fixierte mich mit einem Gesicht, blau vor Wut, und dann war ich dran mit zahlen und der Texaner packte meinen Ärmel und schrie mir ins Ohr, noch nie hätte man ihm eine Kreditkarte gesperrt und ob ich seine fünfzehn Millionen Dollar gefunden hätte, und ich verwies ihn an Jochen, wo immer der sein mochte, und die Kasse gab ein fieses Piepen von sich und Elena sah auf zu mir.
    Sie hatte Tränen in den Großen, den Schwarzen.
    Irgendwie schaffte ich es, den Texaner ungefähr auf Armeslänge von mir wegzudrücken, Antonov kam mit seiner Körperfülle nicht durch das Gedränge und passte mich, gestikulierend, an der Tür ab, und Elena gab mir Jochens Kreditkarte zurück.
    »Die ist gesperrt«, schniefte sie. Würde ich die Zigaretten eben überhaupt nicht bezahlen, das war doch kein Grund zum Heulen.
    »Das geht schon den ganzen Tag so«, sagte Elena und rieb sich etwas Wimperntusche über die Schläfe. »>Konto überzogen<, sagt diese Scheiß-Kasse, und dann fallen die Kunden über mich her.«
    Jochen und sein Konto überzogen? Das war lächerlich.
    »I ask you: Where is my money? What the fuck is going on here?«
    Jochen überzog nie etwas. Jochen fuhr seinen Wagen (ja, ein Mercedes, ja, E-Klasse, ja, Diesel, ja, furchtbar) immer einen Monat zu früh zum TUV. Hier lief eindeutig etwas schief.
    »Ein Arzt«, jodelte jemand, »ist hier irgendwo ein Arzt?«
    »Es ist diese Kiste hier«, schimpfte Elena, während von hinten einer »Wird’s denn da vorne bald mal?« maulte.
    »Kristof«, Elena zog mich am Ärmel zu sich herunter, »hier stimmt etwas nicht. Hier ist etwas faul.«
    »… and it’s the fucking weekend! I can’t reach anybody in the office! And they teil me, in a couple of hours time I won’t be able to make any calls at all …«
    »Ein Arzt! So hole doch jemand einen Arzt!«
    »Kristof«, und Elenas Augen waren groß und rund und tief und voll unerklärlichen Vertrauens, »ich habe Angst.«
    Und dann hatte Antonov sich doch durchgewurschtelt und mich am Kragen, und von hinten rammte mir einer seine Einkaufskarre in die Hacken, und Richard E. Scott schrie mir noch ins Ohr, was für einen Stunk er hier gleich veranstalten wolle und dass ich mich später bei ihm melden sollte, und »15B bitte ohne Verzögerung zur Rezeption des A-Decks!«, knarzte es ungehalten aus den Boxen da hatte Antonov mich durch die Schwingtür und ich mein Knie in seinen Eiern.
    Er gab ein Geräusch von sich wie ein Fahrrad. Dem man die Luft ablässt.
    »Sieh es ein«, sprach ich zu ihm, als er sich so krümmte und auf höchst unvorteilhafte Weise die Augen rollte, »ich gehöre nicht länger zu dir. Das Schicksal hat uns getrennt, und wir sollten beide aufhören, dagegen anzukämpfen. Hab ich nicht Recht?«
    Langsam kam er wieder zu Atem, langsam richtete er sich auf und ich machte einen Schritt zurück, raus aus seiner Reichweite, langsam begann er zu nicken, langsam stahl sich ein wissendes

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