Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
aufgeht.
Ohne es zu wollen, schaue ich auf die Uhr. Ob wohl eine neue Mail gekommen ist?
»Ich fass es noch gar nicht, dass du dich die ganze Zeit gefragt hast, wieso ich bei dir geblieben bin«, sage ich. »Wusstest du das wirklich nicht?«
Papa sieht fast ein bisschen verlegen aus. »Na ja, Lena hat damals so was gesagt von wegen, dass du als Ältere schon viel mehr mitbekommen würdest und Mitleid mit mir hättest, dass du nicht wolltest, dass ich allein und einsam zurückbleibe, deswegen halt. Ich fand immer, dass wir beide eine ganz besondere Beziehung haben, aber irgendwo sind Lenas Worte wohl doch hängen geblieben.«
»Dann stopf sie jetzt endgültig in die Tonne«, sage ich. »Ich wollte bei dir leben, weil ich mich hier am wohlsten gefühlt habe. So einfach ist das.«
In meiner Tasse ist noch ein kleiner Rest Kaffee, ein kalter und bitterer Schluck. Ich kippe ihn rasch runter und stehe auf.
»Ich muss nach Hause«, sage ich. »Morgen ist wieder ein Arbeitstag. Danke für das leckere Essen!«
»Ich danke dir, dass du gekommen bist und … ja, für alles.«
Die Sonne ist noch tiefer gesunken und lugt zwischen Wolkenrand und Horizont hervor, als ich losfahre. Papa steht am Küchenfenster und schaut hinter mir her. Er winkt und ich winke zurück. Manchmal mag ich ihn so sehr, dass es mir den Brustkorb zusammenschnürt.
Eigentlich merkwürdig, denke ich, dass Mögen weh tut.
Keine neue Mail von Adrian im Briefkasten. Das ist auch besser so. Er hat so schon viel mehr geschrieben, als er sollte. Später am Abend kommt stattdessen eine SMS von Ellinor. Mir bricht der kalte Schweiß aus, als ich den Absender lese. O Gott, wenn sie Adrians Mails gelesen hat! Oder wenn er ihr was erzählt hat! Oder wenn sie es gemerkt hat, wie auch immer! Oder … nein, stopp!
Ich atme tief durch und versuche, meine davongaloppierenden Gedanken wieder einzufangen. Es gibt verflixt noch mal nichts Großartiges aufzudecken. Das nennt man aus einer Mücke einen Elefanten machen!
Mein Finger zittert trotzdem, als ich die Mitteilung öffne.
Mädelabend bei mir, Samstag sieben Uhr.
Oder passt dir morgen besser?
Ich atme wieder aus. Natürlich weiß sie nichts. Woher auch? Das ist einzig und allein mein Gewissen, das mich so aufschreckt und im Übrigen gibt es wie gesagt eigentlich keinen Grund für ein schlechtes Gewissen. Kaum, jedenfalls. Finde ich.
Freitagabends fühlen sich meine Füße nach dem Dauerlauf auf dem Fliesenboden im Miranda immer wie in Zement gegossen an. Dann möchte ich mich am liebsten nur noch aufs Sofa fläzen und Glotze glotzen. Oder, wenn ich nicht allein sein mag, mich aufs Sofa fläzen und mit Markus Tee trinken. Oder, wenn der Freitag schlimmer als gewöhnlich war, mich einfach nur aufs Sofa fläzen ohne jede weitere Aktivität. Ich schreibe Ellinor, dass Samstag passt. Als Nächstes schießt mir durch den Kopf, ob Adrian auch dabei sein wird. Eher unwahrscheinlich. Ellinor hat schließlich »Mädelabend« geschrieben und da sind keine Freunde eingeschlossen, nicht mal die der Gastgeberin. Reiß dich zusammen, Emma!
Ich versuche ernsthaft, Adrian aus meinem Gehirn zu verdrängen, indem ich daran denke, wie es wohl Markus und Sofi ergangen ist. Oder ergeht. Vielleicht sind sie ja immer noch zusammen? Ich schicke ein Fragezeichen an Markus. Gleich darauf ruft er zurück. Er klingt fröhlich, fast ein bisschen aufgedreht.
»Ja, war tatsächlich ganz nett … Sie ist süß. Niedlich.«
»Niedlich?«
»Ja … niedlich. Ist das nicht gut?«
Ich lache. »So würde ich nicht unbedingt von einem Jungen beschrieben werden wollen! Hübsch, sexy, smart, klug, schön … aber niedlich … nein, danke!«
»Und dabei hast du sie als ›nett‹ bezeichnet!«, platzt Markus heraus.
»Okay.« Ich kichere. »Sofi ist niedlich und nett. Was habt ihr gemacht?«
Markus erzählt, dass sie am Bahnhof was gegessen haben und dann zu Sofi gegangen sind.
»Oho«, sage ich. »Petting im Mädchenzimmer?«
»Na ja, nein, nicht direkt. Nur ein bisschen. Ich bin dann bald nach Hause gegangen. Muss erst mal nachdenken. Das geht mir etwas zu schnell.«
»Du denkst zu viel.«
»Vielleicht. Aber ich lerne die Mädchen ganz gerne vorher kennen, mit denen ich horizontal werde. Mag sein, dass das anormal und in jeder Hinsicht abweichend ist, aber so bin ich nun mal. Und wie geht’s dir?«
»Danke der Nachfrage … gut so weit. Ich habe gerade eine Einladung zum Mädelabend am Samstag bei Ellinor
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