Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
ihres dicken Bauches aufgefallen. Sie sieht müde und gestresst aus.
»Tee und eine Hefeschnecke«, sagt sie. »Wieso habt ihr keinen Wickeltisch?«
»Keine Ahnung«, sage ich. »Aber du kannst gerne in unseren Personalraum gehen und den Kleinen wickeln, wenn du willst.«
»O ja, super. Aber das ist kein Kleiner , das ist ein Mädchen. Tindra.«
Ihre Augen bekommen einen warmen Glanz, als sie den Namen ausspricht.
»Sie ist supersüß«, sage ich und zeige auf die Tür schräg hinter mir. »Geh einfach rein.«
Während ich mich an die Kasse drücke, um das Mädchen mit ihrem Baby und der prallvollen Tasche vorbeizulassen, denke ich an Ellinor, die irgendwann auch Kinder haben möchte. Mit Adrian. Einen Augenblick verebbt das Gemurmel um mich herum, aber eine verärgerte Stimme holt mich brüsk zurück in die Wirklichkeit.
»Hallo? Ein Krabbenbaguette, habe ich gesagt! Hier warten noch andere.«
Die Frau mit den kurzen Haaren auf der anderen Seite des Tresens sieht mich vorwurfsvoll an.
»Das sehe ich auch«, murmele ich. »Kaffee?«
»Orangensaft. Frisch gepresst.«
Ich nehme eine kleine Flasche Tropicana aus dem Kühlschrank, worauf die Frau mich ansieht, als wollte ich sie vergiften.
» Frisch gepresst! «, betont sie. »Das bedeutet, dass man richtige Apfelsinen auspresst.«
»Wir haben keine Presse.«
»Dann behalten Sie Ihren Saft. Geben Sie mir ein Loka mit Zitronengeschmack.«
Eine Gruppe alberner Teenager bestellt Cola und Cookies. Einer von ihnen überlegt es sich anders und möchte lieber ein Mandel-Marzipan-Teilchen, was eine hysterische Kicherattacke bei den anderen auslöst. Es kommt mir plötzlich wie Ewigkeiten vor, dass ich selber so jung war. Aber natürlich kann man in dem Alter auch anders sein. Was hab ich eigentlich vor sechs Jahren gemacht? War das die Zeit, als Markus und ich den Fußgängertunnel zwischen dem Videbergspark und der Järnvägsgatan mit Graffiti verschönert haben? Ich hatte eine graue Kapuzenjacke, Jeans und Sneakers an und war schrecklich schissig und aufgeregt. Markus war richtig gut. Ich hatte den Auftrag, ein paar Flächen auszumalen und die Highlights der Buchstaben zu übernehmen. Das Ergebnis war eine eigentümliche Mischung aus Manga und Flowerpower an den Wänden. Pokémon-Peace. Hätte Mama mich dabei erwischt, hätte sie mich wahrscheinlich auf Brot und Wasser gesetzt und in einen mehrjährigen Rehabilitationskurs gesteckt, um mich wieder an das Leben in der Gemeinschaft zu gewöhnen. Das ist übrigens meine einzige Erfahrung als Graffitikünstlerin. Wenig später war zu Markus’ großem Verdruss alles mit grauer Zementfarbe übermalt.
Es sind aber nicht nur ungeduldige und zeternde Gäste im Miranda. Es wird viel gelacht, die meisten lassen sich ihre Sandwiches schmecken und beklagen sich nicht über den Betrieb. Tilde und Fredrik kommen vorbei und Arman mit einem blonden Mädchen im Schlepptau, die ich nicht kenne. Er sieht mich fast entschuldigend an, als er ein paar Zwanziger aus dem Portemonnaie zieht, um zwei Kaffee und ein Käsebrötchen zu bezahlen.
»Wir sind nicht zusammen oder so«, versichert er leise, während das Mädchen zwei freie Plätze für sie sucht.
Ich lache.
»Schade, sie sieht gut aus.«
»Na ja, geht so. Eigentlich mag ich nicht so magere Frauen. Und ihr Alter ist echt ein fieser Typ, du kennst ihn bestimmt, er arbeitet im Kino-Palast.«
»Was hat denn ihr Vater mit euch zu tun? Wollt ihr etwa heiraten?«
»Du nimmst auch nichts ernst.«
»Dazu hab ich freitags keine Zeit«, sage ich. »Viel Spaß.«
Es passiert selten, dass Gäste über fünfundsechzig ins Café kommen. Die sitzen meist in dem Café gegenüber vom Bahnhof oder im Parkcafé. Aber heute beehrt uns ein Paar in den Achtzigern. Sie kommen just in dem Augenblick, als der Typ mit dem warmen Sandwich aufsteht, und bekommen sogar einen eigenen Tisch. Die Frau trägt einen leichten, dunkelblauen Mantel über einer gepunkteten Bluse. Der Mann trägt eine Schirmmütze, die er absetzt und auf den Stuhl legt, ehe er sich in der Schlange anstellt. Zwei Erdbeertörtchen und Kaffee. Und vier Zuckertütchen, zwei für die Tasche und zwei fürs Tablett.
Sofi beklebt die Rückseite der Theke mit kleinen Post-it-Zetteln. »Roter Schal 2. Tasse« steht dort oder »3 Latte Hasel, 1 x wenig«. Ich beeile mich, die Bestellungen so schnell wie möglich auszuführen, während Sofi serviert.
Das Mädchen mit dem Baby lässt sich so lange nicht blicken, dass ich sie völlig
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